Euronics-Chef Benedict Kober

"Qualitatives Wachstum wichtiger als Quantität"

27.03.2013 von Matthias Hell
Der anhaltende Umsatzrückgang bei Euronics gehe zum Teil auf einen bewussten Konsolidierungsprozess zurück, so Vorstandssprecher Benedict Kober. Außerdem: Warum der Online-Handel für die Kooperation keine Priorität besitzt.

Der anhaltende Umsatzrückgang bei Euronics gehe zum Teil auf einen bewussten Konsolidierungsprozess zurück, so Vorstandssprecher Benedict Kober im Interview mit ChannelPartner. Daneben erklärt der Euronics-Chef, aus welchen Gründen die Verbundgruppe nicht der EP-Plattform Plusanschluss.de beitreten will und warum der Onlinehandel für die Kooperation keine Priorität besitzt.

Von Matthias Hell, ChannelPartner

Der Umsatzrückgang bei Euronics hat sich nicht nur fortgesetzt, sondern in den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres sogar noch verschärft. Sie verweisen dabei gerne auf die schwierige Marktlage, doch kommen Ihre Wettbewerber EP und vor allem Expert damit besser zurecht. Was sind neben der Marktentwicklung die Gründe für den Umsatzeinbruch bei Euronics?

Benedict Kober: Zum einen hat Euronics vor zwei Jahren beschlossen, den Fokus noch stärker auf die qualitative Vermarktung und Wertschöpfung zu richten und Entwicklungen innerhalb der Verbundgruppe, wo in den letzten Jahren einfach Umsätze mitgenommen wurden, umzukehren. Dadurch verzichten wir zwar auf einen Teil des Umsatzes, doch handelt es sich dabei nicht um unser Kerngeschäft. Diese für eine nachhaltige Steigerung unseres Kerngeschäfts notwendige Bereinigung ist ein laufender Prozess, der noch nicht abgeschlossen ist und das erklärt auch einen Teil der aktuellen Umsatzentwicklung.
Der andere Teil lässt sich auf die Marktentwicklung zurückführen: Euronics hat lange überproportional vom TV-Geschäft profitiert, spürt es jetzt aber auch überproportional, dass das TV-Geschäft nicht mehr so läuft. Zwar wollen wir den TV-Bereich stabil halten, doch ist es für uns umso wichtiger, dass wir künftig mehr diversifizieren, das Risiko streuen und uns stärker auf die Wachstumssegmente konzentrieren.

Euronics-Kongress in Stuttgart, März 2013
Foto: Matthias Hell

Um wieder auf die Erfolgsspur zurückzukehren, scheinen Sie sich an den wachstumsstärkeren Wettbewerbern zu orientieren: Wie Expert planen auch Sie für das laufende Jahr ein höheres Tempo bei der Eröffnung neuer Fachmärkte…

Kober: Man könnte die Wahrnehmung haben, dass wir uns an Expert orientieren, doch trifft das nicht zu. Während Expert ausschließlich auf Fachmärkte setzt, verfolgen wir eine wesentlich breitere Betriebstypenstrategie. Wir wollen in diesem Jahr zusätzliche Fachmärkte eröffnen, weil wir in diesem Bereich stark wachsen. Doch setzen wir genauso auf den Euronics-Fachhandel und unsere Vertriebslinie media@home. Für unsere Partner hat das nicht zuletzt den Vorteil, dass Sie - wenn es zum Beispiel die Wettbewerbssituation nahelegt - auch von einem in den anderen Betriebstyp wechseln können.

Euronics.Vorstandssprecher Benedict Kober: "Wir richten den Fokus stärker auf die qualitative Vermarktung und Wertschöpfung aus."
Foto:

Aber zumindest, was das neu eingeführte Instrument der von der Euronics-Zentrale geleiteten Regiebetriebe betrifft, folgen Sie eindeutig dem Vorbild von Expert!

