Sich mal eben von unterwegs auf den eigenen PC oder Mac aufschalten, eine Einstellung auf einem Server anpassen oder einem aufgeregten Kunden oder Freund bei einem Computerproblem über die Schulter schauen - dafür braucht der IT-Profi nicht einmal mehr das Laptop aufklappen. Tablet-PCs und Smartphones bieten ausreichend Rechenleistung, um in einem solchen Szenario zu bestehen.
Problematisch ist in erster Linie die deutlich kleinere Auflösung der Mini-Displays im Vergleich zu den großen Monitoren. Während ein 10-Zoll-Tablet noch recht gut in der Bedienung ausfällt, ist ein älteres Android-Mobiltelefon mit weniger als vier Zoll Bildschirmdiagonale für die Steuerung eines Mauszeigers gelinde gesagt eine Katastrophe. Auch in den kommenden Jahren werden weiterhin die auf Touch ausgelegten mobilen Betriebssysteme auf Maus-Zeiger-optimierte OS treffen. Bis Oberflächen wie Windows 8 sich allgemein ausgebreitet haben, dürften noch einige Monate und Jahre vergehen.
Im technologischen Vergleich der mobilen Betriebssysteme mit Blick auf die Fernwartung macht Windows 8.x die beste Figur. Es folgen die weit verbreiteten Mobilbetriebssysteme Android und Apple iOS. Aber auch das Windows Phone 8 hat sich, insbesondere im Vergleich zur Vorgängerversion, zu einem in der Praxis tauglichen Mobilgerät gemausert.
NTR Free Cloud
NTR bietet schon seit vielen Jahren professionelle Fernwartungs- und Support-Lösungen als Cloud/SaaS-Variante für verschiedene Szenarien an. Neben der Fernwartung hat der Hersteller zudem Lösungen für IT-Automatisierung und Secure Chat im Portfolio. Privatpersonen können die auf zwei Host-Rechner beschränkte Testversion der Software nutzen, um die Software im Einsatz nutzen zu können.
NTR erfordert die Installation einer Client-Software auf dem jeweiligen Host-System. Hierbei kann es sich um alle gängigen Windows-Versionen, aber auch um OS X (ab 10.4) oder Ubuntu Linux-PCs, ab Version 8 (nur 32-Bit) handeln. Die Installation auf einer Serverversion mit Windows, auch bei Verwendung von Free Cloud, stellte im Test kein Problem dar. Im Zuge der Installation, die im Test nur ein paar Augenblicke dauerte, gibt der Anwender neben einer Kombination aus Benutzernamen und Passwort bei Bedarf noch ein zusätzliches Kennwort für den Zugriff auf das Zielsystem ein. Da das Betriebssystem möglicherweise ebenfalls eine Anmeldung erfordert, sind in der Summe drei Passwörter und zwei Benutzernamen erforderlich, um eine Verbindung aufzubauen - das dürfte sicher genug sein.
Fernwartungszugriffe kann ein IT-Profi von jedem Ort der Welt über einen aktuellen Browser tätigen. Seit einiger Zeit unterstützt NTR auch iOS-Geräte ab der Version 4.3. Somit sind auch ältere Geräte, beispielsweise das iPad 1, in der Lage die Verbindung mit PCs, Server und Macs aufzubauen. Die notwendige App findet der Interessent kostenlos im AppStore.
Die Fernwartung mit der Software ist intuitiv und arbeitet recht flott. Die Farbtiefe und die Darstellungsqualität kann der Anwender bei Bedarf herabsenken, was sich bei langsameren Verbindungen anbietet. Selbst in der kostenlosen Variante bietet die Software die Übertragung von Dateien und Ordnern.
Die kostenpflichtigen Editionen bieten interessante Mehrwerte. Anstelle sich durch die Dialogfelder des Betriebssystems auf der übernommenen Maschine durch zu klicken, lässt sich mit einem Mausklick eine Ferndiagnose durchführen. Eine ActiveX-Komponente wertet unter Windows die wichtigsten Systemdetails, wie Speicherausbau, Festplatten oder CPU-Typ aus.
Neben der Cloud/SaaS-Variante bietet der Hersteller eine lokale Installation der Software im Rechenzentrum des Kunden. Aber auch ohne einen eigenen Server protokolliert das datenbankbasierte System jeden Zugriff. Somit hat der Kunde die Möglichkeit jederzeit zu sehen, wann sich der Support-Mitarbeiter aufgeschaltet hat oder nicht.
Vorteile von NTR-FreeCloud:
Kostenlose Version für zwei Rechner
Fernwartungszugriff auch auf Server
Intuitive Bedienung
Nachteile von NTR-FreeCloud:
Generelles Risiko durch Fernzugriffe
Software erzeugt messbare Last auf dem Host-Rechner
Fazit: Ausgereifte Lösung
NTR liefert eines ausgereifte und funktionelle Lösung für den Fernwartungszugriff. Das Gespann aus App, Browser-Zugriff und lokaler Installation ist einen eigenen Blick wert.
