Am 06.01.2009 trat die Energie Leerlaufverluste-EG-Verordnung (1275/2008/EG) zum Stromverbrauch elektrischer und elektronischer Haushalts- und Bürogeräte in Kraft. Das Ziel: Ab 2010 sollen stufenweise die meisten "Stromfresser" vom europäischen Markt verschwinden. Die erste Stufe wurde bereits am 06.01.2010 gezündet!
Hintergrund
Die Europäische Kommission hat in einer vorbereitenden Studie die technischen, ökologischen und wirtschaftlichen Aspekte der Energieverluste im Bereitschafts- und im Aus-Zustand untersucht. Die Studie wurde gemeinsam mit Interessenträgern aus der EU und aus Drittländern durchgeführt.
In der Studie wurde festgestellt, dass bei den meisten in der Gemeinschaft vertriebenen elektrischen und elektronischen Haushalts- und Bürogeräten im Bereitschafts- und im Aus-Zustand Energieverluste entstehen und dass der auf diese Verluste entfallende Stromverbrauch für das Jahr 2005 auf 47 TWh geschätzt wird, was CO2-Emissionen von 19 Mt entspricht. Ohne besondere Maßnahmen werde dieser Verbrauch bis 2020 voraussichtlich auf 49 TWh steigen. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die im Bereitschafts- und im Aus-Zustand auftretenden Energieverluste erheblich gesenkt werden können.
Diese sinnlos vergeudete Energie soll nun ab 2010 durch eine zweistufige Regulierung eingespart werden - die EU erhofft sich dadurch bis 2020 eine Senkung des Stromverbrauchs um bis zu 35 Terawattstunden. Dies entspricht einer Einsparung von 14 Millionen Tonnen des Klimagases Kohlenstoffdioxyd (CO2) und etwa neun Großkraftwerken mit 800 Megawatt.
Regelungsgehalt
Die Verordnung ist eine Ergänzung zur bekannten "EcoDesign"-Richtlinie 2005/32/EG (Informationen zu dieser Verordnung finden Sie hier), die den Rahmen für Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung von Produkten setzt. Anforderungen an einzelne Produktgruppen, wie beispielsweise Netzteile, Elektromotoren, Fernsehgeräte und Lampen werden dabei gesondert geregelt. (Ersetzt wurde die "EcoDesign"-Richtlinie übrigens zwischenzeitlich durch die Richtlinie 2009/125/EG, die eine größere Zahl an Produktgruppen einschließt.)
Im Wesentlichen legt die Verordnung 1275/2008/EG neue Anforderungen für elektrische Haushalts- und Bürogeräte an die Bereitschafts- und Schein-Aus-Zustände fest (vgl. Artikel 1 der Verordnung). Mit der Einführung der Ökodesign-Anforderungen in zwei Stufen sollte den Herstellern dabei ausreichend Zeit für die Anpassung ihrer Produkte gegeben werden: Die erste Stufe wirkt seit dem 6.Januar 2010, die zweite ab 6.Januar 2013.
Ökodesign-Anforderungen in zwei Stufen
Seit dem 6.1.2010 gilt:
a) Stromverbrauch im Aus-Zustand:
Die Leistungsaufnahme des Geräts im Aus-Zustand darf 1,00 W nicht überschreiten.
b) Stromverbrauch im Bereitschaftszustand:
Die Leistungsaufnahme des Geräts in einem Zustand, in dem nur eine Reaktivierungsfunktion oder nur eine Reaktivierungsfunktion mit der Anzeige ihrer Aktivierung bereitgestellt wird, darf 1,00 W nicht überschreiten.
Die Leistungsaufnahme des Geräts in einem Zustand, in dem nur Information oder eine Statusanzeige oder eineReaktivierungsfunktion in Verbindung mit Information oder einer Statusanzeige bereitgestellt wird, darf 2,00 W nicht überschreiten.
c) Verfügbarkeit der Bereitschafts- oder Ruhefunktion
Das mit dem Netz verbundene Gerät muss in den Bereitschafts- oder Aus-Zustand oder in einen anderen Zustand versetzt werden können, in dem der geltende Verbrauchsgrenzwert nicht überschritten wird, soweit das mit seiner vorgesehenen Verwendung vereinbar ist.
