Praxistest: LG KC910 Renoir

06.02.2009

Lieferumfang / Verarbeitung

Die einzigen Extras im Lieferumfang sind der microSD-Kartenadapter, die Display-Schutzfolie und der extravagant in einem Etui untergebrachte Stylus. Zum Glück wird der nicht wirklich gebraucht, das Renoir lässt sich fast immer bequem mit dem Finger bedienen.

Das KC910 ist mit 14 Millimetern viel schlanker als das C095 von Sony Ericsson und das Samsung Innov8, die beide ebenfalls eine 8-Megapixel-Kamera haben. Wo das rundgeschliffene LG Renoir noch leicht in enge Hosentaschen gleitet, müssen die viel dickeren Schiebehandys der Konkurrenz bereits aufgeben. Design und Formfaktor des LG-Handys lassen sich aber ohnehin besser mit dem Samsung-Touchphone Pixon vergleichen, das mit 13,8 Millimetern sogar noch knapp dünner ist. Das LG-Handy muss sich bei Design und auch Materialwahl allerdings klar gegenüber dem Pixon geschlagen geben. Neben dem Samsung-Handy sieht das Renoir wie eine Spielzeugkamera aus. Vor allem die Vorderseite mit ihren drei Knubbeltasten erinnert irgendwie an einen Kaugummiautomaten. Immerhin genügt ein Blick auf das fast fugenlose Kunstoff-Gehäuse genügt, um eines zu wissen: das Renoir hält anstandslos ein paar Jahre durch.

Der Touchscreen des Renoir ist mit 3 Zoll etwas kleiner als der 3,2-Zoll-Bildschirm des Samsung Pixon. Auflösung (320x400 Pixel) und Farbdarstellung (mehr als 262.000 Farben) sind aber bei den zwei Kamerahandys identisch. Kontrast, Farbintensität und Leuchtkraft fallen ebenfalls bei beiden hervorragend aus. Allerdings reagiert das Renoir-Display nicht genauso sensibel auf Berührungen. Besonders wenn man Nachrichten schreibt, muss man das LG kräftiger drücken. Die virtuelle Volltastatur, die automatisch bei einer Drehung des Handys einblendet wird, ist außerdem etwas kleiner. Dadurch ist man gezwungen, beim Tippen genau hinzuschauen. Zum Sperren des Touchscreen gibt es einen Extraknopf auf der linken Seite des Handys. Direkt daneben findet man die Kamerataste, die über einen hervorragenden Druckpunkt verfügt. Alle Tasten des Renoir, auch die drei Knubbeltasten auf der Vorderseite und die Lautstärkewippe haben knackige Druckpunkte und lassen sich gut erfühlen.

Ausstattung

Die technischen Daten der KC910-Kamera übertreffen den ärgsten Konkurrenten Samsung M8800 Pixon sogar noch. 8-Megapixel-Linse von Schneider-Kreuznach, Xenonblitz, Bildstabilisator, ISO 1600, Autofokus, manueller Fokus, Beauty shot, Gesichtserkennung, Smile shot, Blinzelerkennung und Lichtoptimierung. Letztendlich ist aber egal, wie viel Technik in einem Gerät steckt, wichtiger ist das Ergebnis. Das LG-Handy schafft recht scharfe Innenaufnahmen, die dank Lichtoptimierung und ISO 1600 gut ausgeleuchtet sind. Bildrauschen tritt dabei natürlich deutlicher als bei Außenaufnahmen auf, hält sich aber in Grenzen. Offensichtlich leistet die Software bei der Rauschunterdrückung gute Arbeit. Auch bei Blitzaufnahmen in völliger Dunkelheit überzeugt das Renoir. Im Durchschnitt leuchtet der Xenon-Blitz Motive bis 3,5 Meter gut aus.

Insgesamt liefert das Renoir eine sehr gute Vorstellung beim Fotografieren ab. Bei Außenaufnahmen am Tage kommt es zwar nicht an das Pixon heran und auch bei Nachtaufnahmen ohne Blitz gerät es ins Hintertreffen, punktet aber durch den guten Bildstabilisator bei Innen- und Blitzaufnahmen. Auch der Videomodus schneidet trotz geringfügig niedrigerer Auflösung durch die bessere Zeitlupenfunktion und die zusätzliche Zeitrafferfunktion etwas besser ab.

Fast genauso viel Zeit wie beim Abspielen der Musikstücke vergeht beim Übertragen der Musik auf das Handy. Für 30 Megabyte Musik braucht das Renoir mit Hilfe des eigentlich schnellen Windows Media Player geschlagene 1 Minute und 20 Sekunden. Hat man diese Hürde einmal übersprungen, landet man in der Musikbibliothek. Dort lässt die spärliche Auswahl nach Künstler, Alben und Genres nichts Gutes erahnen. Wie beim Samsung M8800 Pixon gibt der Player optisch nicht viel her, punktet aber mit der überwiegend fingerfreundlichen Bedienung. Mittig wird das Coverart dargestellt, darüber befindet sich der Auswahlbutton für die Dolby-Mobile-Funktion. LG geht es dabei nicht um Surround-Sound, sondern um ein volleres Klangbild, das unter anderem durch die Anhebung der Bassfrequenzen erreicht wird. Leider ist das die einzige Möglichkeit, den Klang zu verändern. Dem Renoir fehlt ein Equalizer. Dass der Sound des Players dennoch gut ist, verdankt er vor allem dem hervorragend auf das Handy abgestimmten Stereoheadset. Die In-Ear-Kopfhörer produzieren richtig positioniert einen ausgewogenen, basslastigen Sound. Wie schon der Vorgänger, das LG KU990 Viewty, kann das Renoir Filme im DivX-Format abspielen und dank TV-Ausgang auf andere Geräte übertragen.

