EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken umgesetzt

Neues UWG - jetzt noch mehr Abmahnungen?

04.02.2009
Mit dem neuen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, das zum Jahreswechsel in Kraft getreten ist, wird Internethändlern künftig ein eisiger Wind ins Gesicht blasen. Johannes Richard* nennt Beispiele.

Relativ kurzfristig hat es der Gesetzgeber doch noch geschafft, die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern, Nr. 2005/29/EG (UGP-Richtlinie) in das deutsche Wettbewerbsrecht mit aufzunehmen. Am 30.12.2008 ist das "1. Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb" (UWG) vom 22.12.2008 in Kraft getreten.

"Geschäftspraktik" greift weiter als "Wettbewerbshandlung"

Die unlautere Geschäftspraktik steht im Mittelpunkt des neuen UWG. Während es im alten UWG den Begriff der "Wettbewerbshandlung" gab, ist im neuen UWG von einer "Geschäftspraktik" die Rede. Dies hängt damit zusammen, dass das neue UWG erkennbar davon getragen ist, insbesondere Verbraucher zu schützen. Die Geschäftspraktik dürfte zudem weitergehend sein als die alte Wettbewerbshandlung. Das UWG schützt, so die Gesetzesbegründung, darüber hinaus auch Mitbewerber, sonstige Marktteilnehmer und "gewisse Interessen der Allgemeinheit".

Das Ende der Bagatelle

Sehr viel weiter gefasst ist § 3 UWG. Während nach der alten Gesetzeslage Handlungen wettbewerbswidrig waren, die den Wettbewerb "nicht nur unerheblich beeinträchtigten", muss man nach der neuen Fassung sagen, dass eigentlich nichts mehr eine Bagatelle darstellt. Ein altes Beispiel für eine Bagatelle ist bspw. die nicht unumstrittene Rechtsprechung, dass fehlende Grundpreisangaben eine Bagatelle darstellen könnte, wenn sich der Verbraucher auch so den Grundpreis selbst errechnen kann. Auch bei Fehlern in der Widerrufsbelehrung waren einige Gerichte dazu übergegangen, dies als Bagatelle zu bezeichnen. Nunmehr sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. § 3 Abs. 3 verweist auf einen Anhang von Regelbeispielen, die stets unzulässig sind: die sogenannte "Schwarze Liste". