Adobe Photoshop Lightroom 3

Optimierte Raw-Bearbeitung (ausführlicher Test)

06.07.2010 von Mike Schelhorn
Adobes Fotoworkflow-Software und Raw-Konverter geht mit Performance- und Qualitätsoptimierungen in die dritte Runde. Daneben gibt es auch sinnvolle funktionale Neuerungen wie eine automatische Objektivkorrektur.

Für die dritte Version von Adobe Photoshop Lightroom gab es für die Entwickler Arbeit an zwei großen Baustellen: Seit der Konzeption des Programms im Jahr 2003 ist die Megapixel-Zahl von Digitalkameras deutlich gewachsen - entsprechend musste die Software bei der Verarbeitungsgeschwindigkeit nachlegen. Das ist gelungen: Importe, Bildaktualisierungen und Stapelverarbeitungen gehen merklich schneller im Vergleich zur Vorgängerversion. Das gleichzeitige Abarbeiten mehrerer Prozesse hält sich aber in Grenzen, da laut Adobe die Bearbeitungen des Anwenders Präferenz haben. Ein modifiziertes Demosaicing, verbesserte Schärfe- und Entrauschungsfunktion sowie die neuen Objektivkorrekturfunktionen sollen für bessere Qualität bei der Raw-Entwicklung sorgen.

Das Demosaicing, das Zusammensetzen des Farbbilds aus den Raw-Bildinformationen, hat eine neue Methode, um Übergänge an Lichtquellen und Spiegelungen sowie feine Texturen besser darzustellen. Neu ist auch, dass das Programm sogenannte Hotpixel (Fehlerpixel des Sensors) erkennt und durch Nachbarpixel ersetzt und schließlich soll das die neue Methode auch für eine bessere Grundschärfe bei Raw-Aufnahmen sorgen. Diese lässt sich mit den erneuerten Schärfe-Einstellungen verbessern, die im Vergleich zum Vorgänger bei leichten Überschärfungen eine Kornstruktur statt Scharfzeichnungskanten aufzeigt. Eine angewendete Schärfung wird nun auch in kleineren als der 1:1-Darstellung angezeigt. Nach wie vor ist die Lightroom-Schärfung nur eine so genannte Aufnahmeschärfung - Anwender sollten Bildexporte aus Lightroom nochmals schärfen, wenn sie die endgültige Ausgabebildgröße festgelegt haben.

Die deutlichste Verbesserung bei den Entwicklungswerkzeugen zeigt sich bei der vormals fast unbrauchbaren Rauschreduzierung. Die nach Farb- und Luminanzrauschen getrennten Regler erlauben nun eine effektive Rauschreduzierung bei Aufnahmen mit hohen ISO-Werten, die bei Detailerhaltung und Schutz der Bildschärfe an die Leistung von Spezialisten wie Noise Ninja heranreicht.

Effektive Objektivkorrektur

Mit der Möglichkeit einer automatischen Objektivkorrektur auf Basis von Objektivprofilen macht Lightroom 3 jetzt dem Raw-Konverter DxO Optics Pro in seiner Spezialdisziplin Konkurrenz. Dabei werden objektivbedingte Verzeichnungen, chromatische Aberrationen und Randabdunklungen korrigiert, wobei sich die Stärke der Korrektur jeweils über einen Regler einstellen lässt. Zum Start von Lightroom 3 (und Camera Raw 6.1) liegen bereits Objektivprofile aller gängigen Objektive von Nikon, Canon und Sigma vor sowie einige Profile von Objektiven von Sony und Tamron. Anhand der Exif-Daten der Aufnahme wird das passende Korrekturprofil automatisch aktiviert. Anwender können auch eigene Korrekturprofile erstellen, wozu Adobe auf der Adobe-Labs-Website das Programm Lens Profile Creator bereitgestellt hat.

Die Korrektur von Objektivfehlern sowie Perspektivkorrekturen gehören zu den Top-Neuerungen - hier in Anwendung bei einer Aufnahme mit einem 10 mm Weitwinkel.

