Schnelles Wi-Fi im ganzen Haus

Ratgeber Mesh-Netzwerkgeräte und Repeater

24.07.2017 von Stephan Wiesend
Bessere Leistung als jeder Repeater versprechen neue Netzwerkgeräte wie Orbi und Hive mit so genannter Mesh-Technologie. Ein Überblick über die innovative Technologie.
WLAN-Empfang im ganzen Haus sollen neue WiFi-Geräte wie der Huddle garantieren.
Foto: Sitecom

Nur in einem Einzimmerappartement sind WLAN-Probleme so gut wie unbekannt. Schon in einer Zweizimmerwohnung stellt man bald fest, wie schnell Wände ein VDSL-Internet auf das Geschwindigkeitsniveau von 2007 drücken können. Kaum jemand will aber überall Netzwerkkabel verlegen und dabei vielleicht ein Heizungsrohr anbohren – nur um der Tochter störungsfreies Youtube-Streaming zu ermöglichen.

Das Problem mit der WiFi-Abdeckung

Vor allem in Einfamilienhäusern ist das Problem verbreitet: Der Router ist per Kabel mit dem Telefonanschluss verbunden und steht im Erdgeschoss. In entfernten Räumen und im Garten ist der WLAN-Empfang aber sehr schlecht. Die übliche Lösung: Ein Repeater wird in den Wi-Fi-freien Räumen in die Steckdose gesteckt und sorgt für besseren Empfang.

Allerdings muss bei Nutzung eines Repeaters jedes Datenpaket zuerst zum Repeater und dann vom Verstärker zum iPhone oder Macbook übertragen werden. Das Netz ist dadurch doppelt belastet und die den Nutzern zur Verfügung stehende Bandbreite wird mit jedem Repeater geringer. Es gibt mittlerweile bessere Lösungen, die wir hier näher erläutern.

Mesh-Technologie - aller guten Dinge sind drei

Bei dem Begriff „Mesh“-Netzwerk handelt es sich um einen schon länger gebräuchlichen Fachbegriff aus der Netzwerktechnik. Ein auch als vermaschtes Netz bezeichnetes Mesh-Netz besteht aus mehreren miteinander verbundenen Geräten, von denen aber jedes wie ein eigenständiger Router arbeitet. Es gibt also keinen zentralen Server mit untergeordneten Clients. Mesh ist aber auch ein neues Schlagwort für eine ganze Serie neuer WLAN-Produkte, die schon auf dem Markt sind oder gerade angekündigt wurden. Fast jeder größere Router-Hersteller scheint an einem Modell zu arbeiten, Apple hat sich dagegen ja aus dem Geschäftsbereich Router zurückgezogen, wenn auch nicht offiziell angekündigt.

Drei Funkmodule sollen verhindern, dass sich wie bei einem Repeater die Leistung verschlechtert.

Neu an Mesh ist: Üblicherweise hat ein Router zwei Funkmodule, eines für 2,4 GHz und eines für 5 GHz. Die neuen Geräte besitzen dagegen gleich drei: Über das dritte Funkmodul verbinden sich die Access Points untereinander, anders als beim Repeater wird also das Signal nicht abgeschwächt. Hochwertige Antennen sorgen außerdem für gute Sende- und Empfangsleistung. Eine ganze Serie dieser neuen Geräte ist bereits erschienen oder wurde angekündigt, eine Grundlage bildet anscheinend bei allen die Wi-Fi-Technologie Self Organizing Network oder SON von Qualcomm. So unterstützen die Geräte einfache Konfiguration und so genanntes Smart Steering - das automatische Auswählen von 5-GHz oder 2,4-GHz-Verbindungen und Load Balancing. Viele der Geräte ermöglichen außerdem die direkte Bedienung per App über Bluetooth LE. Man sollte sich auch von der äußeren Ähnlichkeit der Produkte nicht täuschen lassen, durch Unterschiede bei der Auswahl der Schnittstellen, Firmware und Bediensoftware sind es doch recht unterschiedliche Produkte.

Schon im Handel: Netgear Orbi

Bereits seit einigen Monaten im Handel ist das System Orbi von Netgear, das aus einem Orbi-Router und einem Orbi-Satellite besteht, zwei identisch aussehenden ovalen Kästchen mit 23 cm Höhe ohne sichtbare Antennen. Den Orbi-Router verbindet man per Netzwerkkabel mit dem vom Internetprovider bereitgestellten oder selbst erworbenen und konfigurierten Modem-Router, dann kann man den Satelliten in einem anderen Raum oder Stockwerk aufstellen. Dank der eingebauten sechs Antennen und gleich drei Funkmodulen, soll jedes Gerät bis zu 175 Quadratmeter Wohnfläche versorgen können. Ein 2,4-GHz und ein 5-GHz-Modul kümmern sich um die Geräte des Nutzers, ein weiteres 5-GHz-Modul (eingestellt auf einen sehr hohen Kanal) sorgt nur für die Kommunikation zwischen Router und Satellit. Jedem verbundenen Mac oder iPhone steht dadurch eine höhere Bandbreite zur Verfügung, als bei einem simplen Router. Dabei bilden die Geräte ein einheitliches Netz, es gibt also keine Probleme, wenn man mit einem iPhone durch das Gebäude läuft. Laut ersten Tests ist die Leistung auch wirklich deutlich besser als bei jeder Kombination von Router und Repeater. Zusätzlich bieten die beiden Geräte Ethernet-Ports für den direkten Anschluss per Kabel.

