Selbst erfahrene Verkäufer von IT-Systemhäusern klappern gerne ihre Bestandskunden ab, bevor sie sich auf die Kärrnertour der Neukundenakquise machen, weiß Vertriebsprofi Jürgen Frey: "Schließlich kennt man seinen Ansprechpartner persönlich, ist über Strukturen und Prozesse des Kunden informiert, und weiß um die Ansatzpunkte zusätzlicher Geschäfte." Oft ruft der Verkäufer auch zum richtigen Zeitpunkt an, wenn neue PCs oder neue Software gewünscht sind. Eine gediegene Komfortzone, die noch verstärkt wird durch den Allgemeinplatz, dass die Bindung von Stammkunden das A und O für Unternehmen ist.
Natürlich ist es viel schwieriger Neukunden zu gewinnen. Wer wechselt etwa seine Software inklusive gewohnten Arbeitsprozessen, wenn "eigentlich" alles läuft. "Die Hürde ist hoch", gibt der 44-jährige Wirtschaftsingenieur zu, "aber dafür stehen umfangreichere und lukrativere Geschäfte in Aussicht." Alle Marketingmaßnahmen von Anzeigen über Pressearbeit und Kataloge bis zu Messeauftritten wären umsonst, wenn die Vertriebler nicht immer wieder ins kalte Wasser springen. Doch fünf Fehler sind in dieser Phase typisch.
Zu wenig Kontakte
Viele Verkäufer sind zu optimistisch. Nach dem Motto: Nach zehn Telefonaten habe ich fünf Aufträge. Die Erfolgsquote ist von Branche zu Branche extrem unterschiedlich. Deshalb ist es wichtig, sich einen entsprechend großen Adressenpool zu organisieren, wenn das Ziel tatsächlich fünf Aufträge sind. Doch selbst wenn potenzielle Kunden interessiert sind, machen Verkäufer zu wenig Kontakte. Die Statistik sagt, dass durchschnittlich ein Käufer erst nach sieben Kontakten eine Unterschrift unter den Vertrag setzt. Deshalb heißt es: Dran bleiben, dran bleiben, dran bleiben. Wer eine Reihe Absagen bekommt, sollte diese Frustration sachlich angehen und vor allem nicht persönlich nehmen, rät Frey. Vielleicht hat der Vertriebler nicht die richtigen Verkaufsargumente oder die richtige Strategie. Jetzt gibt es drei Möglichkeiten: Erstens, einen Kunden fragen, welche Argumente ihn überzeugt haben. Zweitens, diejenige, die absagen um ein zweiminütiges Feedback bitten: Warum konnte ich Sie nicht überzeugen? Was hat Sie beim alternativen Angebot überzeugt? Drittens, mit einem Profi oder Kollegen die Gespräche reflektieren.
Es wird nicht mit den Entscheidungsträgern verhandelt
Wer die Fachabteilung überzeugt hat, bekommt noch lange keinen Auftrag, weil eventuell Geschäftsführer oder Einkäufer entscheiden. Wer sich mit dem Fachmann einig ist, sollte nach dem weiteren Prozess fragen. Mindestens kann man den bisherigen Ansprechpartner unterstützen, indem man die entscheidenden Gründe und griffigsten Nutzen nochmals formuliert. Vielversprechender ist vielleicht eine weitere Präsentation vor den Entscheidern.
Nicht zuhören und verstehen wollen
Es ist nicht wichtig, welche Produkte und IT-Dienstleistungen ein Verkäufer anzubieten hat. Entscheidend ist, welchen Nutzen er seinem potentiellen Kunden stiften kann, so der Verkaufsexperte des Beratungsunternehmens Tempus-Consulting. Der tollste Hammer nutzt nichts, wenn der Kunde einen Bohrer benötigt. Beide Seiten können sich dann Zeit sparen. Deswegen ist nach zu fragen, zuhören und den Wunsch des Kunden zu verstehen so wichtig. Nicht nur, dass der Verkäufer das Passende anbieten kann. Vielleicht stößt er auf einen Bedarf, den sein Systemhaus noch nicht erfüllt. Eine Idee, um innovative Produkte und Dienstleistungen zu schaffen.
Zu wenig Zeit für aktives Verkaufen
Wer Neukunden gewinnen will, muss Prioritäten setzen und sich nicht durch sein bisheriges operatives Geschäft ständig ablenken. Wer keine Freiräume dafür schafft, kommt nie zu Potte. Doch auch reine Verkäufer setzen lediglich 20 Prozent für Kundenakquise und aktives Verkaufen ein. Mehr als ein Viertel der Arbeitszeit geht für Verwaltung drauf, ein Fünftel für die Reisen und jeweils rund 15 Prozent für Ausfallzeiten und Problemlösungen. Effektivere Arbeitsstrukturen führen zu besseren Ergebnissen.
Zu schnelle und leichtfertige Preisreduzierung
Der Gewinn neuer Kunden ist nicht per se ein Erfolg, wenn zu leichtfertig der Preis reduziert wird, sagt Wirtschaftsingenieur Frey, der seit 13 Jahren Unternehmen in ganz Deutschland berät. Wer bei einem Deckungsbeitrag von zehn Prozent fünf Prozent nachlässt, muss doppelt so viel verkaufen, um den Preisnachlass wieder einzuspielen. Außerdem: Ein niedrigerer Preis ist schwer auf ein höheres Niveau zu bekommen. Argumentieren Sie für Ihren Preis. Wenn es schon sein muss, dann geben Sie eine Zusatzleistung für die ersten drei Monate, die dann eben ausläuft. Gerade die Verkäufer hochwertiger Produkte sagen gerne, dass man ein Fünftel über dem marktüblichen Preis liegt, aber etwa der Haken 50 Prozent länger hält und zusätzliche Dienstleistungen zum Produkt gehören. (bw)