Eine neue KI-Anwendung soll Eckstöße künftig besser machen. Das ist nur ein Beispiel dafür, wie Künstliche Intelligenz den Fußball verändern könnte. Schon jetzt unterstützen KI-Werkzeuge den Sport in verschiedenen Bereichen - auch im Profifußball. Ein beipiel ist die Rekrutierung neuer Spieler. Mehrere Software-Unternehmen haben KI-Systeme entwickelt, welche - vereinfacht gesagt - die Spiel- und Trainingsdaten von Spielern auswerten und diese dann einschätzen.
Suchen Vereine nach einer möglichst gut passenden Ergänzung ihres Teams, liefern ihnen KI-Systeme aus riesigen Datenbanken passende Kandidaten, die den Kader optimieren würden. Auf diese Weise bieten die KI-Scores datenbasierte Entscheidungshilfen für die menschlichen Scouts der Vereine.
Datensammlung im Profifußball
Im Profifußball werden unzählige Daten erhoben: Körpersensoren produzieren im Training Leistungsdaten, die Aussagen über Trainingszustand und Entwicklung des Spielers zulassen. Hochauflösende Kameras dokumentieren im Stadion jede Bewegung und die Position aller Spieler sowie des Balls. Die auf diese Weise generierten Informationen unterstützen nicht nur die Live-Berichterstattung, sondern erlauben auch KI-gestützte Analysen zur Auswertung der Spieltaktik, zur Bewertung einzelner Spieler und zur Optimierung künftiger Taktiken.
2021 wurde der Bereich "Planung, Strategie und Optimierung" in einer Expertise für das Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) als wohl interessantester Teilschritt einer KI-Anwendung im Sport bezeichnet: "Im Zentrum steht die Anwendung von Modellen zur Optimierung des taktischen Verhaltens im Hinblick auf die Spielleistung oder den Spielerfolg." In eine ähnliche Richtung zielt das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt "Multimodal Analysis for Sports Analytics" (MM4SPA), das sich mit der Analyse von Positions- und Videodaten beschäftigt.
Bessere Ecken mit KI?
Speziell um die Taktik bei Eckstößen geht es bei "TacticAI", einem System, das von Googles Deepmind-Team in Zusammenarbeit mit dem FC Liverpool entwickelt wurde. Wie die Forschungsgruppe im Fachblatt "Nature Communications" berichtete, wurde die KI mit Daten aus knapp 7.200 Eckballsituationen trainiert, die zwischen 2020 und 2023 in der englischen Premier League stattfanden.
Auf Grundlage dieser Daten ist "TacticAI" der Studie zufolge in der Lage, Hinweise darauf zu geben, wie sich einzelne Spieler bei Ecken positionieren sollten, damit der Schuss zum Torerfolg führt. Die generierten Empfehlungen unterschieden sich dem Forschungsteam zufolge nicht von denen menschlicher Trainer. Allerdings hätten in einer Befragung Fußballexperten in 90 Prozent der Fälle die KI-Taktiken menschlichen Empfehlungen vorgezogen, so die Studie.
Kann KI menschliche Trainer ersetzen?
Angesichts der Studienergebnisse stellt sich die Frage, ob KI in Zukunft menschliche Trainer komplett überflüssig machen könnte. "So weit wird es sicherlich nicht kommen", beruhigt Daniel Memmert, Sportinformatiker der Deutschen Sporthochschule Köln.
Bei der Anwendung von KI im Sport gehe es meist um sogenannte Machine-Learning-Ansätze. Maschinelles Lernen beschreibt einen KI-Teilbereich, der sich mit der Entwicklung und Anwendung statistischer Algorithmen beschäftigt. Die Erkennung der Probleme, bei denen KI-Anwendungen helfen könnten, die Auswahl des richtigen KI-Werkzeugs, die Interpretation und Gewichtung der KI-generierten Lösungen - all das seien Aufgaben, die von Menschen geleistet werden müssen, so Memmert.
Noch dazu sei KI ohne Daten machtlos. Um sie zur Verfügung zu stellen und aufzubereiten, seien Menschen nötig. "Insgesamt beinhaltet der Prozess der KI-Nutzung also an entscheidenden Punkten noch viele menschliche Anteile", fasst Memmert zusammen.
"Tradition schießt keine Tore"
Memmert zufolge können Spitzenvereine aber heutzutage "ganz klar" nicht mehr auf KI-Systeme verzichten - zum Leidwesen mancher Fans, die fürchten, dass die maschinelle Unterstützung dem Spiel die Seele nehme. "Ich kann die Nostalgie nachvollziehen, aber Tradition schießt keine Tore", sagt Memmert. Zudem werde alles Neue gerne erst einmal abgelehnt. "Das sehen wir auch beim Videobeweis, obwohl dieser nachhaltig zur Fairness des Spiels beigetragen hat." (dpa/rs/pma)