Gewerbsmäßiger Vertrieb gefälschter Software
Zwei bayerische Fachhändler wurden wegen gewerbsmäßigem Vertrieb von gefälschter Software und Urheberechtsverletzung zu anderthalb Jahre Haft verurteilt. Außerdem müssen beide Reseller - einer aus Nürnberg, der andere aus München - eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 Euro leisten. Die Verhandlung beim Amtsgericht Nürnberg dauerte drei Tage, die Haftstrafen wurden zur Bewährung ausgesetzt.
Der Nürnberger Reseller hatte bereits 2006 in Russland 8.500 CDs mit dem Betriebssystem "Microsoft Windows XP Professional" pressen und dort auch die dazugehörigen Handbücher anfertigen lassen. Anschließend verkaufte er dies an einen Münchner Händler. Dieser fügte den gefälschten Datenträgern gebrauchte Microsoft-Echtheitszertifikate bei und bot sie am Markt zum Fünffachen des Einkaufspreises an. In einem Zivilverfahren vor dem Landgericht München wurde der Münchner Reseller eben wegen dieser Verkäufe zur Zahlung von über 750.000 Euro Schadenersatz verurteilt. Weitere Händler hatten Schadenersatzzahlungen in Höhe von insgesamt 840.000 Euro zu leisten.
Da die gefälschte Software auch noch weiterverkauft wurde, rechnet Microsoft mit weiteren Verurteilungen . Bereits seit dem 1. August 2006 hatte Microsoft von verschiedenen Händlern Hinweise darauf erhalten, dass mehrere tausend gefälschte Datenträger im Umlauf seien. Erste Muster der Fälschungen gingen beim Produktidentifikationsservice von Microsoft noch am selben Tag ein. "Der Aufdruck auf den CDs war schlecht zentriert, und es fehlten verschiedene Sicherheitsmerkmale - zum Beispiel beide IFPI Codes", erklärt Johannes Kliemt, Leiter des Microsoft-PID-Teams (Produktidentifikationsservice). "Innerhalb kurzer Zeit konnten über ein Dutzend Händler ermittelt werden, die zumindest Teile der Fälschungen an- und wieder verkauft hatten." Die Staatsanwaltschaft wurde eingeschaltet und die Privat- und Geschäftsräume der Hauptverdächtigen durchsucht.
COAs sind keine Lizenzen
Der Münchner Händler verstand sich selbst als Händler für "gebrauchte Software" und legte den gefälschten Datenträgern "gebrauchte" Echtheitszertifikate (Certificates of Authenticity, COAs) bei, die er zuvor zu Tausenden von gebrauchten Computern mit "Fön und Messer" abgelöst hatte. Innerhalb kurzer Zeit wurden die Fälschungen mehrfach weiterverkauft, bis ein Abnehmer sich die Produkte genauer ansah und Zweifel an der Echtheit äußerte. "COAs sind keine Lizenzen, sondern Echtheitszertifikate. Bei Originalware befinden sie sich entweder auf der Umverpackung oder (bei vorinstallierter Software) auf dem Gehäuse des Computers, auf dem die Software vorinstalliert ist", erklärt Dr. Swantje Richters, Rechtsanwältin bei Microsoft Deutschland.
Seriöse Gebraucht-Software-Händler wie usedSoft oder USC legen Wert auf die Feststellung, dass sie nur die nicht mehr benötigten aber bereits bezahlten Software-Lizenzen, etwa von aufgelösten Firmen, weiter verkaufen. Microsoft wiederum ist der Ansicht, dass derartige Weiterverkäufe nur in Ausnahmenfällen möglich sind und die Zustimmung des Softwareherstellers unbedingt voraussetzen. Deswegen befindet sich der Redmonder Konzern auch im Rechtsstreit mit usedSoft.
Echtheit de COA sicherstellen
Wird hingegen Software auf Datenträgern verkauft, muss der Händler sicherstellen, dass die Certificates of Authenticity echt sind. "COAs dienen als Herkunftshinweis und beziehen sich immer auf die Ware, auf der sie von Microsoft oder den von Microsoft autorisierten Unternehmen angebracht wurden. Wer COAs ablöst und zusammen mit anderen Microsoft-Produkten verkauft, täuscht seine Kunden darüber, wer die Echtheit garantiert. Das ist unzulässig, unabhängig davon, ob die Software, mit der die COA verbunden wird, echt ist oder nicht. COAs dürfen auch nicht einzeln verkauft werden", argumentier Richters.
"Die verklagten Händler haben zunächst beteuert, sich keiner Schuld bewusst gewesen zu sein", so die Microsoft-Rechtsanwältin bei. "Sie hielten die Vervielfältigungen angeblich für rechtens. Das ist überhaupt nicht nachvollziehbar und hat ihnen weder im Zivil- noch im Strafverfahren geholfen." Professionelle Händler sind laut Rechtsprechung verpflichtet, sich Gewissheit darüber zu verschaffen, dass sie mit Originalware handeln. Haftbar ist dabei nicht nur das Unternehmen, sondern auch der Geschäftsführer persönlich. Dies haben bereits mehrere Gerichte entschieden: Landgericht Düsseldorf, Aktenzeichen 12 O 15/05, Oberlandesgericht Karlsruhe 6 U 180/06, Oberlandesgericht Düsseldorf, Aktenzeichen I-20 U 164/06; Landgericht München, Aktenzeichen 21 O 11265/07. (rw)