Die Einschränkung: Eine drahtlose Verbindung zwischen den Geräten muss aber weiterhin möglich sein, eine den Empfang stark störende Wand kann also auch bei diesem Konzept Probleme bereiten.

Mit 429 Euro ist die Lösung nicht zuletzt so teuer wie zwei erstklassige Router zusammen. Was Irritationen vor allem bei den ersten deutschen Nutzern erzeugt hat: Netgear gibt den Stromverbrauch mit 42 Watt an. Das ist aber offenbar nur der Maximalwert, laut Hersteller erzeugen die Geräte pro Stück relativ erträgliche Stromkosten von etwa 15 bis 19 Euro im Jahr.

Der Orbi ist schon einige Monate auf dem Markt.

Eben erst vorgestellt: Asus Hive

Gerade erst zur CES hat Asus die dem Orbi ähnlichen Lösungen Hive Spot und Hive Dot vorgestellt. Die einfachere Version Hive Dot ist ein Paket aus drei kreisförmigen Netzgeräten mit 13 Zentimetern Durchmesser mit jeweils zwei Funkmodulen und drei Antennen. Da hier kein drittes Funkmodul verfügbar ist, erinnert die Version Dot eigentlich eher an ein Set aus Router und Repeater. Wie das Orbi bietet dagegen das teurere und einen Zentimeter größere System Hive Spot drei Funkmodule (400+867+867 Mbps bzw AC2200) und sieben interne Antennen. Auch hier verbindet man ein „Master“-Gerät mit seinem herkömmlichen Router mit Modem, bis zu fünf der Geräte können in einem Gebäude verteilt werden. Der Preis war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt.

Erst in den USA: Linksys Velop

In den USA schon erhältlich ist die Mesh-Variante von Linksys namens Velop. Für 430 Euro bekommt man zwei Geräte, für 600 Euro drei Stück. Das Prinzip ist identisch: Es gibt ein separates 5-GHz-Modul für die Anbindung der Stationen, zwei weitere für die Nutzer. Die Leistung scheint etwas höher als bei den Geräten von Asus und Netgear zu sein. Linksys bezeichnet sie sogar als AC4400-Access Point (Wobei hier Linksys offenbar die Senderaten von Router und Satellit addiert.

Bei der Verwaltung der Geräte helfen Apps.

Alle anderen Anbieter kommen nur bei der Addition der drei Bandbreiten 400+867+867 Mbps auf AC2200. Sie sollen jedenfalls jeweils 186 Quadratmeter Fläche abdecken können. Das Design erinnert uns ein wenig an Apples Time Capsule, jedes Gerät ist nämlich ein knapp 19 cm hoher viereckiger Turm.

Für den Velop verspricht der Hersteller besonders große Reichweite.

Designer-Mesh: Sitecom Huddle

Auf wohnzimmertaugliches Design setzt auch Sitecom bei seiner neuen Reihe Huddle. Ein weißes rundes Gehäuse mit internen Antennen zeichnet die Geräte von Sitecom aus. Die sechzehn Zentimeter großen Huddle-Geräte kosten als Paar 350 Euro, das Dreier-Pack kostet 500 Euro. Sie verbinden sich ebenfalls untereinander über ein eigenes Funkmodul, was Sitecom als „Huddle Link“ bezeichnet. Neun sternenförmig angeordnete Antennen sind in jeder Station enthalten, ebenso ein USB-Port für den Anschluss eines Druckers.

Der Huddle kostet als Paar 350 Euro.

Später: TP-Link Deco

Der für günstige Router bekannte Hersteller TP-Link hat ebenfalls ein Mesh-Produkt angekündigt, allerdings sind noch keine näheren Angaben verfügbar. Auch das deco kann man wahlweise als ein Einzelgerät oder Set aus bis zu drei runden Netzwerkgeräten kaufen.

