Ein guter Kunde wechselt drei Jahre lang das Geschäft nicht", heißt es in einem chinesischen Sprichwort. "Und ein gutes Geschäft wechselt drei Jahre lang nicht den Kunden." Auch wenn diese Daumenregel aus prä-digitalen Zeiten stammt - die Erkenntnis ist noch heute gültig. Dennoch wird es Online-Kunden zunehmend leicht gemacht, Lieferanten auf Knopfdruck zu wechseln: Fehler im Pricing, der Warenpräsentation oder der Prozessabwicklung verleiten potenzielle Käufer zum spontanen Absprung. Und die Gründe sind zumeist klar erkennbar, wenn die vorhandenen Daten analysiert werden.
Potenzial der digitalen Kundenbindung begriffen
Unter dem Begriff Digital Customer Experience (DCX) arbeiten viele Unternehmen mit Hochdruck daran, die gesamte Kundenbeziehung zu digitalisieren. Laut der aktuellen "DCX-Studie 2017" von IDG zeigt sich, dass die Mehrzahl der Unternehmen das Potenzial einer umfassenden Kundenbindung begriffen hat - immerhin 52 Prozent aller befragten Unternehmen setzen die digitale Kundenbeziehung an die erste Stelle der Handlungsfelder im Rahmen der digitalen Transformation.
Generell sehen sich die Unternehmen auf einem guten Weg: Gut 39 Prozent der Befragten haben eigenen Angaben zufolge eine DCX-Strategie im Rahmen ihrer Digitalisierungsroadmap entwickelt, fast ein Viertel verfolgt eine dezidierte DCX-Strategie. Allerdings haben 37 Prozent diesbezüglich noch nichts entschieden oder unternommen. Größere Unternehmen (gemessen am IT-Budget) sind dabei deutlich weiter: Während Konzerne zu 76 Prozent eine DCX-Strategie einschlagen, sind es bei Organisationen mit weniger als einer Million Euro IT-Investitionen pro Jahr gerade 40 Prozent.
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CRM-Budgets steigen an
Die Studie zeigt auch, dass das Topmanagement vielerorts die Zeichen der Zeit erkannt hat. Mehr als die Hälfte der Unternehmen vergrößert ihr CRM-Budget, elf Prozent sogar im zweistelligen Bereich. Vier von fünf Organisationen bauen ihr CRM-System aus oder planen dies. In den kommenden Jahren werden jedoch mobile Applikationen immer wichtiger, so die Prognose der Befragten. Schließlich bilden Smartphones inzwischen die wichtigste Schnittstelle zum Kunden.
Auch beim Umgang mit Kundendaten sehen die Befragten den Status quo größtenteils im grünen Bereich. So ist in 61 Prozent der Unternehmen eine zentrale Datenbank mit "allen Informationen zu den Kunden" vorhanden. Über die Hälfte der Organisationen empfindet die Qualität ihrer Kundendaten als gut oder sehr gut, und in zwei von drei Organisationen haben "alle erforderlichen Mitarbeiter" Zugriff auf die zentrale Kundendatenbank.
Allerdings wissen die meisten Unternehmen, dass sie bei der digitalen Kundenansprache noch viel Arbeit leisten müssen. Nur jede zwölfte Firma hat eigenen Angaben zufolge DCX professionell umgesetzt, während 20 Prozent immerhin schon eine detaillierte Roadmap entwickelt haben. Die Mehrheit sieht sich jedoch in den "frühen Anfängen" und hat erste Digital-Marketing-Projekte betrieben. Immerhin jeder fünfte Befragte ist der Ansicht, dass in seinem Haus die DCX-Umsetzung "systematisch, professionell und auf allen Ebenen" erfolgt. Jedes siebte Unternehmen hat bis dato keine DCX-Initiative gestartet.
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Die größten Probleme bei der DCX-Umsetzung
In der Umsetzung hapert es vor allem an Prozessen und der Datenintegration. Demnach sind Datensilos und die abteilungsspezifische Datenhaltung die größten Barrieren für eine bessere DCX - wobei "besser" in erster Linie "durchgängiger" bedeutet. Fehlende aufeinander abgestimmte und bereichsübergreifende Prozesse sowie redundante Daten aufgrund dezentraler Organisationsstrukturen runden das Bild ab.
Die geforderte Auflösung von Silos mit dem Ziel einer integrierten Datenhaltung ist jedoch eine schwere Aufgabe, die sich nicht im Handstreich lösen lässt. In den freien Antworten auf die Frage nach den Hindernissen für DCX werden noch unklare Kosten-Nutzen-Analysen, (fehlendes) Geld sowie Kosten für Schnittstellen genannt.
Daneben fehlen vor allem Experten mit einer digitalen DNA, die der Organisation einen Weg durch das Dickicht bahnen. Zudem müssen noch interne Skills für die anstehenden Projekte aufgebaut werden. Über die Versorgungslücke dürften sich vor allem Digitalberater freuen, die die anziehende Nachfrage relativ rasch erfüllen können. Immerhin 30 Prozent der Unternehmen beklagen unzureichende CRM- und Marketing-Automation-Systeme beziehungsweise fehlende Tools, und 19 Prozent räumen Probleme damit ein, diese Marketing- und CRM-Werkzeuge auch zu finden. Jedoch berichten nur 24 Prozent der Befragten von unzureichenden Budgets - Geld für Investitionen in die Kundenbeziehung scheint also vorhanden zu sein.
Warnendes Beispiel Handel
Blickt man auf die durchgehend digitalisierten Konzerne etwa aus dem Online-Handel, wird klar: Wer sich in den kommenden Jahren nicht in die neuen Netzwerke einklinken und nach deren Regeln spielen kann, ist aus dem Rennen. Durchgängige Informationen für und über Kunden, Abbau der Hürden und Barrieren, schnelle Reaktion auf Veränderungen bei Preisen und Angeboten: Kundenfokussierung klingt gut, ist aber für traditionelle Organisationen eine gewaltige Aufgabe.
Studie | Digital Customer Experience 2017 |
Die Studie zur Digital Customer Experience (DCX) basiert auf einer Online-Befragung. Im Zeitraum vom 21. Dezember 2016 bis 25. Januar 2017 wurden insgesamt 326 qualifizierte Interviews abgeschlossen. Befragt wurden oberste (IT-)Verantwortliche von Unternehmen, strategische (IT-)Entscheider aus dem C-Level und den Fachbereichen sowie Entscheider und Spezialisten aus der IT-Organisation. Partner waren die Unternehmen BSI Business Systems Integration AG, Cobra – Computer‘s Brainware GmbH, Damovo Deutschland GmbH & Co. KG und die Dynatrace GmbH. Die DCX-Studie gibt es im CIO-Shop. |