Kober: Das mag vielleicht so sein, doch hätten wir das auch gemacht, wenn Expert keine Regiebetriebe hätte. Es geht um Fälle, in denen wir ein Mitglied verloren hätten, weil es keine Nachfolgeregelung gab. Nur um hier zu einer Lösung zu kommen, haben wir die Regiebetriebe eingeführt. Außerdem ist das mit der Vorbildfunktion immer so eine Sache: Auch wir sind Vorbild mit unserem Betriebstyp media@home - das werden Sie sehen, wenn Sie sich das neue EP-Format "FirstClass" anschauen.

"Die Marke Plusanschluss.de kennt niemand!"

EP ist mit Plusanschluss.de als erste CE-Kooperation in die Online-Vermarktung von Dienstleistungen eingestiegen und hat auch die Wettbewerber Expert und Euronics eingeladen, sich an der Plattform zu beteiligen. Warum wollen Sie bei Plusanschluss.de nicht mitmachen?

Kober: Das ist zwar ein cleverer Schachzug von EP, doch halten wir Plusanschluss.de nicht für optimal. Wir glauben, dass unsere Händler ihre Dienstleistungen unter der Marke Euronics besser vermarkten können. Die Marke Plusanschluss.de kennt keiner, Euronics dagegen schon.
Außerdem arbeiten wir schon länger an der Vermarktung unserer Services im Netz. Dass parallel dazu in Düsseldorf Plusanschluss.de entsteht, konnten wir nicht wissen. Für uns passt das Angebot von Dienstleistungen gut in unseren Multichannel-Auftritt, den wir bis zu unserer Summer Convention auf Mallorca noch einmal überarbeiten wollen.

Das stürmische Wetter beim Euronics-Kongress in Stuttgart passte ganz gut zur Geschäftsentwicklung er Verbundgruppe.
Foto: Matthias Hell

Als wir vor einem Jahr über die recht umfassende und nachhaltig geplante Multichannel-Strategie von Euronics gesprochen haben, mussten Sie einräumen, dass die Online-Umsätze noch sehr gering sind. Hat sich das in den letzten zwölf Monaten geändert?

Kober: Die Umsatzlage hat sich nicht geändert. Das liegt aber auch an unserem Geschäftsmodell: Die Online-Umsätze sind für uns nicht entscheidend. Das Kriterium für den Erfolg unserer Multichannel-Strategie ist, dass die Kunden zu uns in die Läden kommen. Unser Ziel ist die Zuführung von Kunden in den stationären Handel. Und hier machen wir Fortschritte. So hat zum Beispiel die Abholung von Online-Bestellungen in den Läden deutlich zugenommen.
Wenn es uns alleine um Online-Umsätze geht, könnten wir auch sagen: Feuer frei! Aber das rechnet sich für uns nicht und macht nur den stationären Handel kaputt. Wir wollen auch im Netz eine hohe Verkaufsqualität. Die von uns definierten Qualitätskriterien gelten für jeden Vertriebskanal gleichermaßen.

Die in den letzten Wochen gemeldeten Umsatzzahlen der Elektronikversender sowie die beeindruckend hohen Umsätze von Amazon.de haben einmal mehr die große Dynamik im Onlinehandel verdeutlicht. Laufen Sie mit einer rein auf den stationären Handel gerichteten Online-Strategie nicht Gefahr, hier den Anschluss zu verpassen?

Kober: Die Kanalsituation hat sich nicht dramatisch verändert. Im TV-Bereich beispielsweise liegt der Online-Anteil heute branchenweit bei rund 12 Prozent. Zu den Glanzzeiten von Quelle, Neckermann und Co. war der Versandhandelsanteil wahrscheinlich sogar etwas höher. Auf jeden Fall bedeutet das, dass auch heute noch mehr als 85 Prozent des Marktes für den stationären Handel zur Verfügung stehen.

