Probleme mit der Mehrwertsteuersenkung

Prianto-Chef schreibt Briefe an die Minister Scholz und Altmaier

10.07.2020 von Armin Weiler
Die kurzfristig anberaumte Senkung der Mehrwertsteuer stellt die Software-Branche vor immense administrative Probleme. Nun wendet sich William Geens, Geschäftsführer des Software-Distributors Prianto in offenen Briefen an die Minister Olaf Scholz und Peter Altmaier und bittet um deren Hilfe.

Die seit 1. Juli 2020 geltende Senkung der Mehrwertsteuer macht nicht nur William Geens, Geschäftsführer des Software-Distributors Prianto zu schaffen. Viele Wirtschaftsunternehmen stehen dadurch vor unerwarteten Herausforderungen. "Gerade im Bereich längerfristiger Serviceverträge, wie sie in der Softwarebranche verbreitet sind, müssen nun millionenfach Rechnungen für all jene Vorgänge korrigiert werden, bei denen das Ende eines Leistungsbezugs in den Zeitraum der Umsatzsteuersenkung fällt", berichtet Geens.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier kann sich auf Post von William Geens freuen. Der Prianto-Geschäftsführer will darin auf Probleme im Zuge der Mehrwertsteuersenkung aufmerksam machen und gibt Altmaier Ratschläge für dessen Politik mit auf den Weg.
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Er nimmt an, dass die nun auftretenden Probleme bei der Entscheidung, die Umsatzsteuer zu senken, nicht berücksichtigt wurden. Die ökonomische negative Tragweite sei allerdings immens. Da laut Geens die Regierung wohl "mit dieser Maßnahme positive Impulse setzen (…) und nicht Unternehmen der IT Industrie, die infolge der Covid-19 Pandemie bereits in einer schweren Lage sind, noch zusätzlich belasten" wollte, hat der Prianto-Chef Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Bundesfinanzminister Olaf Scholz zwei im Wortlaut identischen Briefe geschrieben.

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In den Schreiben schildert Geens die Probleme, die durch die Steuersenkung aufgetreten sind. Das betrifft insbesondere Produkten mit Lizenzformen, die umsatzsteuerlich als Dauerleistung einzustufen sind. Dazu gehören Abonnements, Subscriptions, Renewals (Verlängerungen von Wartungsverträgen), Term-Lizenzen und viele weitere ähnliche Lizenzformen. Da diese Dauerleistungen die umsatzsteuerliche Wirkung zum Ende des Leistungszeitraums entfalten, müssen sämtliche in den Vorjahren verkaufte und bereits abgeschlossenen Geschäftsvorfälle mit Dauerleistungen und Leistungsende Juli bis Dezember 2020 richtigerweise neu mit 16 Prozent berechnet werden. "Für eine Vielzahl bereits abgeschlossener Geschäftsvorfälle mit Dauerleistungen müssen Gutschriften und neue Rechnungen erstellt werden. Dieses zieht sich durch die gesamte Lieferkette und bringt viele Unternehmen der IT Branche an den Rand der Leistungsfähigkeit. Wir sprechen hier von vielen Millionen Belegen und einer hohen Unsicherheit aller Unternehmen in der Branche", klagt Geens.

Vorsteuerabzug soll nicht neu berechnet werden

Geens regt in seinen Briefen einen Erlass an, der besagt, dass abgeschlossene Geschäftsvorfälle inklusive der Dauerleistungen nicht neu berechnet werden müssen und dass der Vorsteuerabzug 19 Prozent gewährt werden wird. "Selbst wenn dies nur auf Geschäftsvorfälle begrenzt werden würde, die bereits vollständig bezahlt worden sind, wäre dies eine massive Erleichterung", mein der Prianto-Chef.

Prianti-Geschäftsführer William Geens steht den Ministern Olaf Scholz und Peter Altmaier "selbstverständlich jederzeit für persönliche Gespräche zur Verfügung".
Foto: Prianto

Mit einer solchen Entscheidung würde laut Geens die Branche massiv entlastet. "Wir könnten uns wieder auf unsere eigentliche Aufgabe konzentrieren: IT Lösungen an unsere Kunden zu verkaufen", schreibt er und bietet den Ministern an, "selbstverständlich jederzeit für persönliche Gespräche zur Verfügung" zu stehen. Ob die Minister auf dieses freundliche Angebot des Prianto-Managers eingehen werden, ist dann aber doch eher unwahrscheinlich.