TeamViewer - der Standard aus Deutschland
TeamViewer ist der Name der Göppinger Firma und auch ihres bekanntesten Produkts. TeamViewer wird weltweit vertrieben, hat laut Herstellerangaben mehr als 200 Millionen Benutzer und wurde in mehr als 30 Sprachen übersetzt. Das wichtigste Feature der Fernwartungssoftware ist die Fähigkeit, hinter beinahe jeder Firewall oder jedem Router irgendwie zu funktionieren.
Die Host-Komponente auf dem Ziel-System kann der Benutzer entweder fest installieren oder für einen einmaligen Vorgang einfach nur starten. Eine zufällige ID und ein ebenfalls zufälliges Kennwort erstellt die Software automatisch. Mit diesen beiden Informationen kann der Support-Gebende von einem anderen Windows-, Linux-, OS X-, Windows Phone 8, Apple iOS- oder Android-System den Desktop übernehmen und Unterstützung bieten. Neben dem reinen Support-Zugriff, wird die Freigabe des Desktops für Meetings, Präsentationen, Schulungen, Vertrieb oder Teamarbeit zudem in der lizenzierten Fassung nutzbar gemacht.
Während der Privatanwender die Software kostenlos für den Zugriff auf den eigenen PC oder für Hilfestellungen bei Freunden nutzen kann, bietet der Hersteller die Software für den professionellen Firmeneinsatz in einer besonderen Lizenz an. Es gibt so genannte Lifetime-Lizenzen, die der Kunde einmalig erwirbt und ohne Folgekosten weiter nutzt. Optional ist eine optische Anpassung der Fernwartungssoftware an die eigenen Wünsche möglich, so dass der eigene Firmenname oder das eigene Logo erscheint. Erst ein Versionswechsel innerhalb von TeamViewer hat ein möglicherweise kostenpflichtiges Upgrade auf die neue Version zur Folge.
Da die Software eine direkte und spontane Verbindung zwischen zwei Internetrechner aufbaut, ist es nur verständlich, dass Fragen bezüglich der Sicherheit auftauchen. Viele Produktanbieter verwenden TeamViewer als Fernwartungssoftware in ihren eigenen Programmen, folglich muss es hierfür einen "sicheren" Grund geben. Mit einem Qualitätssiegel des IT-Sachverständigen und Gutachter e.V. (BISG e.V.) mit dem Maximalwert von fünf Punkten und der sicherheitstechnischen Prüfung durch die GAD eG für den Einsatz für Banken, zumindest für das altehrwürdige Windows XP, kann der Hersteller offenkundig viele Kunden beruhigen.
Die komplette Verbindung arbeitet mit einer Verschlüsselung auf Basis eines RSA Public-/Private-Key Exchange Verfahrens und einer 256 Bit AES-Session-Verschlüsselung - dies gilt nach aktuellen Stand der Technik als sicher. Optional kann der Anwender die Software zur Nutzung einer "Zwei-Faktor-Authentifizierung" umstellen. Hierbei wird auf ein Smartphone ein zusätzlicher Sicherheitscode geschickt, der bei der Anmeldung an das TeamViewer-Konto abgefragt wird. Durch diese Funktion erfüllt die Software beispielsweise die höheren Sicherheitsanforderungen der US-amerikanischen Gesundheitsbehörden (HIPAA).
Vorteile von TeamViewer:
Für Privatanwender kostenlos
Viele unterstützte Plattformen
Fernwartungszugriffe auf Mobilgeräte
Nachteile von TeamViewer:
Mobilgeräte erscheinen nicht in der Client-Liste
Fazit: Platzhirsch mit guten Mobile-Funktionen
TeamViewer ist in Deutschland wohl der Platzhirsch unter den Fernwartungslösungen. Zudem ermöglicht die Software auch den Support von mobilen Geräten. IT-Profis können von ihrem PC oder Mac aus auf Tablets oder Smartphones zugreifen und mit Hilfe der TeamViewer QuickSupport App für Android oder iOS-Geräte und diese fernsteuern. Während jedoch die Management-Konsole PCs und Macs bei Installation des Clients dauerhaft anzeigt, bleibt diese Funktion den Mobilgeräten vorenthalten.
Fernwartung per RDP
Möglicherweise ist die Anschaffung einer zusätzlichen Fernwartungssoftware für den heimischen PC oder Homeserver überhaupt nicht notwendig. Viele Router-Hersteller, im deutschsprachigen Raum insbesondere AVM, bieten hierfür die passenden Tools an - auch wenn sich der Berliner Hersteller vor kurzem um ein Sicherheitsproblem kümmern durfte, dies aber exzellent und zuverlässig löste.