Dennoch hat man sich in der EP-Zentrale zur Beteiligung an Notebooksbilliger.de als eine Art Zukunftsversicherung entschieden. Wäre das auch ein für Euronics vorstellbares Szenario?

Kober: Auch wir könnten ein solches Investment haben und haben auch schon entsprechende Angebote geprüft, doch wollen wir das nicht. Bei einer solchen Beteiligung müsste man immer damit rechnen, dass Online-Geschäfte und Warenflüsse stattfinden, die wir so nicht wollen.

Es ist für uns auch schwer vorstellbar, dass man einerseits ein Multichannel-Konzept unter der eigenen Marke aufbaut und sich dann einen aggressiven Gegenpart ins Haus holt, der dem eigenen Handel das Leben schwer macht. Wir verstehen auch nicht, wie die EP-Händler das so einfach schlucken.

Einstieg ins Projektgeschäft geplant

Online ist für sich betrachtet also keine Strategieoption für Euronics. Mit welchen Schwerpunkten wollen Sie stattdessen zum Wachstum zurückkehren?

Kober: Zum einen wollen wir das Sortiment erweitern und in neue Geschäftsfelder wie Tablets, Smartphones, Audio/HiFi oder Digital Health gehen. Dann muss der Ladenbau dem neuesten Stand entsprechen und dem Kunden Emotionen und ein echtes Einkaufserlebnis bieten. Desweiteren werden wir das Thema Service und die Vermarktung von Dienstleistungen vorantreiben. Und schließlich heißt es: Marke, Marke, Marke! Es ist wichtig, dass Euronics beim Kunden eine starke Marke bleibt.
Daneben wollen wir uns auch verstärkt im Projektgeschäft profilieren. Wir haben bestehende Mitglieder, die bereits heute in diesem Bereich unterwegs sind. Das kann von der Heimkino-Vernetzung bis hin zu Firmengeschäften gehen. Bei der Summer Convention in Mallorca wollen wir das Thema mit unseren Händlern weiter ausbauen.

Die Ausstellfläche am Euronics-Kongress in Stuttgart, März 2013.
Foto: Matthias Hell

Haben Sie Hoffnung, dass es noch im laufenden Geschäftsjahr gelingt, den Negativtrend bei Euronics umzukehren?

Kober: Natürlich ist eine Gruppe wie unsere auf Wachstum ausgerichtet. Doch haben wir die strategische Entscheidung getroffen, dass uns qualitatives Wachstum wichtiger ist als Quantität. Die damit zusammenhängende Konsolidierung ist ein laufender Prozess, auf dem wir schon recht weit fortgeschritten sind. Es geht uns um ein nachhaltiges Umsatzwachstum und in unseren Kernfeldern wachsen wir auch schon heute. Aber am glücklichsten sind wir natürlich, wenn es am Ende auch im Saldo für ein Wachstum reicht.

Die aktuelle Entwicklung scheint allerdings nahezulegen, dass EP - die bisherige Nummer 3 unter den Verbundgruppen - Euronics schon bald von der Position des Umsatz-Zweiten ablösen könnte. Ist es Ihr persönlicher Ehrgeiz, sich gegen diese Veränderung der Rangordnung zu stemmen?

Kober: Zunächst einmal verfolge ich überhaupt keinen persönlichen Ehrgeiz gegen EP. Und die Frage, ob wir die Nummer 2 oder 3 unter den Verbundgruppen sind, macht für uns überhaupt keinen Einkaufsunterschied. Wichtig ist, dass wir eine gewisse Größe, eine gewisse Zahl an Outlets und eine starke Marke haben. Aber ob wir 1,5, 1,6 oder 1,7 Milliarden Euro Umsatz machen - das ist nicht kriegsentscheidend. Wichtig ist, dass die Art und Weise der Vermarktung passt, dass Verbindlichkeit da ist und die Qualität stimmt. (mh)