Die genannten Objektivkorrekturen lassen sich nach wie vor auch manuell (und weniger exakt) regeln, daneben lassen sich nun auch horizontale und vertikale Verkippungen der Kamera und stürzende Perspektiven beispielsweise in der Architekturfotografie ausgleichen. Im Bedienfeld haben wir bei der manuellen Objektivkorrektur einen kleinen Fehler gefunden: Die Option der Zuschnittsbeschränkung lässt sich im Bedienfeld zwar wieder deaktivieren, dabei wird die Bildvorschau aber nicht zurückgesetzt. Die bis jetzt genannten Neuerungen erfordern bei aus früheren Lightroom-Versionen importierten Katalogen eine Aktualisierung auf die neue Prozess-Version 2010. Wir empfehlen dies alleine wegen des verbesserten Demosaicings auch für unbearbeitete Raw-Aufnahmen. Ältere Entwicklungseinstellungen aus den Lightroom-Vorgängerversionen werden dabei beibehalten, jedoch kann die Schärfung leicht anders ausfallen.

Bei den Entwicklungseinstellungen gibt es noch drei weitere Neuerungen. Erfahrenere Bildbearbeiter werden die Punktkurve schätzen, mit der sie anhand von Ankerpunkten den Gradationsverlauf selber steuern können. Das war bislang schon in Camera Raw möglich, während Lightroom nur mit einer parametrischen Gradationskurvenregelung mittels Schiebereglern aufwarten konnte. Im neuen Effekte-Bedienfeld findet man eine Körnung-Regelung, die den Look eines fotografischen Filmkorns simuliert. Die Körnung lässt sich in Stärke, Größe und Unregelmäßigkeit einstellen. Das Lightroom-Konzept erlaubt allerdings nicht, die Größe der Körnung in einer Ausgabe-Bildgröße zu beurteilen. Die Vignettierung nach Freistellen hat nun einen neuen Stil "Lichterpriorität", der einer fotografischen Vignette eher entspricht als die bisherigen zwei Stile.

Neue Importansicht

Der alte Importdialog ist nun durch eine neue Ansicht ersetzt, die besser in den Look der Lightroom-Module passt. Der neue Import-Dialog zeigt klarer den Importweg von Speicherkarte oder Festplatte sowie die gewählten Importoptionen auf und als Quelle können nun auch mehrere Verzeichnisse gleichzeitig gewählt werden. Vier Bedienfelder im Ziel-Bereich sind nun für Dateiverwaltung und -umbennung, der Vergabe von Entwicklungseinstellungen und Stichwörtern sowie der optionalen Einrichtung der Ziel-Unterordner (beispielsweise nach Aufnahmedatum) zuständig. Das Anlegen eines neuen Zielordners hätte man besser lösen können, hier muss man kurzfristig zu einem Finder-Fenster wechseln.

Es gibt nun einen dritten möglichen Importweg: Mit der Tethered-Shooting-Funktion, das angebundene Fotografieren in Lightroom, erfüllt Adobe einen der häufigsten Anwenderwünsche. Das Tethered Shooting erfordert eine Spiegelrefle-Kamera (DSLR) von Canon oder Nikon, unterstützt werden auch ältere DSLRs wie die Canon EOS 350D. Beim Aufruf dieser Funktion erscheint ein Tether-Aufnahmefenster, das die eingestellte Zeit, Blende, ISO-Stufe und Weißabgleich anzeigt. Außerdem kann man eine Entwicklungseinstellung wählen und schließlich hat das balkenförmige Aufnahmefenster auch einen Auslöseknopf.

Neue Ausgabeoptionen

Mit dem benutzerdefinierten Paket lassen sich Fotos auf Druckseiten frei platzieren und skalieren.

