Im Februar stellte die Raspberry Pi Foundation einen runderneuerten Nachfolger vor. Die Grundmerkmale sind eine deutlich stärkere CPU, doppelter Arbeitsspeicher und gleicher Preis (ab 38 Euro). Der Raspberry Pi 2 antwortet damit schlagkräftig auf die wachsende Konkurrenz der Minirechner, die auf der Erfolgswelle des Raspberry mitschwimmen und meist mit besserer Hardware ausgestattet sind (Banana Pi, Odroid, Pandaboard, Cubieboard u. v. a.). Damit schließt der Raspberry Hardware-technisch mindestens wieder zum Durchschnitt auf.
Software-technisch – und dies ein wesentlicher Grund seiner Beliebtheit – hat er sowieso die unangefochtene Spitzenposition: Bis ein eigenes Projekt steht, sind bei anderen Kleinstrechnern zum Teil tiefgreifende Kenntnisse nötig. Beim Raspberry Pi kann man sich unter einer breiten Palette entscheiden und das geeignete Betriebssystem einfach von der Projektseite laden.
Nach der Kopie auf eine SD-Karte steht sofort ein fertiger Linux-Computer zur Verfügung. Und mit Noobs gibt es sogar einen Installer mit Systemauswahl, der zugleich als Notfall- und Zweitsystem dient
Neue und bekannte Hardware
Die wesentlichsten Neuerungen betreffen CPU und RAM. Mit einem GB Arbeitsspeicher wurde die Kapazität des Vorgängers verdoppelt. Für heimische Server-Projekte ist diese Speichermenge luxuriös und verspricht ordentlich Reserven. Kleine Desktop-Systeme mit XFCE, LXDE oder E sind sicher auch realisierbar.
Die mit 900 MHz getaktete Quadcore ARM Cortex-A7 CPU bedeutet einen erheblichen Leistungsschub gegenüber dem bisherigen Einkern-Prozessor mit 700 MHz.
Rein rechnerisch ist diese CPU etwa sechsmal schneller als die des Vorgängers, was sich aber durch andere Faktoren relativiert (siehe unten).
Die übrige Hardware ist praktisch identisch mit dem Vorgänger: Die vier USB-Schnittstellen nach Standard USB 2.0 entsprechen dem B+-Vorgänger ebenso wie das Kartenformat Micro- SD und der Grafikchip. Schon dort wurde die programmierbare Schnittstelle mit GPIO-Pins auf 40 Pins erweitert, wobei die Belegung der ersten 26 genau jenen 26 der ersten Generation entspricht, damit bereits vorhandene Projekte weiterhin genutzt werden können. Gleich geblieben ist auch die Grundfläche der Platine, und die Anordnung der Schnittstellen folgt jener der Version B+ vom Ende 2014. Ein bisher genutztes Gehäuse der Version B+ kann somit auch für die neueste Version verwendet werden (die ältere Version B hatte hingegen eine andere Anordnung).
Mehr Leistung – mehr Möglichkeiten
Die neue Hardware beschleunigt den Raspberry signifikant: Schon die Initialisierung der SD-Karte verläuft schneller, obwohl hier die vielen Lese- und Schreibvorgänge den gesamten Vorgang etwas ausbremsen.
Richtig beeindruckend ist dann aber der eigentliche Startvorgang des Systems, etwa eines Raspbian. Die Entwickler sprechen von einer bis zu sechsfach höheren Arbeitsgeschwindigkeit, und erste Benchmarks bestätigen diese Aussage in Bezug auf die CPU. Im Gesamtpaket bremsen aber Lese- und Schreibvorgänge und Speicherzugriffe: Nach unserer Einschätzung ist insgesamt ein Leistungszuwachs um den Faktor 2 bis 2,5 realistisch. Wichtiger als Arithmetik sind unmittelbare Erfahrungen: Alle Programme starten schneller, und das Surfen im Internet wird auf dem Raspberry 2 zur flüssigen Angelegenheit.
