Support und Kundenservice sind mit viel Aufwand verbunden. Unternehmen, die das Thema Outsourcing auf dem Tisch haben, kämpfen mit hohen Personalkosten, restriktiven Strukturen, Kapazitätsengpässen, einer ungenügenden Verteilung der Ressourcen und einer nicht immer zufriedenstellenden Servicequalität. Outsourcing ist ein gewinnbringender Ausweg aus diesem Dilemma. Outsourcing reduziert die operativen Kosten (Sach- statt Personalkosten, der Fixkostenblock reduziert sich).
Unternehmen haben Zugriff auf Personal, das intern nicht zur Verfügung steht. Und sie können flexibel auf strategische Änderungen reagieren. Mit Outsourcing lassen sich gezielt Verkäufe steigern (Cross/Upselling bei Bestandskunden) und Neukunden gewinnen. Auch gezielte Maßnahmen zur Reduktion der Kontakte pro Kunde lassen sich damit umsetzen. Outsourcing ist ein mächtiger Effizienz- und Verkaufstreiber. Wenn man richtig damit umgeht.
Warum Outsourcing oft schiefläuft
Doch die Rechnung geht nicht immer auf. Oft erweist sich die Dienstleistung als deutlich teurer und die gewünschte Serviceverbesserung lässt auf sich warten. Das hat verschiedene Gründe. Bei den meisten Vergabe-Entscheidungen liegt der Fokus zu sehr auf Kostenreduzierung und die Umsetzung erfolgt mit viel Aktionismus auf Basis nicht sauber definierter Leistungs- und Anforderungskataloge.
Es gibt häufig keine Service-Level-Vereinbarung oder es werden Bearbeitungszeiten definiert, die vorher nicht ausreichend überprüft wurden. Insbesondere das Outsourcing-Modell hinsichtlich Benchmark-Fähigkeit, klarer Verantwortlichkeiten und Kommunikationsstrukturen ist unzureichend durchdacht. Darüber hinaus sind in den Vertragswerken essentielle Punkte nicht geregelt wie z.B. der Umgang mit Fluktuationsausgleich, Bonus/Malus-Mechanismen bei der Verfehlung von Leistungsgrenzen oder Anforderungen an die Mitarbeiterführung.
Ziel: Auslagerung ohne Service-Einbußen
Die Korrelation zwischen Mitarbeiterzufriedenheit und Kundenzufriedenheit und damit die emotionale Bindung von Kunden ist auch im Outsourcing relevant. Wem hilft es, Servicekosten zu reduzieren und auf diesem Weg Kunden zu verlieren? Auch beim Outsourcing müssen die Erwartungen und Anforderungen der Kunden im Vordergrund stehen, denn das oberste Ziel ist: Kunden langfristig emotional an das Unternehmen zu binden!
Unternehmen sollten wissen, was sie von ihrem Lieferanten erwarten und welche Kosten hierfür realistisch sind. Die Serviceziele müssen feststehen und ihre Erfüllung muss regelmäßig überprüft werden. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Ergebnisse aus unseren Kundenbefragungen in unterschiedlichen Branchen und bei unterschiedlichen Kundengruppen:
1. Die Bearbeitungszeit stufen Kunden in der Wichtigkeit generell als sehr hoch ein. Wenn die Bearbeitungszeit (diese ist je Kontaktgrund sehr unterschiedlich) zu hoch ist, ist jedoch nicht nur der Kunden höchst unzufrieden, sondern Unternehmen erzeugen exponentiell steigende teure Folgekontakte.
2. Die Erstlösungsquote ist ebenfalls ein elementarer Treiber für die Kundenzufriedenheit. Kunden, deren Anliegen oder Problem direkt beim ersten Kontakt gelöst oder zumindest klar beantwortet wurde, äußern sich in Kundenzufriedenheitsbefragungen zu 75% als zufrieden oder sehr zufrieden mit dem Unternehmen. Kunden, deren Problem zügig gelöst werden konnte, nehmen selbst längere Wartezeiten oder schlechte Erreichbarkeiten in Kauf.
3. Die Lösungskompetenz der Mitarbeiter ist die Basis für eine hohe Erstlösungsquote. Die Auswahl qualifizierter, fair bezahlter und gut ausgebildeter Mitarbeiter sowie gut strukturierte Prozesse (z.B. Entstör-Leitfäden bei technischen Problemen) sorgen für eine hohe Lösungskompetenz, die sich auch nicht negativ auf die Bearbeitungsdauer auswirkt. Dies belegen zahlreiche unserer Studien und Praxisbeispiele.
4. Eine faire Behandlung des Kunden - und zwar unabhängig von dessen Vertragsstatus und Potenzial - ist als sogenannter Hygienefaktor die Grundvoraussetzung für dauerhaft gute Beziehungen zwischen Unternehmen und Kunde. Die respektvolle Behandlung ist der Schlüssel zur Loyalität und Voraussetzung für die so wichtige Weiterempfehlungsbereitschaft.
Die häufigsten Kündigungsgründe sind hingegen branchenübergreifend
zu lange Bearbeitungsdauer/Problemlösung,
eine als unfair empfundene Preisgestaltung,
nicht gewährte Kulanz/kein Entgegenkommen v.a. bei langjährigen Bestandskunden,
Intransparenz und schlechte/chaotische Bearbeitung der Kundenanliegen.
Wie muss Outsourcing gestaltet werden?
Wer mit effizientem Service Kunden langfristig binden will, sollte deshalb alle Kundeninteraktionsprozesse und Wirkungsmechanismen kennen und den Dienstleister über diese Parameter steuern. Nur wer diese Transparenz schafft, sieht, ob der Dienstleister preislich richtig ausgerichtet ist und ob die geforderten Leistungsparameter erfüllt werden. Grundlage hierfür ist eine exakte Prozesszeitenmessung und Volumenbestimmung. Erst auf dieser Basis ist ein spezifiziertes Lastenheft und eine vernünftige Ausschreibung und Verhandlung von Servicedienstleistungen möglich.
Selbst große Service-Center, die Millionen Endkunden betreuen, haben oft keinen exakten Überblick über die tatsächlichen Prozesszeiten im Service. Support verändert sich mit den Produkten und damit verändern sich die Lösungswege. Entsprechend findet man in den Bearbeitungsschritten nach einiger Zeit immer mehr Nebenäste und "Wildwuchs".
Eine Prozesszeitenmessung lichtet das Dickicht und schafft auch im laufenden Betrieb Abhilfe. Gemessen werden:
Verschwendungszeiten/Zeiten ohne Kundennutzen,
der Einfluss von Cross- und Upselling auf Bearbeitungszeiträume,
Zeiten, die durch Vorgangsunterbrechungen entstehen,
Anzahl und Anteil von Mehrfachkontakten,
Anzahl und Anteil von Folgekontakten,
Anzahl der Weiterleitungen und ihre Hauptursachen (Hauptgründe sind in der Regel: zu eng gesteckte Kompetenzgrenzen im First-Level sowie ein nicht transparenter und unterschiedlicher Wissensstand in den Teams),
systembedingte Performanceschwankungen bzw. Unregelmäßigkeiten im Betriebsablauf,
unterschiedliche Arbeitsweisen zwischen Teams,
Schnittstellenprobleme.
Wofür brauchen Mitarbeiter wie lange?
Alle zwei bis drei Jahre sollte man die Serviceabläufe unter die Lupe nehmen. Die Analyse ermittelt auch den notwendigen Spezialisierungsgrad der Mitarbeiter. Auch der veränderte Kapazitätsbedarf für eine neu ausgerichtete Marktbearbeitung, für die Einführung neuer Produkte, die Umstellung von CRM-Systemen oder aufgrund regulatorischer Vorschriften lässt sich damit sauber ermitteln.
Erhoben werden diese Daten vor Ort. Auch die Verteilung der Anrufe nach Volumen, Kontaktkanal und Dienstleister bzw. Standort lässt sich festhalten.
Die Analyse beantwortet folgende Fragen:
Wie lange brauchen die Servicemitarbeiter durchschnittlich für eine Bearbeitung eines Vorgangs?
Wo übersteigt die Bearbeitungszeit das avisierte Soll und warum ist das so?
Welche Schritte gehen schneller, was bleibt liegen?
Wie schnell kann ein professioneller Agent den Prozess abarbeiten? (im Unterschied etwa zu einem internen Mitarbeiter, der neben dem Telefon noch andere Dinge im Fachbereich erledigt).
Gemessen werden unter anderem:
die Handling-Zeiten einzelner Arbeitsschritte inklusive Nachbearbeitung,
die zeitliche Verteilung innerhalb der Prozesse,
Qualitätsmerkmale wie die Anzahl der Prozessabbrüche und die First-Solution-Rate,
der Anteil schriftliche versus telefonische Prozesse.
Transparente Prozesse, exakte Kapazitätsbestimmung
Nicht selten lassen sich durch eine solche Analyse 20-40 Prozent der Servicekosten einsparen mit zusätzlich positiven Kundenzufriedenheitseffekten und der Chance mehr vertriebsaktive Zeit zu generieren. Zudem erkennt man, an welchen Stellen es im Service hakt, wo die Bearbeitung zu lange dauert und kann umstrukturieren. Oder es gelingt interne, zuvor in Mischtätigkeiten bearbeitete Serviceanfragen intelligent zu bündeln. Auch die Bearbeitung von Beschwerden lässt sich auf Effektivität und "Preis-Leistungsverhältnis" prüfen. Auf jeden Fall erhält man eine belastbare Grundlage für die exakte Ausrichtung des Outsourcing-Modells.
Dienstleister über KPIs steuern
Darüber hinaus sollten die Fachbereiche KPIs definieren, über die sie die Qualität und Leistung des externen Supports laufend steuern und kontrollieren. Diese KPIs gehören in jeden Rahmenvertrag mit einem Dienstleister:
Forecast-Erreichung
Auslastungsgrad
Erreichbarkeit,
Service Level,
First-Solution-Rate,
Fachkompetenz,
Vertriebskompetenz,
Soft Skills.
Die Kundenerwartungen an einen effektiven und lösungskompetenten Service steigen. Dies und das hierfür notwendige Budget müssen Unternehmen im Blick behalten. Deshalb kommen die Fachbereiche um eine genaue Analyse der Kundeninteraktionsprozesse, dem damit verbundenen zeitlichen und personellen Aufwand und der angestrebten und erreichten Servicequalität nicht herum. Viel zu oft wird zu viel für aufwändige, kaum befriedigende Serviceleistungen bezahlt.
Wer hingegen exakt nachmisst, reduziert seine Kosten, erhöht die Servicequalität und -performance und steigert damit Kundenzufriedenheit und Kundenbindung. Eine Chance, die sich angesichts wechselwütiger Kunden heute niemand entgehen lassen darf. (rw)
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