Ab dem 6.1.2013 wird gelten:
a) Stromverbrauch im Aus-Zustand:
Die Leistungsaufnahme des Geräts im Aus-Zustand darf 0,50 W nicht überschreiten.
b) Stromverbrauch im Bereitschaftszustand:
Die Leistungsaufnahme des Geräts in einem Zustand, in dem nur eine Reaktivierungsfunktion oder nur eine Reaktivierungsfunktion mit der Anzeige ihrer Aktivierung bereitgestellt wird, darf 0,50 W nicht überschreiten.
Der Stromverbrauch des Geräts in einem Zustand, in dem nur Information oder eine Statusanzeige oder eine Reaktivierungsfunktion in Verbindung mit Information oder einer Statusanzeige bereitgestellt wird, darf 1,00 W nicht überschreiten.
Bereitschafts- und Ruhefunktion
c) Verfügbarkeit der Bereitschafts- oder Ruhefunktion
Das mit dem Netz verbundene Gerät muss in den Bereitschafts- oder Aus-Zustand oder in einen anderen Zustand versetzt werden können, in dem der geltende Verbrauchsgrenzwert nicht überschritten wird, soweit das mit seiner vorgesehenen Verwendung vereinbar ist.
d) Verbrauchsminimierung
Das Gerät muss mit einer Funktion zur Minimierung des Verbrauchs ausgestattet sein, die das Gerät nach der kürzesten mit seiner vorgesehenen Verwendung vereinbaren Zeit automatisch in einen der folgenden Zustände versetzt, wenn es mit dem Netz verbunden ist, aber seine Hauptfunktion nicht bereitgestellt wird oder keine anderen energiebetriebenen Produkte auf seine Funktionen angewiesen sind:
- den Bereitschaftszustand,
- den Aus-Zustand,
- einen anderen Zustand, in dem der geltende Verbrauchsgrenzwert nicht überschritten wird. Die Verbrauchsminimierungsfunktion muss vor Auslieferung des Geräts aktiviert werden.
Weitere Informationen zu den Ökodesign-Anforderungen stellt auch das Umweltbundesamt zur Verfügung.
Welche Geräte sind betroffen?
Das Eingangsproblem ist wie immer die Frage: Welche Geräte sind überhaupt von der neuen Verordnung betroffen?
Die Verordnung gilt gem. Art. 1. Satz 2 nur für elektrische und elektronische Haushalts- und Bürogeräte. Art. 2 der Verordnung definiert den Begriff "elektrische und elektronische Haushalts- und Bürogeräte" wie folgt:
"Elektrische und elektronische Haushalts- und Bürogeräte" (im Folgenden "Geräte") bezeichnet energiebetriebene Produkte, die
a) als eine Funktionseinheit auf dem Markt angeboten werden und für Endnutzer bestimmt sind;
b) in der Liste der energiebetriebenen Produkte in Anhang I aufgeführt sind;
c) Strom aus dem öffentlichen Netz benötigen, um bestimmungsgemäß zu funktionieren;
d) für den Betrieb mit einer Nennspannung von 250 V oder weniger ausgelegt sind, und zwar auch dann, wenn sie für Anwendungen außerhalb von Haushalt und Büro angeboten werden.
Laut Anhang I der Verordnung sind folgende Geräte betroffen:
1. Haushaltsgeräte: Waschmaschinen, Wäschetrockner, Geschirrspüler, Kochgeräte:
Elektroherde, elektrische Kochfelder, Mikrowellenherde, Toaster, Friteusen, Mühlen, Kaffeemaschinen und Geräte zum Öffnen und Verschließen von Behältnissen und Verpackungen, elektrische Messer, sonstige Geräte zum Kochen und zur Verarbeitung von Lebensmitteln, Reinigungsgeräte und Geräte zum Waschen und Pflegen von Wäsche, Haarschneidegeräte, Haartrockner, elektrische Zahnbürsten, Rasierer, Massagegeräte und sonstige Geräte zur Körperpflege, Waagen
IT- und UE-Geräte
2. Überwiegend zum Einsatz im Wohnbereich bestimmte informationstechnische Geräte
3. Unterhaltungselektronik: Radiogeräte, Fernsehgeräte, Videokameras, Videorekorder, Hi-Fi-Rekorder, Audioverstärker, Heimkinosysteme, Musikinstrumente, sonstige Geräte zur Aufnahme und Wiedergabe von Bild und Ton einschließlich Geräte zur Verbreitung von Bild und Ton auf anderem Wege als über Telekommunikationskanäle durch Signale oder auf andere Weise
4. Spielzeuge, Freizeit- und Sportgeräte: elektrische Modelleisenbahnen und Modellautorennbahnen, Handkonsolen für Videospiele, Sportausrüstung mit elektrischen oder elektronischen Komponenten, sonstige Spielzeuge, Freizeit- und Sportgeräte
Durch die sehr vagen Definitionen "Überwiegend zum Einsatz im Wohnbereich bestimmte informationstechnische Geräte" und "Sonstige Geräte zur Aufnahme und Wiedergabe von Bild und Ton..." dürfte die Liste jedoch beträchtlich erweiterbar sein. So sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch Laptops, Desktop-PC-Systeme und dergleichen erfasst.
