VR

Online-Shopping in der virtuellen Realität

20.09.2019 von Marco Speicher
Fast jeder hat schon einmal online etwas gekauft und sich dabei an Angebotstexten oder Produktabbildungen orientiert. Künftig soll das Einkaufen aber auch online zu einem Erlebnis werden - dreidimensional in der virtuellen Realität. Am DFKI versucht man herauszufinden, was sich die künftigen Kunden dafür am meisten wünschen.

Seit Jahren, sogar Jahrzehnten tragen Forscher auf der ganzen Welt zur Grundlagenforschung im Bereich der 3D-Nutzerschnittstellen und Anwendungen in der virtuellen Welt - Virtual Reality (VR) - und zur Verbesserung der Technologie bei und untersuchen Möglichkeiten und Hürden der VR-Interaktion in verschiedenen Bereichen.

Ein Bereich, in dem noch wenig bekannt ist im Vergleich zu den aktuell eher prominenteren Anwendungsgebieten für VR (etwa Entertainment und Spiele), ist die Erforschung der Chancen und Risiken von Einkaufswelten in der virtuellen Realität.

Screenshot aus der Virtual-Reality-Online-Shopping-Umgebung. Hier ist das Innovative Retail Laboratory (IRL) exemplarisch in einer 3D-Umgebung abgebildet.
Foto:

Die Forschung im Bereich der virtuellen Realität und der 3D-Interaktion bietet ein breites Spektrum mit vielen Grundlagen, die ihren Ursprung meist schon in den 80er und 90er Jahren haben. Noch vor Jahrzehnten war VR-Hardware sehr selten, teuer und komplex. Das führte dazu, dass VR in erster Linie für die Forschung in militärischen oder industriellen Bereichen eingesetzt wurde.

Mit der ständig wachsenden Entwicklung und Verfügbarkeit von Technologien in den verschiedenen Bereichen der virtuellen Realität wird der Markt derzeit jedoch mit neuartigen und für den Endkunden erschwinglichen Ein- und Ausgabemedien überflutet.

Zwar ist man vertraut mit Smartphones oder auch optischen Tracking-Systemen als Teil heimischer Spielekonsolen (siehe Microsoft Kinectoder Nintendo Wii Remote), die Erfahrung mit 3D-Benutzerschnittstellen oder VR-Hardware ist allerdings im Schnitt noch sehr niedrig.

Bisher ist auch wenig darüber bekannt, wie Nutzer mit der zur Verfügung stehenden Vielfalt von Ein- und Ausgabemethoden für virtuelle Umgebungen umgehen.

Design-Richtlinien für Virtual Reality

Auf der einen Seite hat die Hardware im Bereich der Head-Mounted-Displays (HMD) enorme Fortschritte gemacht, gleichzeitig ist auch eine rasante Entwicklung und Distribution von Software-Anwendungen im VR-Bereich zu beobachten.

Auf der anderen Seite werden zur Gestaltung der Bedienerführungen und Interaktionstechniken oft Ansätze und Konzepte verwendet, die weitgehend für stationäre Desktop-Computer, Mobilgeräte oder Spielekonsolen entwickelt wurden. Häufig werden gängige Standards aus dem Web- oder Mobile-Bereich einfach in die neuen virtuellen 3D-Umgebungen übertragen, obwohl entscheidende Unterschiede existieren, wie die Auflösung der HMDs, die Entfernung zu den Augen, eine andere Wahrnehmung von Größe und Entfernungen von Objekten und vieles mehr.

Um Entwickler und Designer von Anwendungen speziell für die virtuelle Realität besser zu unterstützen, arbeiten bereits viele Experten aus Industrie und Wissenschaft an VR-Design-Richtlinien. Jedoch sind dies meist eher Insellösungen und sehr allgemein gehalten.

Wie aber schafft man echten Nutzen für Verbraucher aus dem großen Pool dieser neuen Technologien und wie kann man Entwickler und Designer speziell für bestimmte Anwendungsgebiete unterstützen?

Leider sind VR-Anwendungen (abgesehen von der Spiele-Industrie) bisher fast ausschließlich als Attraktionen auf Messen oder in Malls zu finden und konnten bisher noch nicht im Konsummarkt Fuß fassen. Sie sind allerdings auf dem besten Weg dazu (siehe Steam VR oder Oculus).