Schon getestet: Google Wifi

Drei auf einen Streich, aber meist tun es auch zwei Google Wifi
Foto: Google

Seit kurzem in Deutschland verfügbar ist Googles neues Netzwerkgerät Google Wifi. Der für Heimanwender konzipierte Router kann ebenfalls durch Satelliten erweitert werden und erstellt ein Mesh-Netzwerk. Einzeln kostet das Gerät 140 Euro, der Doppelpack ist für 250 Euro zu haben, das ist auch momentan (11. Juli 17) das einzige im Google Store verfügbare Angebot. Ein Dreierpack kostet nominell 360 Euro und ist wie das Einzelgerät zu teils überhöhten Preisen derzeit nur bei anderen Händlern erhältlich. In unserem Test hat sich gezeigt, dass einstöckige Wohnungen schon von einem Google Wifi profitieren, größere oder mehrstöckige Wohnungen kommen mit zwei Geräten wunderbar klar, ein drittes verbessert das WLAN im Haus nicht einmal mehr erheblich, diese Mehrausgabe könnte man sich unter Umständen sparen. Das Produktversprechen hält Google Wifi auf alle Fälle: Dort, wo der Datenstrom gefühlt nur noch tröpfchenweise ankommt, wird die Netzqualität erheblich verbessert, solange die einzelnen Knoten des Mesh nicht zu weit auseinander stehen.

Repeater – noch kein Altmetall

Nicht für jeden Anwender sind diese relativ teuren Geräte aber nötig, für gelegentliches Surfen im Garten genügt nach unserer Meinung weiterhin ein billiger Repeater. Ein gerade einmal 16-Euro teures Gerät wie der TP-Link TL-WA850RE ist für viele Anwender wahrscheinlich völlig ausreichend: Man steckt ihn in eine Steckdose und er sorgt für langsamen aber stabileren WLAN-Empfang. Aktuelle Repeater sind außerdem längst nicht mehr so primitiv wie frühere Modelle. So gibt es neuere Geräte mit Dualband-Unterstützung, die sowohl das weit verbreitete 2,4 GHz- als auch das neuere 5 GHz-Band nutzen. Dabei kann sich der Router gleichzeitig über das eine Band mit dem Router verbinden und über das andere Band WLAN bereitstellen. Das sorgt für mehr Leistung als bei den einfacheren Geräten. Hilfreich ist zudem ein Repeater mit Unterstützung für MIMO-Mehrantenntechnik (Multi Input Multi Output). Diese Technik sorgt bei Empfangsgeräten mit mehreren Antennen für höhere WLAN-Tempi. Unterstützt werden iPhones ab dem 6s, iPads ab iPad Air und Macbooks ab 2013. Von AVM gibt es sogar einen DVB-C-Repeater, der über eine Buchse mit dem Kabelanschluss verbunden wird. Dank zweier Kabeltuner kann man dann im ganzen Haus mit dem VLC-Player HD-Fernsehen anschauen.

Das Design der AVM-Repeater ist etwas altmodisch.

So setzt auch D-Link bei seinem neuen System Covr auf ein Paket aus einem herkömmlichen Router und einem Repeater. Der Repeater muss mit zwei Funkmodulen auskommen, was die Datenrate reduzieren sollte. Neue Technologien wie Qualcomm SON sollten dies aber in gewisser Weise ausgleichen. Eigentlich ebenfalls eher zu den Repeatern würden wir das Amplifi HD WiFI-System zählen, das aus einem futuristischen Router und zwei Access Points besteht. Der Hersteller nennt diese zwar AmpliFI HD Mesh Points, sie bieten jedoch offensichtlich nur zwei Funkmodule sollen aber besonders leistungsfähige Antennen bieten. Dafür kann man mehrere Router zu einem Mesh-Netzwerk verbinden. Ubiquity ist bisher eher als Anbieter von Enterprise-Hardware bekannt, das System ist etwa bei Alternate für 400 Euro zu haben.

Auch bei den Mesh-Geräten kommt es bei großen Entfernungen schließlich zu schnellem Bandbreitenverlust - trotz dreier Empfänger und hoher Gerätepreise. Unter Umständen kann dann für den Hausbesitzer sogar ein völlig anderes System wie Powerline die bessere Lösung sein: Zumindest Stromkabel sind schließlich in jedem Zimmer eines Hauses verbaut und aktuell erreichen die neuesten Powerline-Adapter wie AVMs Powerline 1240E bis zu 1200 Mbit/s.

OpenMesh

Mesh ist ein sehr verbreiteter Begriff, so findet man bei einer Suche nach "Mesh Routern" beispielsweise bei Amazon Geräte des Anbieters Open Mesh, der sich vor allem an Firmen und kleine Geschäfte richtet. Über eine unkomplizierte Weboberfläche namens Cloudtrax kann man die von Open Mesh verkauften Access Points und Router konfigurieren und verwalten, auch mehrerer Filialen. Allerdings muss man sie per Ethernet verbinden und für Heimanwender ist das System zu komplex. (Macwelt)