Wichtige Einschränkung
Übrigens: Die Ökodesign-Anforderungen gelten nicht für Geräte, die bereits im Handel sind, und Geräte des Bestandes, also Geräte, die beispielsweise in einem Haushalt eingesetzt werden.
Pflichten des Herstellers und Sanktionen
Die Pflichten des Herstellers von erfassten Geräten richten sich nach der Richtlinie 2005/32/EG bzw. dem EBPG. Der Hersteller hat eine Konformitätsbewertung durchzuführen und vor Inverkehrbringen eine Konformitätserklärung abzugeben, d.h. zu bestätigen, dass das Gerät den Anforderungen der jeweiligen Durchführungsmaßnahme (hier der Verordnung) entspricht (Art. 5 Abs. 1, 8 Abs. 1 der Richtlinie sowie § 4 Abs. 1 EBPG).
Das Produkt ist mit der CE-Konformitätskennzeichnung zu versehen.
Zur eindeutigen Identifizierung des Produkts haben Hersteller bzw. Importeur Namen und Adresse auf dem Produkt oder dessen Verpackung anzubringen und das Produkt eindeutig identifizierbar zu kennzeichnen (§ 5 Abs. 1 EBPG).
Ist der Hersteller nicht in der Gemeinschaft niedergelassen, treffen den Importeur die entsprechenden Pflichten (Art. 4 der Richtlinie, § 2 Abs 7 und 9 EBPG). Gibt es weder einen Hersteller noch einen Importeur, gilt gemäß § 2 Abs. 7 S. 2 jede natürliche oder juristische Person, die energiebetriebene Produkte in Verkehr bringt oder in Betrieb nimmt, als Hersteller!
Wer diese Pflichten missachtet, handelt gemäß § 13 Abs. 1 (Nr. 1, 2) ordnungswidrig und muss mit hohen Bußgeldern rechnen.
Bezogen auf die vorliegenden Verordnung heißt das: Wer ab 2010 bzw. 2014 Geräte in Verkehr bringt, deren Stromverbrauch im Bereitschaftszustand bzw. im Aus-Zustand höher ist, als vorgesehen (s.o.) handelt, sofern die Geräte der Verordnung unterfallen und er keine Ausnahme geltend machen kann, rechtswidrig und muss mit Busgeldern rechnen.
Fazit
Maximal ein Watt im Aus-, maximal zwei im Stand-by-Zustand ab 2010 - das könnte für viele Hersteller zur Herausforderung werden. Für den Verbraucher dürfte sich die Verordnung durchaus positiv bemerkbar machen, da verbrauchsarme Geräte in aller Regel geringere Stromkosten zur Folge haben. In der Praktischen Umsetzung dürfte es angesichts der zahlreichen, teils sehr weiten Definitionen - wie üblich bei solchen Verordnungen - Schwierigkeiten geben. Für alle Hersteller und Importeure empfiehlt sich daher, frühzeitig abzuklären, ob ihre Geräte von der Verordnung erfasst werden und die Maßgaben erfüllen. Andernfalls könnte es 2010 böse Überraschungen geben. (oe)
Weitere Informationen und Kontakt:
Max-Lion Keller, LL.M. (IT-Recht), Rechtsanwalt, c/o IT-Recht Kanzlei, Alter Messeplatz 2, 80339 München, Tel.: 089 1301433-0, E-Mail: m.keller@it-recht-kanzlei.de, Internet: www.IT-Recht-Kanzlei.de