Dass im Vergleich zu den Anfängen der VR-Forschung nun auch das Interesse der Industrie und Wirtschaft geweckt wurde, zeigen die Übernahme von Oculus Rift durch Facebook für 2 Milliarden US-Dollar und die offensiven PR-Strategien von Microsoft, Samsung und Google im VR-Bereich.

Unser Ziel ist es, die Nutzung von VR für verschiedene Dienste in der Einkaufswelt besser zu verstehen, Probleme zu identifizieren und Lösungen in Form von Richtlinien für Nutzer, aber auch Entwickler und Designer zu entwickeln.

Hierbei liegt der Fokus jedoch mehr auf der Nutzersicht und weniger auf einer Systemsicht:

Hier wählt der Nutzer gerade einen der Wegpunkte (orange) an, um sich dorthin zu bewegen, indem er für mindestens 3 Sekunden ("dwell-time") darauf blickt. Die virtuellen Regale sind mit 3D-Modellen der Produkte befüllt. Die Farben der Umgebung wurden so neutral wie möglich gewählt, um den Fokus auf die Produkte und Wegpunkte zu lenken.

Es stellt sich auch die Frage, ob ein Virtual-Reality-Shop zwingend wie ein realer Supermarkt aussehen muss oder ob er nur die bekannten Vorteile aus dem Offline-Kanal übernimmt und diese mit den Vorteilen einer virtuellen Realität verbindet.

Die Verwendung von VR-Systemen im Shopping-Bereich ist in ihrer Bedeutung gewachsen und dabei, sich zu einem neuen Trend zu entwickeln und neue virtuelle Läden und Einkaufslandschaften zu erschaffen.

Einzelhändler können diese virtuellen Umgebungen nutzen, um Kunden Erfahrungen über die Produkte sammeln zu lassen. Obwohl VR-Shopping noch am Anfang ist, könnte dies die Lücken des Online-Shoppings ( Kundenzufriedenheitund Erfahrung bzw. Customer’s Satisfaction und User Experience) füllen und zu einer Alternative für den Online-Einkauf werden.

Mit dem schnell wachsenden Markt der VR-Hardware sowie den Daten und Erkenntnissen aus aktueller Forschung und Industrie in Verbindung mit dem Wissen der Einzelhändler aus den letzten Jahrzehnten Online-Shopping könnte so also ein echter Vorteil für den Kunden entstehen.

Die wesentlichen Merkmale von On- und Offline-Shopping

Unsere Arbeit im Rahmen eines aktuellen Forschungsprojektes zum Thema „Virtual Reality Shopping“, gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, konzentriert sich auf die Entwicklung und Erforschung von virtuellen Online-Shopping-Umgebungen und dafür zugeschnittene Design-Richtlinien, die die Vorteile von Offline- und Online-Shopping vereinen und deren Nachteile zu kompensieren versuchen.

Technologische Veränderungen in Form von Online-Shops, Pop-up-Stores und Digitalisierung im Allgemeinen haben dem Einzelhandel nicht nur wirtschaftliche Vorteile gebracht. Zu beobachten ist auch ein Strategiewechsel, in dem Einzelhändler in Zukunft mehr Wert auf die sogenannte Customer’s Satisfaction (Kundenzufriedenheit) legen werden.

Deshalb wurde in den letzten Jahren auch viel in die Forschung investiert, um einerseits die Performanz (wie schnell finde ich, was ich suche?) als auch die Nutzerfreundlichkeit von Menüoberflächen aktueller Online-Shops zu untersuchen und zu verbessern.

Aktuelle Online-Shops können praktisch und effizient sein und überzeugen besonders durch den fehlenden Ladenschluss. Vor allem an Sonn- und Feiertagen wird online eingekauft, was hauptsächlich durch das in Deutschland geltende Ladenschlussgesetz zu erklären ist.

Online wird den Kunden jedoch kein sonderlich immersives Shopping-Erlebnis geboten (1). Dass Kunden aber Erfahrung, Erlebnis und Zufriedenheit höher schätzen als die reine Effektivität eines Shops, könnten die immer höher steigenden Besucher- und Verkaufszahlen an verkaufsoffenen Sonntagen in Kaufhäusern zeigen.

