Weshalb sich der Channel auf das Cloud-Business einstellen muss und welche Rolle App-Marktplätze hier spielen werden, erläutert Klaus Berle, Leiter Cloud Competence Center Deutschland bei HP, im Interview mit ChannelPartner.
Was sind Ihrer Erfahrung nach bei Ihren Endkunden die klassischen Auslöser, um sich mit Cloud-basierten Modellen auseinanderzusetzen?
Berle: Vor zwei Jahren ging es hauptsächlich um Kosten, heute stehen Flexibilität und Schnelligkeit im Vordergrund. So wollen zum Beispiel viele Mittelständler ihre Märkte in den schnell wachsenden BRIC-Ländern besetzen. Dazu müssen sie einerseits die IT-Kapazitäten vor Ort schnell hochfahren. Andererseits wollen sie dabei keine großen finanziellen Risiken eingehen, dazu ist die Wirtschaftslage zu unsicher. Sprich: sie brauchen eine IT, die sich schnell nach oben und unten skalieren lässt, und deren Leistungen nach Verbrauch abgerechnet werden. Eben das leistet Cloud Computing. Langfristig werden Unternehmen große Teile ihrer Commodity-IT in Form von standardisierten Cloud-Diensten beziehen, weil sich die Rolle der IT-Abteilung wandelt. Sie wird zunehmend als Innovationsquelle für das Kerngeschäft gesehen und nicht mehr als Betreiber der Basis-IT.
Ersetzt das Cloud-Business Ihrer Erfahrung nach den klassischen Verkauf von IT-Hard- und Software oder ist es eher ein Zusatzgeschäft?
Klaus Berle: Das Cloud-Geschäft geht fast komplett zu Lasten des traditionellen Verkaufs von Hardware und Software, deshalb müssen Partner eigene Cloud-Geschäftsmodelle etablieren. Beispielsweise in der Beratung und Integration oder mit spezialisierten Lösungen im Bereich Software as a Service (SaaS).
Gerade im Bereich SaaS gibt es aber bereits viele Angebote, die so günstig sind, dass Partner kaum mehr daran verdienen können…
Berle: Billigangebote aus dem Internet können zwar in Teilbereichen den Preis drücken - die andere Seite der Medaille ist aber, dass Kunden solche Angebote sehr sorgfältig auswählen, prüfen, verwalten, steuern und mit der eigenen IT integrieren müssen. Hier eröffnen sich für Systemhäuser, Reseller, Softwarehersteller und Service Provider neue Geschäfts- und Umsatzchancen. Dazu gehört zum Beispiel die Rolle des Cloud Brokers, der aus der Fülle der Sourcing-Optionen die besten auswählt und in die Kunden-Umgebung integriert.
In welchen Bereichen werden sich Cloud-Lösungen etablieren (private, hybrid, public) und in welchen Bereichen wird die Cloud auch künftig keine wesentliche Rolle spielen?
Berle: Cloud-Lösungen werden überall eine wichtige Rolle spielen. Denn die Auswahl an verschiedenen Private- und Public-Cloud-Modellen ist inzwischen so groß, dass sich die Cloud-Variante sehr präzise an die jeweiligen Anforderungen anpassen lässt. Beispielsweise gibt es oft betriebswirtschaftliche, rechtliche oder kulturelle Gründe, die einer Auslagerung von Daten und Infrastruktur im Wege stehen. Dezentrale Cloud-Konzepte machen es möglich, in solchen Fällen die Cloud-Dienste aus dem eigenen Rechenzentrum zu beziehen, ohne dass man dafür eine separate Private-Cloud-Infrastruktur finanzieren oder aufbauen müsste.
Welche Rolle werden Applikations-Marktplätze der Hersteller künftig für das SaaS-Geschäft spielen?
Berle: Zentrale SaaS-Marktplätze nach dem Vorbild von Apples Appstore werden einer von mehreren Vertriebswegen für Cloud-Dienste sein. Sie werden im Geschäftskundensegment aber niemals eine Bedeutung wie im Privatkundensegment erlangen. Dafür gibt es Gründe auf Anbieter- und auf Kundenseite. Software-Hersteller oder Systemhäuser wollen ihre Kundenbeziehungen meist nicht an die großen Marktplatz-Betreiber abtreten. Und Kunden brauchen Broker-Dienstleistungen, die weit über die bloße Marktplatzfunktion hinausgehen - beispielsweise die Integration der Anwendungen, Berechtigungs-Management und die Einbindung in die internen Verrechnungssysteme. Es wird deshalb eine Vielzahl von Marktplätzen geben, die von Resellern, System- und Softwarehäusern zusammen mit Integrations- und Beratungsdienstleistungen angeboten werden. Das können zum Beispiel Community Clouds mit Diensten für bestimmte Branchen sein. Für die großen Anbieter bedeutet das wiederum, dass sie dezentrale Plattform-Konzepte anbieten müssen, die ihre Partner dazu in die Lage versetzen, als Cloud-Broker für ihre Kunden tätig zu sein.
Je höher der Cloud-Anteil, desto geringer fallen in der ersten Phase beim Vertriebspartner die Umsätze mit Hard- und Software aus. Anhand dieser Umsätze erfolgt jedoch auch die Einstufung des Resellers im Partnerprogramm. Inwiefern honorieren Sie das Engagement der Partner in Richtung Cloud tatsächlich?
Berle: Wir unterstützen unsere Partner dabei, ein erfolgreiches Cloud-Geschäftsmodell aufzubauen und zu betreiben. Zu diesem Zweck haben wir in Deutschland das HP Preferred Cloud Partner Program etabliert. Im Rahmen dieses Programms unterstützen wir unsere Partner mit Beratung, Schulungen, Marketing, Demosystemen, Sonder-Einkaufskonditionen, Finanzierung und gemeinsamem Go-to-Market. Außerdem haben wir mit HP cCell Services ein Cloud-Modell speziell für unser Partner-Ökosystem in Deutschland auf den Markt gebracht. Es versetzt unsere Partner in die Lage, ohne große Investitionen ein eigenes Cloud-Portfolio aufzubauen.
Was sind Ihrer Erfahrung nach die größten Hürden, die Vertriebspartner beim Wandel ins Cloud?
Berle: Die Hürden sind je nach Partner-Kategorie unterschiedlich. Klassischen Resellern fehlt oft das Wissen und die Erfahrung, wie man Cloud-Lösungen verkauft, einführt und betreibt. Software-Hersteller müssen ihre Anwendungen SaaS-fähig machen. System- und Beratungshäuser müssen Cloud-spezifisches Technologie-Know-how aufbauen, außerdem brauchen sie Demokapazitäten und müssen gegebenenfalls eigene Betriebsumgebungen aufbauen. Um diese verschiedenen Anforderungen abzudecken, haben wir in unserem HP Preferred Cloud Partner Program vier verschiedene Cloud-Partner-Kategorien etabliert. In jeder dieser Kategorien bieten wir unseren Cloud-Partnern die spezifische Unterstützung, die sie brauchen.
(rb)