Die großzügiger dimensionierte Hardware ermöglicht neue Systeme und Projekte: Auf dem Raspberry Pi 2 kann nun auch ein Snappy Ubuntu Core laufen, eine verkleinerte Ubuntu-Variante. Nach intensiven Gesprächen mit Microsoft wurde auch sichergestellt, dass Windows 10 für ARM-Architektur auf dem Pi 2 laufen wird – allerdings nicht in der Desktop-Variante für Endanwender, sondern in der Spezialedition für Embedded Devices.
Wer sich der (nicht unerheblichen) Mühe unterzieht, mit Retro Pie seine alten Konsolenspiele wiederzubeleben, wird von der jetzt erreichbaren Geschwindigkeit begeistert sein. Der kleine Rechner arbeitet flüssig und erlaubt damit Spielspaß, wie er mit der ersten Generation der 64 Bit-Konsolen Einzug ins Wohnzimmer hielt.
Beeindruckend zugelegt hat das Leistungsvermögen der Spezialausgabe des XBMC für den Raspberry (Open Elec). Zu einem Bruchteil der Energieund Anschaffungskosten eines größeren PCs stellen Sie damit Ihre Videofilme oder Musikdateien zentral im Haushalt zur Verfügung.
Wegen seines geringen Stromverbrauchs wird der Kleinstcomputer überwiegend als Server eingesetzt, sei es als Daten-Server für Backups oder als Webserver, um darauf Dienste wie Owncloud in den eigenen vier Wänden zu betreiben. Speziell Owncloud, nicht gerade ein Leichtgewicht in Sachen Ressourcenverbrauch, brachte einen bisherigen Raspberry Pi an seine Grenzen: Das neue Modell verkraftet den parallelen Zugriff mehrerer Nutzer deutlich besser.
Die höhere Leistung des Raspberry Pi 2 ist aber auch handgreiflich, denn der neue Pi produziert deutlich mehr Abwärme. Wer sich also nach einem Gehäuse umsieht, sollte auf gute Belüftung achten. Das gilt umso mehr bei voraussichtlich hoher Auslastung.
Etwas Schatten inmitten des Lichts
Der Pi 2 ist eindeutig ein gelungenes Stück (Linux-)Hardware, das sicherlich viele Anhänger finden wird. Einige Schwachstellen und Mängel bleiben, die man aber angesichts des Preises akzeptieren wird:
Die Ethernet-Schnittstelle arbeitet nach wie vor nach dem 10/100-MBit-Standard. Gerade für Server-Aufgaben wäre Gigabit optimal.
Vier USB-Schnittstellen ermöglichen zwar den Anschluss von vier Geräten, jedoch ist dies intern als Hub gelöst: Die Geräte müssen sich den Durchsatz teilen, denn alle Daten laufen über die gleiche Leitung.
Bei bestimmten Versionen des Noobs-Installers zeigt das Terminal-Kommando „free -h“, dass lediglich Dreiviertel des eigentlich vorhandenen Arbeitsspeichers zur Verfügung stehen. Mit einer aktuelleren Kernel-Version ist das Problem dann gleich behoben: Dafür genügen die beiden Befehle sudo rpi-update und sudo reboot.
Bisherige SD-Karte weiterverwenden
Der Raspberry Pi 2 verspricht vollständige Kompatibilität mit dem Vorgänger. Doch wenn Sie die SD-Karte des Vorgängers zum Starten des Pi 2 verwenden wollen, stellen Sie fest, dass das System nicht startet. Sie müssen das System dazu vorher in Ihrem alten Raspberry aktualisieren:
sudo –s
apt-get update
apt-get dist-upgrade
apt-get install rpi-update
rpi-update
halt
Danach verwenden Sie die SD-Karte auf dem neuen Raspberry 2 weiter.
(PC-Welt/ad)