Praxisproblem: 12 Monate Gewährleistung vom Hersteller wirksam?

07.11.2005 von Johannes Richard
Verkürzte Gewährleistungsfristen der Hersteller, wie sie zur Zeit im IT-Hardwarebereich, insbesondere im Druckersegment zu beobachten sind, sind nicht zwangsläufig wirksam. Die feinen Unterschiede erklärt Rechtsanwalt Johannes Richard.

Im IT-Handel sind viele Großhändler insbesondere jedoch Hersteller dazu übergegangen, ihren Händlern nur noch 12 Monate Gewährleistung einzuräumen. Eine derartige Verkürzung von Gewährleistungszeiten ist für Wiederverkäufer mit erheblichen Problemen verbunden: Gegenüber dem Letztverbraucher muss eine Gewährleistung von 24 Monaten eingeräumt werden. Ansprechpartner für Gewährleistungsfälle ist immer direkt der Händler. Es kann somit nicht nur theoretisch passieren, dass der Endverbraucher nach 15 Monaten einen Mangel feststellt und aus Rechtsgründen einen Anspruch auf Mangelbeseitigung hat. In diesem Fall müsste der Händler die Reparatur aus eigener Tasche bezahlen, da er die Ansprüche nicht an den Hersteller durchreichen kann.

Nach der Verlängerung der gesetzlichen Gewährleistung von 6 auf 12 Monate hat der Gesetzgeber eigentlich durch § 478 BGB die Händler schützen wollen. Gemäß § 478 BGB kann der Händler, wenn es keine weiteren Vereinbarungen gibt, innerhalb der Gewährleistungszeit, die er gegenüber dem Kunden hat, die Ansprüche intern an seinen Händler oder den Hersteller durchreichen. Der Händler ist somit normalerweise während seiner gesamten Gewährleistungsfrist, die er gegenüber dem Letztverbraucher einräumen muss, entsprechend geschützt.

Gib mir mehr für weniger!

Verkürzte Gewährleistungsfristen der Hersteller, wie sie zur Zeit im IT-Hardwarebereich, insbesondere im Druckersegment zu beobachten sind, sind jedoch nicht zwangsläufig wirksam. Eine Lösung bietet hier § 478 Abs. 4 BGB. Der Hersteller kann grundsätzlich die Gewährleistungsfrist gegenüber seinem Händler verkürzen. Dies muss dem Händler jedoch entsprechend vergütet werden. Es heißt insofern in § 478 Abs. 4 BGB, dass eine entsprechende Vereinbarung nur dann getroffen werden kann, wenn dem Händler ein gleichwertiger Ausgleich eingeräumt wird, mit anderen Worten: In Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann der Hersteller nur dann die Gewährleistungszeit verkürzen, wenn der Händler dafür eine Gegenleistung bekommt. Diese kann bspw. darin bestehen, dass dem Händler besondere Einkaufsbedingungen für den Fall eingeräumt werden, dass er eine 12-monatige Gewährleistungszeit akzeptiert.

Auch pauschale Ersatzleistungen sind denkbar, in dem sich der Hersteller bspw. im Gewährleistungsfall verpflichtet, unabhängig von der Art des Mangels ohne Rücksicht auf den jeweiligen Einzelfall eine Pauschale zu zahlen.

Klausel ist vermutlich nicht wirksam

Mit anderen Worten: Wenn der Händler eine 12-monatige Gewährleistung akzeptieren muss, ohne dass hierfür irgendwelche Sonderkonditionen eingeräumt werden, dürfte eine derartige Klausel und Gewährleistungsverkürzung nicht wirksam sein. Eine Wirksamkeit ist im Übrigen nach dem Gesetzestext nur dann gegeben, wenn ein "gleichwertiger Ausgleich" eingeräumt wird. Letztlich müsste ein derartiger Ausgleich dazu führen, dass bei der produktspezifischen Gewährleistungsquote mögliche Reklamationen für den Händler im Durchschnitt ein Nullsummenspiel wäre.

Bei § 478 BGB handelt es sich im Übrigen nicht um eine Norm, die die Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Inhalt hat. Auch eine so genannte Individualvereinbarung, die zwischen Hersteller und Händler ausgehandelt wird, darf ohne entsprechende Ausgleichsansprüche die Gewährleistung nicht unzulässig verkürzen. Derartige Ausgleichsansprüche sind im Übrigen dann wohl nicht zu berücksichtigen, wenn sichergestellt werden kann, dass die Produkte nur an Unternehmen und nicht an Endverbraucher verkauft werden.

Eine pauschale Verkürzung der Gewährleistungsansprüche ohne den so genannten Vorteilsausgleich ist somit unwirksam. Dies hat zur Folge, dass der Händler, der unabhängig von der jeweiligen Regelung natürlich gegenüber dem Endverbraucher für Gewährleistungsansprüche haftet, seine Ansprüche gegenüber dem Hersteller geltend machen kann. Diese Ansprüche können, wenn die Ware in Deutschland bezogen wurde, vor einem deutschen Gericht geltend gemacht werden. Händler sind somit den zum Teil willkürlichen Verkaufsbedingungen der Hersteller nicht schutzlos ausgeliefert.