Nvidia profitiert weiter enorm vom KI-Boom. Mit seinem Geschäftsausblick hat der Chipkonzern aber die hochgesteckten Erwartungen der Wall Street enttäuscht. Zudem blieben einige Fragen zu einer Änderung beim Produktionsverfahren für das nächste Chipsystem (Blackwell) unbeantwortet. Anleger ließen die Aktie im nachbörslichen US-Handel um rund sieben Prozent fallen.
Allein seit Jahresbeginn stieg der Aktienkurs von Nvidia um rund 150 Prozent. Doch nach Quartalen, in denen Nvidia die Markterwartungen sprengte, blieben große Überraschungen diesmal aus. Der Rekordlauf ging dennoch weiter. Der Umsatz stieg von 13,5 Milliarden Dollar im Vorjahr auf gut 30 Milliarden Dollar - ein Zuwachs von 122 Prozent und gut eine Milliarde Dollar mehr als im Schnitt von Analysten prognostiziert. Damit knüpfte Nvidia an die drei Monate davor an, in denen die Erlöse um 262 Prozent hochsprangen.
Der Quartalsgewinn schoss im Jahresvergleich von gut 6,2 auf knapp 16,6 Milliarden Dollar hoch. Für das laufende Quartal stellte der Konzern einen weiteren Umsatzanstieg auf 32,5 Milliarden Dollar in Aussicht - während Analysten im Schnitt eine Prognose von knapp 32 Milliarden Dollar erwartet hatten. Nvidia würde damit die Erlöse im Jahresvergleich um rund 75 Prozent steigern. Doch einige der Experten waren noch viel optimistischer.
Produktionsänderung bei nächstem Chipsystem
Nach Medienberichten über Probleme beim nächsten Chipsystem Blackwell sagte Nvidia-Chef Jensen Huang, man habe Veränderungen an der sogenannten Maske vorgenommen, mit deren Hilfe die Chipstrukturen auf Halbleiterplatten aufgetragen werden. "Die Änderung ist abgeschlossen, es waren keine funktionalen Veränderungen notwendig", betonte er in einer Telefonkonferenz mit Analysten.
Nvidia plane nach wie vor, im bis Ende Januar 2025 laufenden Schlussquartal des aktuellen Geschäftsjahres Blackwell-Chips an die Kunden zu liefern - und rechne mit Milliarden an Erlösen daraus. Ob die Änderung beim Produktionsverfahren zu Verzögerungen gegenüber ursprünglichen Planungen führt, ließ Huang offen.
Neue KI-Modelle sind stromhungriger
Huang bewirbt Blackwell seit Monaten als bahnbrechende Neuentwicklung, die das Anlernen von Software mit Künstlicher Intelligenz viel schneller und günstiger machen werde. Als Beispiel nannte er bei der Vorstellung im März ChatGPT. Mit der aktuellen Nvidia-Generation "Grace Hopper" hätte man den Chatbot innerhalb von drei Monaten mit 8.000 Chips und einem Stromverbrauch von 15 Megawatt trainieren können. Mit Blackwell schaffe man das in der gleichen Zeit mit 2.000 Chips und vier Megawatt Strom.
Dabei könnten komplexere neue KI-Modelle 20 bis 40 Prozent mehr Energie benötigen als die heute genutzten, betonte Huang jetzt. Und die Chatbots und Bilder-Generatoren, die heute viel Aufmerksamkeit bekommen, seien nur "die Spitze des Eisbergs", wenn es um den Wandel durch Künstliche Intelligenz gehe.
Huang rechnet unter anderem damit, dass in Zukunft alle möglichen Inhalte, die heute aus Datenbanken abgerufen werden, jedes Mal frisch von KI formuliert werden. Diese Vision benötigt gewaltige Computer-Ressourcen.
Analyst: Kunden kaufen alles, was Nvidia anbietet
Nvidia versuchte die Börse zugleich davon zu überzeugen, dass man gar nicht so dringend auf schnelle Blackwell-Erlöse angewiesen sei, um zu wachsen. Auch die Nachfrage nach der aktuellen Chip-Generation Hopper sei weiterhin stark. Einige Marktexperten pflichten dem bei. Die Kunden "werden kaufen, was auch immer Nvidia verkauft", sagte etwa Branchenanalyst Gil Luria von der Finanzfirma D.A. Davidson bei Bloomberg TV.
Ursprünglich wurde Nvidia-Technik vor allem zum Anlernen von KI-Systemen mit gewaltigen Datenmengen verwendet. Inzwischen komme Nvidia-Technik verstärkt auch bei der Erzeugung von Inhalten mithilfe Künstlicher Intelligenz zum Einsatz, betonte Finanzchefin Colette Kress. Im vergangenen Quartal habe das mehr als 40 Prozent der Erlöse von 26,3 Milliarden Dollar aus dem Geschäft mit Rechenzentren eingebracht.
Darin steckt potenziell ein noch stabileres Geschäft für Nvidia. Denn das Anlernen braucht zwar eine gewaltige Rechenleistung - ist jedoch nur einmal pro KI-Modell nötig. (dpa/rs/pma)