Suse im Fokus

Plötzlich im Scheinwerferlicht

30.09.2021
Während der Softwareanbieter Suse in der IT-Branche seit vielen Jahren bekannt ist, war er bei Anlegern bislang nicht auf dem Radar.
Das Management um Suse-CEO Melissa Di Donato sieht das Unternehmen auf Kurs.
Foto: Suse

Doch das hat sich 2021 geändert: Innerhalb von vier Monaten ist das Unternehmen erst an die Börse gegangen und dann in den SDax aufgestiegen. Was bei dem Unternehmen los ist, was die Analysten sagen und was die Aktie macht.

Das tut sich bei Suse

Wer sich auf der Website von Suse umschaut, vermutet wohl erst einmal keine komplexere Thematik. Die Seite ist bunt gehalten in Grüntönen und orange, geschmückt mit stark vereinfachten Zeichnungen und außerdem findet sich immer wieder das Tier aus dem Firmenlogo: Ein Chamäleon.

Dieses dürfte wohl für die Anpassungsfähigkeit der Produkte von Suse stehen. Das Akronym steht für Software- und Systementwicklung. Dreh- und Angelpunkt der Produktpalette ist das Betriebssystem Linux, welches nach wie vor als Alternative zu den Systemen von Microsoft und Apple gilt. Befürworter loben vor allem die Anpassungsfähigkeit und die damit verbundene Sicherheit, da Linux als Open-Source-Software konzipiert ist und so der Quellcode transparent ist und von Softwareentwicklern auf der ganzen Welt weiterentwickelt werden kann.

Die Linux-Plattform des Unternehmens bietet Experten zufolge die Basis für SAP-Systeme, Autosoftware und Satellitenbetriebszentren. Zu den Kunden gehören Konzerne aus allen Branchen wie beispielsweise Continental, Airbus und Walmart , aber auch Institutionen wie die Europäische Weltraumbehörde ESA.

Doch auch wenn Suse in den IT-Abteilungen branchenübergreifend vermutlich längst mehr als nur ein Begriff ist und das Unternehmen bereits 1992 gegründet wurde, dürfte es erst mit dem Börsengang im Mai einer breiteren Masse bekannt geworden sein.

Seit November 2020 gehört zu Suse auch das kalifornische Unternehmen Rancher Labs. Unter der Marke Suse Rancher wird ebenfalls Open-Source-Software angeboten, allerdings für Kubernetes. Die ursprünglich von Google entwickelte Software dient zur Bereitstellung, Verwaltung und Automatisierung von Container-Anwendungen. Diese Technologie ist vor allem wegen ihrer hohen Standardisierung, Automatisierung und Skalierbarkeit in der IT-Branche beliebt. Weitere Zukäufe schließt Suse nicht aus.

Die Geschäfte bei dem Unternehmen laufen gut: Im dritten Geschäftsquartal bis Ende Juli 2021 erzielte Suse einen Umsatz von 151 Millionen Dollar - rund 21 Prozent mehr als ein Jahr zuvor und mehr als von Analysten im Schnitt erwartet hatten. Der bereinigte operative Gewinn (Ebitda) legte um zehn Prozent auf 55,2 Millionen Dollar zu. Die bereinigte operative Marge lag mit 37 Prozent über dem Zielwert für das Gesamtjahr.

Das Management um Suse-Chefin Melissa Di Donato sieht das Unternehmen auch bei der Gewinnentwicklung im Tagesgeschäft auf Kurs. Sonderposten herausgerechnet, sollen im gesamten Geschäftsjahr bis Ende Oktober weiterhin etwa 35 Prozent des Umsatzes als operativer Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (bereinigtes Ebitda) bei Suse hängen bleiben.

