Am 10. August 2011 haben die Schweiz und die Bundesrepublik über den Abschluss eines Abkommens zur Regelung offener Steuerfragen informiert. Der genaue Wortlaut der Übereinkunft wurde zwar noch nicht veröffentlicht, die wesentlichen Eckpunkte sind aber bereits bekannt. Künftige Kapitalerträge werden danach über eine von den Schweizer Banken einzubehaltende anonyme Abgeltungsteuer erfasst. Die Höhe beträgt 26,375 Prozent, was der deutschen Abgeltungsteuer von 25 Prozent zzgl. 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag entspricht.
Um zu verhindern, dass weiter unversteuertes Geld in der Schweiz angelegt wird, hat sich die deutsche Seite das Recht ausbedungen, künftig Auskunftsgesuche stellen zu dürfen, die den Namen des Kunden, nicht jedoch den der Bank enthalten müssen. Die Gesuche bedürfen eines Anlasses und sind auf 750 bis 999 Anfragen innerhalb von zwei Jahren beschränkt. Hierdurch sollen willkürliche Anfragen ins Blaue hinein verhindert werden.
Durch diese Auskünfte besteht eine erhöhte Entdeckungsgefahr. Denn der deutsche Fiskus erhält die Möglichkeit eine Schweizer Bankverbindung offen zu legen, die er noch gar nicht kennt. Als Anlass könnten etwa schon Erkenntnisse über ungeklärte Vermögenszuwächse in Verbindung mit häufigen (Geschäfts-)Reisen in die Schweiz, ausreichen.
Deutschland hat sich demgegenüber verpflichtet, keine weiteren "Steuer-CDs" anzukaufen und die Strafverfolgung von Schweizer Bankmitarbeitern wegen möglicher Beihilfe zu Steuerdelikten deutscher Kunden künftig zu unterlassen. Ferner wird den Schweizer Banken ein erleichterter Zugang zum deutschen Markt gewährt werden.
Kernpunkt des Abkommens ist indessen die vergangenheitsbezogene Nachbesteuerung deutschen unversteuerten Vermögens bei Schweizer Banken.
Die Banken werden insoweit jeweils 19 bis 34 Prozent des Vermögensbestands einbehalten und anonym an den deutschen Fiskus abführen. Durch das Abkommen werden Schweizer Banken also quasi zu Einziehungsstellen des deutschen Fiskus.
Die genaue Höhe des Einbehalts hängt von der Dauer der Kundenbeziehung sowie des Anfangs- und des Endbestands des angelegten Kapitals ab. Näheres ist noch nicht bekannt.
Steuer- und Straffreiheit
Den besonderen Charme erhält die Regelung dadurch, dass die Betroffenen durch den Abzug Steuer- und Straffreiheit für die Vergangenheit (Amnestie) erlangen.
Die avisierte Regelung soll erst zum 1. Januar 2013 in Kraft treten und muss noch von den nationalen Gesetzgebungsorganen bestätigt werden. In Deutschland ist auch die Zustimmung des Bundesrats erforderlich. Die Umsetzung gilt als noch nicht gesichert.
Das Abkommen bietet deutschen Inhabern von Schwarzgeldkonten in der Schweiz eine neue, durchaus erwägenswerte Option, in die Steuerehrlichkeit zurückzufinden.
Die pauschalierte Abgeltungssteuer hat gegenüber der Selbstanzeige den Vorteil der Anonymität, weil die Bank den Namen des Kontoinhabers nicht preisgibt. Der automatische pauschalierte Abzug ermöglicht dem Steuerpflichtigen ein zügiges und unbürokratisches Verfahren. Schließlich fallen weder Zinsen noch Hinterziehungszinsen an.
Ob die Abgeltungsteuer (Amnestie) am Ende wirklich die bessere und günstigere Wahl ist, muss im Einzelfall jeweils geprüft werden. So wird die Selbstanzeige jedenfalls bei Anlagen mit geringen Kapitalerträgen (z.B. Aktiendepots) trotz anfallender Jahreszinsen von sechs Prozent i.d.R. deutlich günstiger sein. Ungeklärt ist auch die Frage, wie die Amnestie gegenüber den deutschen Strafermittlern nachgewiesen werden kann, wenn diese erst nach erfolgtem Steuerabzug Kenntnis von dem Schweizer Konto erlangen. Wegen der Anonymität wird es eine entsprechende Bescheinigung der Schweizer Bank oder gar einer Schweizer Behörde nicht geben.
Ratifizierung nicht gesichert
Selbstanzeigewillige sollten bedenken, dass die Ratifizierung des Abkommens nicht gesichert ist und das Abwarten bis zum Inkrafttreten des Abkommens, voraussichtlich zum 01.01.2013, einem Wettlauf mit der Zeit gleichkommt.
Wie bekannt geworden ist, haben die Länderfinanzverwaltungen zwischenzeitlich mindestens acht CDs mit Informationen über Schweizer Bankkonten deutscher Staatsangehöriger gekauft. Die Auswertung ist hier noch längst nicht abgeschlossen. Entdeckt das Finanzamt einen solchen Sachverhalt vorher, wäre die Amnestie für den Betroffenen für immer ausgeschlossen.
Es bleibt zu hoffen, dass die genauen Bedingungen der geplanten Abgeltungsteuer für die Vergangenheit bald feststehen, damit im Einzelfall die Wahl zwischen der regelmäßig günstigeren Selbstanzeige und der Amnestie getroffen werden kann. Betroffene sollten die Beratung eines in diesen Fragen versierten Steueranwaltes in Anspruch nehmen.
Der Autor Hans Georg Hofmann ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerstrafverteidiger und Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V.
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