Auch ohne Zusatzprogramme oder VPN-Lösungen besteht über die Weiterleitung eines Remote-Desktop-Ports für einen PC/Server eine kostenlose und recht komfortable Variante. Beinahe jeder aktueller Breitband-Router, auch die sehr verbreiteten Speedport Geräte der Telekom, besitzt die Fähigkeit Port-Adressen in Richtung Internet freizuschalten. Diese Freischaltung wird, unter Microsoft Windows, dazu verwendet, um das "Remote Desktop Protocol" (RDP auf Port 3389) per NAT (Network Address Translation) auf den Router zu lenken. Wird von einem Geräte, außerhalb des lokalen Netzwerks, eine Verbindung über einen Remote-Desktop-Client über das Internet aufgebaut, so leitet der Router die Pakete an die hinterlegte MAC-Adresse des Zielsystems weiter. Damit sich der heimische PC jedoch finden lässt ist entweder eine feste IP-Adresse oder eine Technik wie DynDNS erforderlich.
Für den mobilen Zugriff benötigt der Tablets- beziehungsweise Smartphone-Besitzer nur noch einen Remote Desktop Client. Kostenpflichtige RDP-Clients gibt es für Android, iOS und Windows Phone 8 wie den sprichwörtlichen Sand am Meer. Der neue Microsoft RDP-Client für iOS 6.x und höher, sowie Android 4.x, ist jedoch komplett kostenlos, unterstützt die Sitzungsverschlüsselung und die Erweiterung RemoteFX. Das Anlegen eigener Verbindungen ist in wenigen Sekunden erledigt. Wie bei allen Fernwartungsprogrammen ist auch hier eine gewisse Lernkurve erforderlich, bis der Benutzer auf den mitunter mikroskopisch kleinen Displays erfolgreich arbeiten kann.
Interessanterweise gibt es den RDP-Client von Microsoft noch nicht für das eigene Windows Phone 8. Hier empfiehlt sich der 2X Client, der ebenfalls einen RDP-Client mitbringt. Die Verbindungsdaten, inklusive Anmeldeinformationen, kann die Software speichern. Die Software bietet eine Display-Mouse-Emulation mit Rechtsklick, unterstützt SSL-verschlüsselte Verbindungen, bietet Ansicht des kompletten Bildschirms und Gestensteuerung für das Zooming. Die Bedienung der Software ist, obwohl nur auf Englisch verfügbar, recht einfach.
Vorteile von RDP-Clients:
Standard-Software, auch im WLAN nutzbar
Keine Zusatzsoftware erforderlich
Nachteile von RDP-Clients:
Wer RDP-Ports in Richtung Internet öffnet, muss wissen, was er tut
Keine Zusatzfunktionen, im Vergleich zu Remote-Support-Software
Fazit: Einfach, aber nicht trivial
RDP ist eine einfache Art und Weise einen gelegentlichen Zugriff zu bewerkstelligen. Der Anwender muss jedoch aufpassen, dass die Sitzung auch verschlüsselt wird. 2X für iOS/Android beispielsweise bietet diesen Schutz für RDP nicht.
LogMeIn - einst einmal Freemium
Es gab eine Zeit da wurde LogMeIn in einem Atemzug mit "PCAnywhere" genannt - dem Klassiker des Fernwartungszugriffs. Die in Boston ansässige Firma LogMeIn hat neben der kostenpflichtigen Variante für Firmenkunden über Jahre eine kostenlose "Free"-Edition für Heimanwender angeboten. Die freie Version ist zwar Anfang 2014 vom Markt verschwunden, doch eine 14-tägige Testversion bietet der Hersteller nach wie vor.
Der Ansatz bei LogMeIn ist klassisch: Auf dem Host-Rechner muss der Anwender zunächst die Client-Software installieren und mit den entsprechenden Zugriffsschutzdaten versehen. Neben dem Windows-PC eignet sich das Programm auch für die Installation auf Mac OS X. Die Zugriffssoftware, um mit dem Tablet oder Smartphone zugreifen zu können, findet sich kostenlos im jeweiligen Store für iOS und Android.
Die Installation der App ist eine Sache von ein paar Augenblicken. Glücklicherweise kann das Programm die Benutzernamen und Passwörter speichern, da die Eingabe über die Display-Tastatur ein Graus ist.
Vorteile von LogMeIn:
Stabile, ausgereifte Software
Integrierter Datei-Browser
Nachteile von LogMeIn:
Kein Freemium-Modell mehr
Bei geringer Bandbreite, beispielsweise EDGE, eher träge
Fazit: Gut für Dateiaktionen
Was uns in unserem Test gut gefiel, ist der integrierte Datei-Browser. Mit diesem kann der IT-Profi auch Dateiaktionen ausführen, ohne den echten Desktop zu betrachten. (rb)