In der Abkürzung RAID (Redundant Array of Indipendent Disks) kommt das Wort Redundanz vor. Von vielen auch professionellen Anwendern wird das gerne mit „Backup“ gleichgesetzt, was sich aus verschiedenen Gründen oftmals mit der Zeit als Fehler erweist. Natürlich kann ein Netzwerkspeicher (NAS), oft das System, in dem Platten als RAID-Verbund arbeiten, auch zu Backup-Zwecken genutzt werden. In der Regel gibt es aber ein NAS, von dem man dann glaubt, dass es trotz Einsatz als Speicher im Tagesgeschäft auch alle irgendwann mal erstellten Daten sicher verwahrt. Der Klassiker ist dabei sicherlich die versehentlich überschriebene Datei. Bei einem RAID, das in irgendeiner Form mit gespiegelten Festplatten arbeitet, wird sie schlichtweg zeitgleich auf allen Datenträgern überschrieben; die Vorgängerversion ist weg. Und alle wundern sich, warum trotz vermeintlichem Backup der frühere Zustand nicht mehr rekonstruiert werden kann. Ein Backup sollte eben den Zustand aller Dateien zu einem definierten Zeitpunkt X konservieren und diese nicht für den Live-Betrieb zur Verfügung stellen.
Die Hardware fällt aus
Nun mag eine überschriebene Datei zwar ärgerlich sein, aber mit etwas Glück kann sie wiederbeschafft werden, weil sie noch auf irgendeinem Rechner abgelegt ist. Dramatischer wird es, wenn plötzlich die Hardware ausfällt. Und zwar in dem Fall keine Festplatte, denn das wird ja durch das RAID problemlos aufgefangen. Aber mitunter geht eben auch das NAS selbst kaputt. Je nach Modell und Defekt kann das zum richtigen Problem werden. Erwischt es ein externes Netzteil, ist der Fehler schnell behoben, bei professionellen Geräten für Rackmontage kann mitunter auch das interne Netzteil getauscht werden. Aber ein schadhaftes Mainboard ist nicht ohne weiteres zu ersetzen. Die Situation stellt sich dann wie folgt dar: Man hat zwei oder vier vollkommen intakte Festplatten, theoretisch keinerlei Datenverlust, aber eben auch keine Möglichkeit, die Platten auf regulärem Weg anzusprechen. Bei zwei HDDs im Spiegelverbund (RAID 1) ist es trivial; eine Platte wird per Adapter und USB oder ggf. auch direkt an einen freien SATA-Port eines PCs angeschlossen. In aller Regel kann man dann nach dem Start des Rechners ganz normal auf alle Daten zugreifen.
Ein komplexes RAID
Schwierig wird es allerdings bei komplexeren RAID-Strukturen, also beispielsweise einem RAID 5 oder RAID 6. Hier fehlt einem PC in aller Regel die Beschreibung des RAID-Verbundes, was dazu führt, dass er die auf den drei oder vier Platten verteilt gespeicherten Daten nicht zuordnen kann. Bevor man sich nun aber für Tausende von Euros an einen professionellen Datenretter wendet, sollte man lieber selbst tätig werden, sofern man ein NAS besitzt, das im Prinzip auf einem Linux basiert und eigentlich ein Softraid über das Betriebssystem erzeugt. In diese Kategorie gehören beispielsweise die Geräte von QNAP, Synology, Buffalo, Netgear oder auch Zyxel; im Prinzip verwenden die meisten Speicherlösungen der unteren und mittleren Preisliga (auch im professionellen Bereich) keine Hardware-RAID-Controller. Das klingt zunächst etwas theoretisch, hat aber den riesengroßen Vorteil, dass die Festplatten in nahezu allen Fällen mit einem nativen Linux-Dateisystem formatiert sind.
Ubuntu als Retter
Im Prinzip benötigt man zur Datenrettung nicht viel mehr als einen PC, an den die Festplatten des NAS angeschlossen werden. Wichtig ist die Reihenfolge, die idealerweise mit der übereinstimmen sollte, die die HDDs auch in NAS hatten. Nach dem physikalischen Anschluss bootet man den PC mit einem Linux, zum Beispiel Ubuntu. Im glücklichsten Fall kann es dann passieren, dass das System bereits von sich aus erkennt, dass die Platten zu einem RAID gehören. Und dann bootet der Kernel das RAID-Array gleich mit, sodass Sie anschließend direkt wieder auf die Daten zugreifen können. Wenn nicht, sollte man allerdings auf keinen Fall versuchen, die Festplatten einzeln zu formatieren, zu beschreiben oder sonst etwas.
Was man jetzt benötigt, sind Superuser-Rechte und das Paket mdadm.
sudo apt-get update
sudo apt-get install mdadm
Nun schaut man sich zunächst mit
fdisk –l
Man erkennt hier deutlich, welche Partitionen zum Nutzdaten-Teil des RAIDs gehören, und zwar jeweils die Partition 3, also sda3, sdb3, sdc3 und sdd3. Jetzt geht es daran, das RAID wieder zusammenzubauen. Das funktioniert in unserem Fall mit
sudo mdadm --assemble --force /dev/md0 /dev/sda3 /dev/sdb3 /dev/sdc3 /dev/sdd3
Nun sollte das RAID wieder funktional sein, mit
sudo mdadm --detail /dev/md0 und
sudo cat /proc/mdstat
lässt sich dies überprüfen. Damit ist die „Datenrettung“ aber noch nicht abgeschlossen. Denn noch kann auf das RAID nicht zugegriffen werden. An der Stelle ist es nun wichtig, zu wissen, mit welchem Dateisystem das NAS arbeitet. Denn das RAID muss mit dem entsprechenden Zusatz gemounted werden. Vorher allerdings ist ein Ordner anzulegen, in den das RAID gemounted wird:
sudo mkdir /mnt/raid
Danach wird dann dann das RAID-Array als Laufwerk eingehängt. In unserem Fall haben wir es mit einem Buffalo-System zu tun, das xfs nutzt. Also lautet die Befehlszeile
sudo mount -o ro -t xfs /dev/md0 /mnt/raid
Jetzt kann man auf das Verzeichnis RAID zugreifen und kommt in aller Regel wieder an die Daten heran. Die sollte man nun auf eine weitere Platte kopieren und dann die RAID-Platten eventuell in ein neues NAS-Leergehäuse einbauen. Hier richtet man dann das RAID komplett neu ein und kopiert die Daten zurück.
Mögliche Probleme
Es kann in einzelnen Fällen vorkommen, dass der Kernel das Array startet, es aber nicht wirklich funktioniert. Dann sollte man mit
sudo mdadm --stop /dev/md0
versuchen, das RAID zu stoppen und dann erst den Prozess des Neuaufbaus starten.
Ein weiteres Problem ist physikalischer Natur: Man muss erst einmal einen Rechner haben, an den sich vier Festplatten anschließen lassen. Hat man den nicht, gibt es zwei Lösungsansätze. Entweder kauf man vier USB-auf-SATA-Adapter und schließt die Platten dann via USB an. Das kostet 60 bis 100 Euro, was immer noch lächerlich wenig im Vergleich zu einem Datenrettungsdienst ist. Oder aber man kauft zunächst ein neues NAS-Gehäuse und achtet darauf, dass es sich auch via USB-Stick booten lässt. Dann baut man die Festplatten ein, bootet Ubuntu vom Stick und greift via SSH-Konsole auf das NAS zu. So kann man dann die Reparatur über das Netzwerk ausführen.
(PC-Welt/ad)