Lightroom-Anwender, die einen Fotodrucker ihr eigen nennen, werden den neuen Layout-Stil "Benutzerdefiniertes Paket" schätzen, mit dem sie Druckseiten selber gestalten können. Bilder lassen sich dabei frei positionieren und in der Größe ändern, wobei ein Bildrahmen auch auf Bildausschnitte begrenzt werden kann. Zudem lässt sich statt dem Papierweiß eine Hintergrundfarbe bestimmen. Das benutzerdefinierte Paket eignet sich besonders zur Gestaltung von Fotoalbum-Seiten, jedoch fehlen Photoshop Lightroom dafür noch weitere Text-Funktionen, denn diese beschränken sich auf die Erkennungstafel und die neue Wasserzeichen-Option, die sich bei allen Export-Optionen anwenden lässt. Wasserzeichen können per Texteingabe im Wasserzeichen-Dialogfenster oder als zu importierende PNG-Grafik mit Transparenz gestalten. In der Diashow findet sich eine ebenfalls längst fällige Neuerung. Neben dem wenig geschätzten PDF-Export lassen sich Diashows nun als Video im H.264-Format bis hin zu 1080p-HD-Auflösung mit Ton exportieren. Dabei kann man ein Diashow-Video auf die Länge eines Musiktracks anpassen.

Im Bibliothek-Modul finden sich nun die Veröffentlichungsdienste. Social-Media- und Foto-Sharing-Dienste werden dabei mit einer direkten Schnittstelle aus Lightroom bedacht und Anwender können Uploads auf solche Dienste in Lightroom verwalten und aktualisieren. Den Anfang macht die Schnittstelle zu Flickr - die Aktualisierung der Bildrepräsentanzen funktioniert jedoch nur bei Flickr-Pro-Accounts.

Weitere Neuerungen

Lightroom 3 wartet mit Dutzenden weiterer Neuerungen auf, darunter das Ein- und Ausblenden der Inhalte von Unterordnern in der Bibliotheks-Ansicht oder die Möglichkeit, im Entwickeln-Modul jetzt zwischen verschiedenen Sammlungen wechseln zu können. Letzteres erspart Anwendern das lästige Hin- und Herwechseln zwischen den Modulen Bibliothek und Entwickeln, wenn sie Bilder aus verschiedenen Sammlungen bearbeiten wollen. Ein Wechsel zu einem anderen Ordner ist im Entwickeln-Modul jedoch weiterhin nicht möglich. Ein Zeitsparer ist auch die Möglichkeit, statt bei Programmstart erst am Ende einer Lightroom-Sitzung ein Backup des Katalogs anzulegen. Ebenso nützlich wie notwendig ist die Möglichkeit, Bilder nach verschiedenen Breiten/Höhenverhältnissen zu filtern. Bislang war dies nur mit unveränderten Breit- und Hochformaten möglich, Panoramaformate beispielsweise blieben dabei außen vor. Ein aktives Zielkorrektur-Werkzeug wird nun deaktiviert, wenn zu einem anderen Entwickeln-Bedienfeld mit Zielkorrektur gewechselt wird. Damit werden in Zukunft häufige Anwendungsfehler vermieden, etwa versehentliche Gradationskorrekturen, obwohl der Anwender gerade eine Schwarzweiß-Konvertierung einstellen wollte. (Macwelt/haf)

Photoshop Lightroom 3

Fotoworkflow- und Raw-Konvertierungsprogramm mit verbesserter Performance und Bildqualität

Adobe Systems

Preis: € 296, CHF 430; Upgrade € 95, CHF 138

Note: 1,8 gut

Leistung (30%) 1,5

Ausstattung (30%) 2,1

Bedienung (30%) 1,7

Dokumentation (10%) 2,5

Vorzüge: Gute automatische Objektivkorrektur, deutlich verbesserte Scharfzeichnung, Rauschreduzierung und Demosaicing; eigene Druck-Layouts; viele Detailverbesserungen; Performance

Nachteile: Keine neuen Farbmanagementoptionen wie Softproofing, gelegentliche Importfehler bei Katalog-Updates

Alternative: Apple Aperture 3, Bibble, Capture One Pro, DxO Optics Pro

Ab Mac OS X 10.5 oder 10.6, Mac mit Intel-Prozessor, ab 2 GB RAM

www.adobe.de