Norton LifeLock unterbreitet den Avast-Aktionären ein kombiniertes Angebot aus Barzahlung und neu ausgegebenen NortonLifeLock-Aktien, mit alternativ verfügbaren Auszahlungsmöglichkeiten. Avast wird durch die Fusion mit zwischen 8,1 und 8,6 Milliarden Dollar bewertet. Die Aufsichtsräte beider Unternehmen empfehlen den Aktionären, das Angebot anzunehmen. Sie sehen darin die Chance, "ein neues, branchenführendes Unternehmen für Cybersicherheit für Privatanwender zu schaffen".
Nach Abschluss der Transaktion sollen Frank E. Dangeard Aufsichtsratsvorssitzender, Vincent Pilette CEO und Natalie Derse CFO von Norton LifeLock bleiben. Der aktuelle Avast-CEO Ondrej Vlcek soll Präsident bei Norton LifeLock und Mitglied des Aufsichtsrats werden. Außerdem soll Pavel Baudiš, Mitgründer und momentan Aufsichtsratsmitglied von Avast, in den Aufsichtsrat von Norton LifeLock wechseln. Das kombinierte, an der NASDAQ gelistete Unternehmen wird dann zwei Hauptsitze haben: Einen in der tschechischen Hauptstadt Prag und einen in Tempe im US-Bundesstaat Arizona.
"In dieser Kombination können wir unsere Cybersicherheitsplattform stärken und mehr als 500 Millionen Privatanwendern zur Verfügung stellen", sagt Vincent Pilette, Chief Executive Officer of Norton LifeLock. "Wir werden auch Innovationen beschleunigen können, um den Cybersicherheitsbereich zu transformieren." Ondrej Vlcek, derzeit Chief Executive Officer von Avast, ergänzt: "Zusammen mit NortonLifeLock werden wir unsere gemeinsame Vision eines ganzheitlichen Cyberschutzes für Verbraucher auf der ganzen Welt vorantreiben können. .... Durch unsere etablierten Marken, eine größere geografische Vielfalt und den Zugang zu einer breiteren globalen Nutzerbasis wird das zusammengeführte Unternehmen erhebliche Wachstumschancen weltweit nutzen können."
Die Firmenchefs erwartet, dass das Unternehmen im ersten vollen Jahr nach Abschluss der Fusion einen zweistelligen Zuwachs beim Gewinn pro Aktie und langfristig ein zweistelliges Umsatzwachstum erzielen wird. Außerdem rechnen sie mit Bruttokostensynergien in Höhe von rund 280 Millionen Dollar. Gemeinsam hoffen sie zudem besser als jeder bisher für sich in das Segment der Kleinunternehmen expandieren zu können. Nachdem beide Firmen hier allerdings bisher weitgehend versagt haben oder entsprechende Initiativen wieder aufgegeben haben, ist "besser" ein leicht zu erreichendes Ziel.
Bewegung im Markt für IT-Security für Privatanwender
Erst im Dezember 2020 hatte NortonLifeLock den deutschen Anbieter Avira übernommen. Dessen Technologie und rund 30 Millionen Nutzer bekam es für die vergleichsweise geringe Summe von 360 Millionen Dollar. McAfee dagegen verkauft derzeit gerade seine Business-Sparte - so wie zuvor Symantec - an einen Finanzinvestor. Allerdings ist vor allem dieser Bereich bei dem seit Jahren taumelnden Anbieter technisch und vertreiblich noch gut aufgestelllt.
Was aus der verbliebenen Consumer-Sparte von McAfee werden soll, ist daher fraglich. Denn der Markt für Virenscanner auf PCs und Notebooks ist immer härter umkämpft - auch weil der Windows Defender, Microsofts hauseigenes Angebot, immer besser wird. Zwar sehen die Drittanbieter durchaus noch Potenzial für ihre Angebote, die Musik spielt aber im Business-Umfeld. Hier hatte Norton LifeLock seit der Abspaltung von Symantec keine Ambitionen und Avast hatte kein glückliches Händchen: Ihre eben erst aufgebaute, auf KMU-Kunden ausgerichtete Managed-Workplace-Sparte verkauften die Tschechen 2019 an Barracuda Networks.
Norton LifeLock fehlt völlig sowohl der vertriebliche Ansatz als auch die erforderlichen Erfahrungen im indirekten Vertrieb an Unternehmen. Avast hat immerhin ein überschaubares KMU-Geschäft und bedient eigenen Angaben zufolge in Deutschland über die ganz auf die Lizenzierung von Avast-Produkten spezialsierte AVADAS GmbH und den breiter aufgestellten Distributor Jakobsoftware "mehrere hundert Reseller und Partner in der DACH-Region." Der SMB-Umsatz von Avast betrug 2020 laut Geschäftsbericht weltweit 48 Millionen Dollar. Zum Vergleich: Das über unterschiedliche Kanäle betriebene Geschäft mit Verbrauchern lag bei 844,8 Millionen Dollar (davon 67,9 Millionen Dollar über den Channel). Damit ist die möglicherweise in Deutschland besser aufgestellte KMU-Sparte global nur ein Anhängsel. (Update, 13. August 11 Uhr 15: In diesem Absatz wurden Informationen zum KMU-Geschäft und Umsatz ergänzt)
Der Aufbau eines Geschäfts im KMU-Umfeld wird für das fusionierte Unternehmen damit ausgesprochen schwierig sein - zumal der Wettbewerb groß ist. Außerdem drängen gerade neue Anbieter mit umfassenderen Konzepten und längerer Channel-Erfahrung in das KMU-Segment. Dazu gehören etwa Watchguard nach der Übernahme von Panda Security oder der US-Anbieter Crowdstrike, der ganz auf cloud-basierende Angebote und den inidrekten Vertrieb setzt.
Für die Kombination aus zwei Anbietern, die bisher weder im Business-Umfeld noch im Channel ernsthaft wahrgenommen wurden, dürfte es daher ausgesprochen schwer sein, da kurzfristig Fuß zu fassen. Im Privatkundenmarkt mag Größe im Wettbewerb mit Anbietern wie Bitdefender, Eset, G Data Kaspersky oder dem angeschlagenen Rumpf-McAfee hilfreich sein. Die angestrebten Wachtumsziele alleine hier zu verwirklichen wollen, ist jedoch ein zumindest ambitioniertes Unterfangen.
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