Es ist daher zu vermuten, dass abgesehen von der Effektivität solcher Bedienerführungen auch die Kundenzufriedenheit und das Einkaufserlebnis gleichermaßen wichtig sind, um dem Nutzer (und dem potenziellen Kunden) die gewünschten Informationen in geeigneter und unterstützter Weise zur Verfügung zu stellen und sie oder ihn letztendlich zum Kauf zu bewegen.

Mobiles Virtual-Reality-Online-Shopping mit dem Smartphone

In einer aktuellen Studie haben wir das Konzept eines mobilen VR-Shop-Prototypen entwickelt und untersucht. Im Vorfeld führten wir eine explorative Kundenbefragung mit Fokus auf positiven und negativen Aspekten von On- und Offline-Shopping als auch Shopping-Verhalten und Häufigkeit durch.

Das Ergebnis war, dass heutige Online-Shops allgemein anerkannt sind in Bezug auf ihre Suchqualität und -funktionalität, aber hinsichtlich User Experience und Kundenzufriedenheit den physikalischen Geschäften hinterherhinken.

Im Allgemeinen bieten aktuelle Online-Shops lediglich 2D-Inhalte. Sie verwenden einfache 2D-Schnittstellen wie Hyperlinks, Labels, Icons und Menüs. Hier sind nur die Produkte wichtig, und der Kunde soll einfach nur möglichst schnell finden, damit Bequemlichkeit und Verkaufszahlen stimmen.

Die Produkte werden meist in einer Listen- oder Kachelansicht angezeigt, d.h. das Durchsuchen von Daten erfolgt durch Infinite-Scrolling und/oder seitenbasierte Navigation.

Während dieser Ansatz meist hohe Usability-Ratings erzielt, vor allem bei der textbasierten Suche nach Produkten, entfernt sich der Kunde immer weiter von der dreidimensionalen Welt in Geschäften.

Der Wert der Bedienerfreundlichkeit, Erfahrung und Immersion wird oft ignoriert, vor allem bei einer wachsenden Anzahl von Produkten und Kategorien. Diese Faktoren sind aber ebenso wichtig für eine optimale Kundenzufriedenheit wie die Effizienz eines Shops.

Ein VR-Shop könnte stattdessen von seiner dritten Dimension und 3D-Schnittstellen wie 3D-Grafiken, natürlichen Interaktions-Metaphern oder Avataren profitieren. Lebendigere Inhaltsdarstellungen könnten eine positivere Resonanz beim Verbraucher erzeugen. Im Vergleich zu den erwähnten 2D-Online-Shops könnten Produkte eines VR-Shops 3D-gerendert dargestellt werden. So kann der Kunde das Produkt von jeder Seite betrachten und einen besseren Eindruck von Größe, Form und sogar Gewicht des Produktes bekommen.

Hier sind das Ausgabegerät (LG Nexus 5X) und eine durchschnittliche VR-Hülle für Smartphones abgebildet, die für die Vergleichstudie verwendet wurde.
Foto:

Mit VR eintauchen in die dritte Dimension

Moderne Medien und alternative Visualisierungen verlangen aber auch komplexere Interaktionstechniken, die folglich ein höheres Maß an Nutzerinstrumentierung verursachen (2).

Durch das Nutzen der dritten Dimension bietet VR eine erweiterte Form der Visualisierung, die die Kundenzufriedenheit steigern kann und damit das Shopping-Erlebnis. Es ermöglicht natürlichere Bedienerführungen (beispielsweise eine direkte Kamerasteuerung durch Drehen des Kopfes) als die übliche Maus/Tastatur-Interaktion in einer Desktop-Umgebung.

Aber aus technologischer Sicht wurden sowohl Visualisierungen als auch Schnittstellen von VR-Shopping-Welten sowie Kundeninteraktionen im VR selten untersucht. So gibt es nur wenige Ergebnisse, die Einblicke darüber geben, wie solche Technologien den Mangel an multisensorischen In- und Outputs kompensieren (siehe blickorientierte Interaktion mit Objekten wie bei 360-Grad-Produktansichten, räumliche Interaktion an Frischetheken (3) oder interaktive Kleiderkabinen) oder Möglichkeiten, um multisensorische Interaktionen online zu ermöglichen (Web-GL und Web-VR).