Den Wortlaut der Briefe finden Sie auf der folgenden Seite.

Die offenen Briefe im Wortlaut:

Mit diesem offenen Brief will Prianto-Geschäftsführer William Geens auf die Probleme der Mehrwertsteuersenkung aufmerksam machen.

München, 09.07.2020

Problemstellungen Senkung MwSt.

Sehr geehrter Herr Minister,

die kurzfristig beschlossene zeitweise Senkung der Mehrwertsteuer stellt die gesamte Branche für Informationstechnologie und hier insbesondere die Hersteller, Distributoren und Reseller für Softwareprodukte vor enorme Herausforderungen und Probleme. Da wir überzeugt sind, dass die Regierung mit dieser Maßnahme positive Impulse setzen wollte und nicht Unternehmen der IT Industrie, die infolge der Covid-19 Pandemie bereits in einer schweren Lage sind, noch zusätzlich belasten, möchte ich Ihnen schreiben, in der Hoffnung, dass Sie für das hier entstehende Hauptproblem eine Lösung finden.

Beschreibung der wesentlichen Problemstellung:

In der IT Industrie und insb. bei Software werden eine große Vielzahl von Produkten mit Lizenzformen verkauft, die umsatzsteuerlich als Dauerleistung einzustufen sind. Dazu gehören Abonnements, Subscriptions, Renewals (Verlängerungen von Wartungsverträgen), Term-Lizenzen und viele weitere ähnliche Lizenzformen. Da diese Dauerleistungen die umsatzsteuerliche Wirkung zum Ende des Leistungszeitraums entfalten, müssen sämtliche in den Vorjahren verkaufte und bereits abgeschlossenen Geschäftsvorfälle mit Dauerleistungen und Leistungsende Juli bis Dezember 2020 richtigerweise neu mit 16% berechnet werden. Sprich für eine Vielzahl bereits abgeschlossener Geschäftsvorfälle mit Dauerleistungen müssen Gutschriften und neue Rechnungen erstellt werden. Dieses zieht sich durch die gesamte Lieferkette und bringt viele Unternehmen der IT Branche an den Rand der Leistungsfähigkeit. Wir sprechen hier von vielen Millionen Belegen und einer hohen Unsicherheit aller Unternehmen in der Branche.

Die Erstellung der Gutschriften und neuen Rechnungen entfaltet keinerlei Wertschöpfung, stellt keine Kaufanreize dar, da es sich um abgeschlossene Geschäfte handelt und kostet die Finanzverwaltung darüber hinaus noch rückwirkend 3% Umsatzsteuer, die bereits vereinnahmt worden ist.

Diese Problematik wurde aus unserer Sicht bei der Entscheidung der Regierung zur Umsatzsteuersenkung nicht berücksichtigt. Die ökonomische negative Tragweite ist allerdings immens.

Wir hoffen sehr, dass Sie zu diesem Thema eine Klärung herbeiführen und einen Erlass erstellen, der besagt, dass abgeschlossene Geschäftsvorfälle inklusive der Dauerleistungen nicht neu berechnet werden müssen und dass der Vorsteuerabzug 19% gewährt werden wird. Selbst wenn dies nur auf Geschäftsvorfälle begrenzt werden würde, die bereits vollständig bezahlt worden sind, wäre dies eine massive Erleichterung.

Wir bitten Sie als Unternehmer und als Vertreter der wichtigen IT Branche um Ihre Hilfe!

Mit dieser Entscheidung würden Sie die gesamte Branche massiv entlasten und wir könnten uns wieder auf unsere eigentliche Aufgabe konzentrieren: IT Lösungen an unsere Kunden zu verkaufen.

Wir stehen selbstverständlich jederzeit für persönliche Gespräche zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

William Geens

Geschäftsführer der Prianto GmbH