Trotz HSDPA mit 7,2 MBit/s bauen sich Internetseiten nur langsam auf. Auch wenn man mit einem WLAN-Netz verbunden ist, wird das Renoir nicht viel schneller. Trotz des großen Bildschirms taugt das Handy also kaum zum Surfen. Der Browser bietet ohnehin nicht viel Komfort. Gezoomt wird, indem man den Finger länger auf eine Stelle gedrückt hält, wahlweise auch über einen Tip auf das Lupensymbol und den anschließend eingeblendeten Schieberegler. Außer einer Favoritenverwaltung und einem Verlauf gibt es kaum unterstützende Features. Bei E-Mails sieht es nicht besser aus. Hilfe beim Einrichten von Postfächern erhält man nicht, alle Zugangsdaten muss man akribisch von Hand eingeben. Anschließend werden auf dem großen Display gerade einmal 4 Header angezeigt - im Hochformat. Das Herunterladen der vollständigen E-Mail dauert wie schon der Seitenaufbau beim Browser sehr lang. HTML-Mails werden nicht dargestellt.

Das bekannte 3D-Rennspiel Asphalt 3 läuft auf dem Renoir nur mit extrem abgespeckter Klötzchengrafik schnell und flüssig. Bei der Auswahl der restlichen Spiele geht LG geschickter vor und wählt nur grafisch anspruchslose 2D-Spiele. Die sind zwar durchaus unterhaltsam, ärgerlich ist allerdings, dass es sich dabei lediglich um Demoversionen handelt, die jeweils nur 120 Sekunden angetestet werden können. Voll nutzbar sind nur die beiden M-Toy Spiele, die über den Lagesensor per Bewegung des Handys bedient werden.

Telefonfunktionen / Ausdauer

Beim Renoir setzt LG erstmals auf Widgets. Wie bei Samsung F480, i900 Omnia und M8800 Pixon werden dabei kleine Verknüpfungen aus einer seitlichen Leiste auf den Startbildschirm des Handys gezogen, dort kann man bequem mit einem Fingertip und ohne Umwege in die jeweilige Anwendung wechseln.Die gesamte Bedienoberfläche ist sehr fingerfreundlich gestaltet und logisch strukturiert. Manchmal muss man aber zum beigefügten Stylus greifen, so trifft man im Musikplayer auf Buttons, die etwas zu klein für einen Finger geraten sind. Wirkliche Probleme wirft das aber normalerweise nicht auf. Schlimmer ist, dass der Touchscreen unsensibler reagiert, als zum Beispiel das Pixon. So wird das Schreiben von Nachrichten sowie die Navigation in den Menüs erschwert. Dafür klappt der Schwenk ins Querformat in den wenigen Anwendungen, die ihn unterstützen, extrem schnell.

Die Sprachqualität lässt zu wünschen übrig. Zwar sind Gesprächspartner gut verständlich, klingen jedoch blechern. Richtig schlimm wird es im Freisprechmodus. Der Außenlautsprecher scheppert und klirrt dermaßen, dass Gespräche zur echten Tortur werden. Auch der Nutzer wird von Gesprächspartnern als zu unnatürlich wahrgenommen. Da Höhen fehlen, klingt die Stimme zu dumpf. Grundrauschen lässt sich dagegen kaum wahrnehmen. Die Empfangsanzeige meldete fast immer volle Stärke, dennoch kam es hin und wieder zu kurzen Gesprächsstörungen. Im Vergleich zum schärfsten Konkurrenten, dem Samsung M8800 Pixon, scheint der Akku trotz gleicher Kapazität von 1000 mAh etwas länger zu halten. Über 3 Tage dürfte man bei normaler Nutzung aber auch mit dem Renoir nicht hinauskommen.

Fazit

Mit dem KC910 Renoir macht LG im Vergleich zum Vorgänger Viewty einen deutlichen Schritt nach vorn. Ein Pluspunkt gegenüber der Konkurrenz von Samsung ist das WLAN-Modul, das allerdings wegen des lahmen Browsers beinahe sinnlos ist. Ausschlaggebend für den Kauf des Renoir ist aber die Kamera, auch wenn das Display ebenfalls zum Betrachten von Filmen im DivX-Format einlädt. Die Optik bietet noch mehr technische Spielereien als das Pixon bei ähnlich guter Fotoqualität. Zusätzlich hat das LG einen echten Xenonblitz, auch wenn der bei weitem nicht so hell ist, wie der des Sony Ericsson C905. Unter dem Strich gibt es nur einen einzigen Grund, dass 549 Euro teure Renoir nicht zu kaufen. Und der heißt Samsung Pixon.

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