Das macht die Suse-Aktie

Seit Suse im Mai 2021 an die Börse gegangen ist, gleicht der Aktienkurs einem Scherenschnitt. Die ursprüngliche Preisspanne beim Börsengang Mitte Mai hatte bei 29 bis 34 Euro gelegen und diese Spanne wird seitdem auch in voller Breite am Markt gehandelt. Laut Experten könnten die starken Ausschläge auch darauf zurückzuführen sein, dass der Markt keine Daten über historische Ergebnisse hat.

Ausgegeben wurden die Suse-Aktien zu 30 Euro - einem Niveau, auf dem sie sich zunächst einige Tage hielten. Einen Monat später kam Bewegung in die Aktie: Sie sprang erst bis auf 37,61 Euro nach oben, läutete dann aber wieder eine Talfahrt ein, die im Juli 2021 mit 25,56 Euro unter dem Ausgabepreis endete. Damals waren die Zahlen zum zweiten Quartal 2021 bekannt gegeben worden. Seitdem wurde der Kurs von der Aufnahme in den SDax, einem besseren dritten Quartal 2021 und optimistischeren Jahreszielen angetrieben. Vor einer Woche mündete die Rally bei 38,87 Euro auf einem Rekordhoch. Aktuell notieren die Papiere wieder einige Euro darunter. Seit dem Börsengang haben sie 17 Plus gemacht.

Damit wird Suse momentan mit sechs Milliarden Euro an der Börse bewertet, wobei sich aber nur gut ein Fünftel des Unternehmens in Streubesitz befindet. Von dem Börsengang dürfte deshalb vor allem der schwedische Finanzinvestor EQT profitiert haben, der Suse 2019 gekauft hatte.

Seit der Aufnahme in den SDax hat sich das Handelsvolumen der Suse-Aktien deutlich verstärkt. Waren es zuvor zwischen 10.000 und 30.000 Stück pro Tag im Handelssystem Xetra, wurden am ersten Tag rund 415.000 Stück gehandelt. Mittlerweile hat sich das Volumen zwischen 60.000 und 80.000 eingependelt.

Das sagen die Analysten

Auch die Experten haben Suse natürlich mittlerweile auf dem Zettel. Das durchschnittliche Kursziel der sechs von dpa-AFX ermittelten Analysten liegt bei 39,50 Euro. Wobei die Experten von Bank of America und Morgan Stanley ihre Einschätzung seit Ende Juni nicht mehr erneuert haben. Berücksichtigt man nur die übrigen vier Analysten, ergibt sich ein durchschnittliches Kursziel von 38,50 Euro.

Am optimistischsten ist Gautam Pill von Goldman Sachs mit einem Kursziel von 46 Euro. Seiner Meinung nach ist Suse gut positioniert, um vom Wachstum der digitalen Transformation zu profitieren. Als Grund nennt er das offene Partner-Netzwerk sowie den Vorteil, nicht an einen bestimmten Anbieter gebunden zu sein. Zudem gewinnt das Unternehmen seiner Wahrnehmung nach innerhalb der Kundenbasis weitere Marktanteile. Er empfiehlt die Papiere deshalb zum Kauf. Auch Deutsche-Bank-Analyst Johannes Schaller glaubt an die Wachstumsstory des Softwareanbieters. Das unerwartet gute dritte Quartal und die Prognoseerhöhung hätten das Anlegervertrauen wieder aufgebaut.

Die Experten von JP Morgan und Jefferies bleiben mit ihren Empfehlungen, die Papiere lediglich zu halten, hingegen etwas verhaltener. In den Studien wurden zwar auch der optimistische Ausblick und die übertroffenen Erwartungen bei den Quartalszahlen gelobt. Aber der Markt für Open-Source-Software sei relativ einfach zu betreten, schrieb Stacy Pollard von JP Morgan in einer Studie von Mitte September, sodass Suse potenziell einem stärkeren Wettbewerb ausgesetzt sein könnte. Zudem könne das Unternehmen bei der Anpassung an sich verändernde Technologietrends auch in Hinblick auf die Zeit nach der Corona-Pandemie vor Herausforderungen stehen. (dpa/rw)