Dennoch ist neben den erwähnten subjektiven Nutzerpräferenzen (User Experience, Usability, Immersion etc.) aber auch die Effizienz (Fehlerrate, Geschwindigkeit) eines VR-Shops immer noch ein wichtiger Faktor - jeder Kunde will seine gewünschten Produkte schließlich auch in einer akzeptablen Zeit finden.

Alternative VR-Shopping-Welten

Der Hauptgrund, warum Möbel in physikalischen Geschäften gekauft werden, ist, dass der Kunde vor Ort das Möbelstück anfassen und testen kann. So bekommt er eine bessere Vorstellung davon, wie es in der eigenen Wohnung aussehen könnte, aber noch mehr, wie es sich anfühlt (etwa das Fühlen des Stoffes beim Kauf eines Sofas). In einem zweidimensionalen Online-Möbelgeschäft fehlt dieses Erlebnis.

VR-Möbelgeschäfte haben somit großes Potenzial, da der Kunde hier auf der physischen Couch sitzen und direkt individuelle Komponenten (Farbe, Textur, Größe, Form etc.) konfigurieren (und fühlen) kann, während er sich mittels VR-Brille in seiner eigenen virtuellen Wohnung „befindet“.

Ikea hat hier bereits den ersten Schritt zu einem VR-Möbelshop in Form einer kostenlosen VR-Anwendung im Steam Store gemacht. Hier kann der Nutzer eine Ikea-Küche erforschen, mit den einzelnen Elementen interagieren und sie nach seinen Wünschen konfigurieren.

Ebenso könnte man in zukünftigen VR-Elektronikgeschäften Produkte virtuell testen, konfigurieren und in allen Variationen ausprobieren. Ein Beispiel dafür wäre es, ein neues Soundsystem fürs Wohnzimmer oder auch für die gesamte Wohnung nicht nur zu konfigurieren (siehe Sonos, Bose oder Teufel), sondern auch direkt mittels HMD und High-End-Kopfhörern in der eigenen Wohnumgebung zu testen.

In Sachen Online-Shops aber noch in den Kinderschuhen stecken Online-Supermärkte und Lieferdienste, insbesondere für Lebensmittel. Obwohl es mittlerweile immer mehr Online-Supermärkte im Netz gibt, sind Akzeptanz und Feedback doch eher negativ.

Design und Entwicklung von Schnittstellen für VR-Shopping-Erlebnisse

Laut unserer Kundenbefragung in einem physikalischen Lebensmittelgeschäft kaufen die Leute Lebensmittel hauptsächlich offline. Grund dafür ist unter anderem die größere Anzahl an Warengruppen, Kategorien und Abteilungen im Vergleich zu anderen Warenarten (wie Elektronik, Möbel oder Kleidung) und die damit verbundene höhere Komplexität und Unübersichtlichkeit eines Online-Lebensmittelgeschäfts.

Als Hauptgrund wurde jedoch das Fehlen des „Einkaufserlebnisses“ genannt.

Zusammenfassend beeinflussten folgende aus unserer explorativen Kundenbefragung generierten Faktoren unsere Entscheidung, einen Online-VR-Shop zu simulieren:

Ausgestattet mit diesem Wissen sollte ein VR-Shop somit von den Vorteilen eines Online-Shops wie Suchfunktionalität und Verfügbarkeit profitieren, wobei man Kundenzufriedenheit (Customer’s Satisfaction), Shopping-Erfahrung (User Experience) und Immersion jedoch nicht ignorieren sollte.

Dennoch ist zu erwähnen, dass User Experience und Immersion eines mobilen Online-VR-Shops stark durch seine technischen Einschränkungen (etwa geringere Auflösung, Renderqualität, Rechenleistung und mögliche Netzwerklatenz eines aktuellen VR-fähigen Smartphones im Vergleich zu Highend-VR-Ready-Desktop Systemen) beeinflusst werden.

Daher lag der Fokus in der Studie mehr in der Evaluation aktueller Eingabemöglichkeiten, Produkte in einer mobilen VR-Shopping-Anwendung zu suchen und auszuwählen.

Experiment unter Laborbedingungen

Um unser System zu evaluieren, führten wir eine vergleichende Anwenderstudie durch. Hier war es die Aufgabe der Probanden, ein Produkt in einem VR-Webshop mit unterschiedlichen Kombinationen von Eingabe- (Blick vs. Spracheingabe) und Ausgabemöglichkeiten (Desktop vs. VR) zu suchen.

