Gute Public Relations-Arbeit förderte traditionell das Image von Unternehmen und Marken. In einer Zeit aber, in der die traditionellen Medien immer mehr an Bedeutung verlieren, in der Kunden informierter und mündiger sind und in der die Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden direkter wird, verändert sich auch die Aufgabe von Public Relations. Wenn PR früher oft nur ganz allgemein das Image verbessert hat, ist sie heute viel stärker in der Pflicht, den Vertrieb zu unterstützen. Der moderne Begriff der "Vertriebs-PR" macht diese neuen Aufgaben sinnfällig.
In der Vertriebs-PR lösen sich die alten Grenzen zwischen den Disziplinen PR, Marketing und Vertrieb zugunsten eines integrierten Kommunikationsansatzes immer mehr auf. Heute muss PR eng verzahnt mit dem Vertrieb daran arbeiten, gezielt den Absatz zu fördern, potenzielle Kunden zu erreichen und sie von konkreten Produkten und Dienstleistungen zu überzeugen.
Produkt- und Servicezentrierte B2B-Kommunikation
Vielen Unternehmen, deren Produkte und Services auf den Business-to-Business-Bereich zielen, ist eine produktzentrierte PR-Arbeit vertraut. Wer B2B-Kommunikation betreibt, nutzt dafür klassische Maßnahmen der Produkt-PR, von der Produktpressemeldung über den Fach- bis zum Anwenderbericht. Natürlich gehört auch eine Bilderwelt, Infografiken oder Multimedia-Content wie zum Beispiel Slideshows oder Erklärfilme dazu. Das qualitativ Neue an der Vertriebs-PR ist, dass all diese Maßnahmen sehr eng mit dem Vertrieb abgestimmt sind und nun als Elemente einer integrierten Vertriebskampagne fungieren: Die Ergebnisse der PR-Maßnahmen befeuern die Vertriebsmaßnahmen.
Vertriebs-PR für den Produktlaunch
Ein Beispiel: Ein Unternehmen hat ein neue Software entwickelt. Diese Software könnte von unterschiedlichen Zielgruppen in verschiedenen Branchen eingesetzt werden. Marketing und Vertrieb analysieren vor dem Produktlaunch die Marktsituation und entscheiden, dass in den nächsten zwölf Monaten drei unterschiedliche Branchen intensiv bearbeitet werden sollen. Um die Vertriebskampagne optimal mit PR-Maßnahmen unterstützen zu können, werden auch PR-Abteilung oder PR-Agentur frühzeitig in die Planung des Launches einbezogen. Zunächst analysieren die Vertriebs-PR-Pofis die Zielmedien der spezifischen Branche nach ihrer Relevanz und gewichten sie in einem A-B-C-Ranking. Denn längst nicht alle Medien erzielen für ein Unternehmen eine gleich hohe Durchdringung der Zielgruppe.
Der nächste Schritt ist die Themenschwerpunkt-Recherche: Häufig gibt es in Branchenmedien nur ein- oder zweimal im Jahr einen redaktionellen Schwerpunkt, der einen idealen Rahmen bietet, um das Produkt zu kommunizieren. Zu berücksichtigen ist, dass die Redaktionsschlüsse, zu denen dem Fachredakteur der Text, entsprechendes Bildmaterial und gegebenenfalls weiterer Multi-Media-Content vorliegen sollte, bei einem monatlich erscheinenden Print-Medium bis zu sechs Wochen vor dem Erscheinungsdatum liegt.
Hinzu kommt, dass der exklusive Content für das spezifische Medium rechtzeitig erstellt und durch den Freigabeprozess bei Vertrieb und Fachabteilungen gebracht werden muss. Je nach Textgenre kann diese Freigabe auch noch einmal vier Wochen in Anspruch nehmen.
Redaktionen wollen Inhalte exklusiv
Einige Fachredaktionen bevorzugen Fachberichte, andere eher Success Stories. Und einige wenige Redakteure ziehen es vor, nach einem Interview mit dem Unternehmen die Texte selbst zu schreiben. Die Exklusivitätsanforderung der Fachredaktionen - die sich immer mehr auch auf den Online-Bereich erstreckt - führt zum Glück nicht dazu, dass für jedes Medium ein komplett neuer Fachbericht erstellt werden müsste. Aber oft ist es nötig, einen einmal geschriebenen Basis-Text so anzupassen, dass er nicht mehr mit einem anderswo bereits veröffentlichten Text identisch ist - sei es durch eine andere Überschrift, einen anderen Einstieg mit branchenspezifischer Ansprache oder ein umformuliertes Fazit. Dasselbe Variationsschema greift auch bei Bilderwelten, Infografiken oder Multi-Media-Content wie etwa Präsentationen oder Erklärvideos.
Überzeugender Content fördert den Absatz
Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass ein schöner, absatzfördernder Bericht in dem anvisierten Fachmedium erscheint, wenn der Redakteur einen konkreten Bedarf an der Thematik hat, er medienexklusiven und branchenspezifischen Content erhält und der Text ebenso neutral wie überzeugend geschrieben ist. Weil in Deutschland aber ein einzelnes Branchenmedium selten ausreicht, um die intendierte Zielgruppe vollständig zu durchdringen, muss die Vertriebs-PR eventuell mehrere Branchenmedien der A-Kategorie ansprechen.
Die integrale Branchenkampagne
Eine integrierte Vertriebskampagne ist dann am effektivsten, wenn der Vertrieb direkt nach der Presseveröffentlichung seine Branchenoffensive eröffnet. Jede Presseveröffentlichung, die die USPs des neuen Produkts auf den Punkt bringt, wirkt dank der Neutralität des Fachmediums viel glaubhafter und nachhaltiger als zum Beispiel eine Anzeige. Darum bietet es sich auch an, Sonderdrucke der Veröffentlichung für Messeauftritte, für Mailings oder als Sonderdruck-PDFs für die Website zu nutzen.
Zudem sollte das Unternehmen in Newslettern, Blogbeiträgen und in seinen Social Media-Kanälen auf die Veröffentlichung aufmerksam machen. Auch entsprechender branchenspezifischer Content auf der eigenen Website des Unternehmens flankiert die integrale Vertriebskampagne. Zudem sollten Links - sogenannte Backlinks - in Print- und Online-Medien auf diesen Branchenkampagnenbereich der eigenen Website führen.
Die hohe Schule: Lead Relations
Last but not least berührt Vertriebs-PR über die Website des Unternehmens auch noch die - vergleichsweise neue - Disziplin des automatisierten Lead Managements, auch Lead Relations genannt. Hier tritt das Unternehmen selbst als Publisher von Content auf, der einen Mehrwert für die intendierte Zielgruppe bietet. Der Besucher der Unternehmenswebsite gibt seine Anonymität auf und erhält dafür beispielsweise ein informatives, nicht-werbliches E-Book zum Download. Im nächsten automatisierten Schritt gibt es dann vielleicht eine nützliche Checkliste. Im Laufe der Lead Relations-Beziehung erfährt das Unternehmen so immer genauer, wie konkret der Bedarf des Interessenten ist und welche Entscheidungskompetenz er hat. Bis der Lead in dem automatisierten Prozess so klar qualifiziert ist, dass es lohnt, ihn an den Vertrieb zu übergeben. Mehr Vertriebsunterstützung geht nicht. (bw)