Die Motivation hinter der Auswahl dieser beiden Eingabemethoden anstelle der üblichen (durch Eingabe des gesuchten Produktnamens in ein Suchfeld oder konventionelles Durchsuchen von Produktlisten) war es, die Unannehmlichkeiten beim Einkaufen in einer 3D-Umgebung zu reduzieren. Die Suche mittels Texteingabe bringt viele Probleme mit sich, etwa Fehler beim Eintippen des Produktnamens. Oft kennt der Kunde auch die korrekte Schreibweise des Produktes nicht oder - schlimmer noch - Produktnamen sind fehlerhaft in der Datenbank hinterlegt.

Neben der Produktsuche im VR-Shop wurden beide Eingabemethoden auch am Desktop-PC untersucht, um die Ergebnisse vergleichbarer zu machen. Die VR-Bedingung sollte insbesondere die Immersion und die Nutzererfahrung verbessern. Darüber hinaus sollte die strukturierte und maßstäbliche 3D-Darstellung eines virtuellen Supermarkts, der Regale und Produkte auch die Kundenzufriedenheit erhöhen (4)(5).

Desktop-Modus: Hier bewegt der Nutzer die Kamera mit einer handelsüblichen Computer-Maus, während die Ausgabe an einem Computerbildschirm betrachtet wird.
Foto:

VR Modus: Hier steuert der Nutzer die virtuelle Kamera direkt mit der Drehung seines Kopfes. Das Mikro des Smartphones dient zur Spracheingabe.
Foto:

Die Ergebnisse zeigten, dass die Usability und User Experience unseres Systems überdurchschnittlich gut waren, verglichen mit Ergebnissen aus verwandten vergleichbaren Studien.

Wie erwartet wurden die Suchaufgaben mittels Maus und Tastatur im Desktop-Modus schneller ausgeführt. Jedoch erwies sich Spracheingabe in VR als wesentlicher Faktor für Usability und Performanz (Fehlerrate, Geschwindigkeit) im Vergleich zur Suche rein durch die Blickrichtung, was die aktuell gängige Eingabemethode für mobile VR-Anwendungen ist.

Die Studie zeigt auch, dass die Nutzer ein hervorragendes Gefühl von Präsenz und Immersion in VR hatten, obwohl der Grad an Motion Sickness im Vergleich zu verwandten VR-Anwendungen als sehr hoch eingestuft wurde, was auf die Einschränkungen von Smartphone-VR zurückzuführen sein könnte.

Was Effizienz und Kundenpräferenz angeht, ist die Produktsuche mit Spracheingabe in Kombination mit VR als Ausgabemodalität den anderen Methoden vorzuziehen.

Ausblick

Man kann also sagen, dass VR-Shops mit ihrer multisensorischen und multimodalen virtuellen Fülle überzeugen. Kunden bekommen - verglichen mit normalen Online-Shopping-Anwendungen - umfangreichere Informationen zu Produkten und deren Komponenten.

In einem gewöhnlichen Online-Einkaufszentrum nutzen die Kunden meist eine ziemlich einfache Bedienerführung (textbasierte Suche, Listen- oder Kachelansicht von 2D-Produktfotos). Das ist zwar oft effizienter verglichen mit einem Einkauf in physikalischen Geschäften, macht die Kunden aber häufig weniger zufrieden - es fehlt das Einkaufserlebnis.

Diese Art Online-Shopping führt schließlich dazu, dass die Kunden zu passiven Beobachtern von Produktinformationen und Bildern werden, während die VR-Kunden 3D-gerenderte Produkte in ihrer eigentlichen Größe, Gewicht und Form in einer virtuellen 3D-Umgebung und über natürliche Nutzerschnittstellen „anfassen“, inspizieren und testen können.

Jedoch ist auch Vorsicht geboten, da in VR zu viel Information, Neuheiten und Diskrepanzen zwischen Realität und Virtualität auch schnell zu Problemen führen können. Man sollte daher verschiedene Layouts und Darstellungen von VR-Shops weiter erforschen und vergleichen, beispielsweise grafische Ansätze oder sogar abstrakte Konzepte wie die Produktsuche in einer virtuellen Wohnung.

Ein weiterer Aspekt, der man künftig genauer untersuchen sollte, ist die Visualisierung eines virtuellen Ladens. Unser Konzept eines virtuellen Shopping-Umfelds basierte auf vorhandenen Layout-Daten eines existierenden Supermarktes. Aufgrund von Performanz-Problemen von Web-VR und Smartphone wählten wir eine kleinere Einzelhandelsfläche von ca. 180 Quadratmetern auf lediglich einer Etage, um möglichen Motion-Sickness-Effekten aus dem Wege zu gehen, die häufig bei virtuellem Etagen-Wechseln (Treppen, Rollgleiten, etc.) auftreten können.

Neben verschiedenen Laden-Layouts sollten künftige Studien die Unterschiede zwischen der Ladengröße in allen drei Dimensionen, d.h. der unterschiedlichen Anzahl von Etagen und Größen der Marktfläche, untersuchen, da der Mensch eher dazu neigt, zweidimensional zu denken und die Längsachse besser zugänglich ist als die Querachse. So könnte es für Kunden leichter sein, sich in virtuellen Geschäften oder Einkaufszentren mit weniger Etagen und weniger Wendungen nach links oder rechts zu orientieren.

Da sich unsere Arbeit eher auf die Evaluation und den Vergleich aktueller Ein- und Ausgabe-Modalitäten bei mobilem VR-Shopping konzentriert, gibt es dennoch viel zu tun in der Erforschung und Entwicklung neuartiger VR-Nutzerführungen vor allem für Shopping-Anwendungen. Design-Richtlinien bieten nur eine Hilfestellung für Entwickler und Designer und werden mit wachsender Anzahl an Erkenntnissen immer komplexer, sei es bei der Wahl der optimalen Hardware oder Software oder aber dem Fokus der Anwendung, d.h. Effizienz oder doch eher eine Erlebniswelt.

Somit wäre die einzige klare Antwort auf die Frage, wie ein VR-Shop aussehen könnte: Es kommt darauf an.

Referenzen

(1) M. Buffa and J. C. Lafon. 2000. 3D virtual warehouse on the Web. In Information Visualization, 2000. Proceedings. IEEE International Conference on. 479–484.

(2) David A. Griffith, Robert F. Krampf and Jonathan W. Palmer. 2001. The role of interface in electronic commerce: Consumer involvement with print versus on-line catalogs. International Journal of Electronic Commerce 5, 4 (2001), 135–153.

(3) Sven Gehring, Markus Löchtefeld, Florian Daiber, Matthias Böhmer and Antonio Krüger. 2012. Using intelligent natural user interfaces to support sales conversations. In Proceedings of the 2012 ACM International Conference on Intelligent User Interfaces (IUI ’12). ACM, New York, NY, USA, 97–100.

(4) B. Joseph Pine and James H. Gilmore. 1998. Welcome to the experience economy. Harvard Business Review 76 (1998), 97–105. Andrea Sanna, Bartolomeo Montrucchio, Paolo Montuschi, and C Demartini. 2002. 3D-dvshop: A 3D dynamic virtual shop. In Multimedia 2001. Springer, 33–42.

(5) Masaya Ohta, Shunsuke Nagano, Seiya Takahashi, Hiroki Abe and Katsumi Yamashita. 2015. Mixed-reality shopping system using HMD and smartwatch. In Adjunct Proceedings of the 2015 ACM International Joint Conference on Pervasive and Ubiquitous Computing and Proceedings of the 2015 ACM International Symposium on Wearable Computers (UbiComp/ISWC’15 Adjunct). ACM, New York, NY, USA, 125–128.

Toru Ishikawa and Daniel R. Montello. 2006. Spatial knowledge acquisition from direct experience in the environment: Individual differences in the development of metric knowledge and the integration of separately learned places. Cognitive Psychology 52, 2 (2006), 93 – 129.

Steffen Werner, Bernd Krieg-Brückner, Hanspeter A. Mallot, Karin Schweizer, and Christian Freksa. 1997. Spatial Cognition: The Role of Landmark, Route, and Survey Knowledge in Human and Robot Navigation1. Springer Berlin Heidelberg, Berlin, Heidelberg, 41–50.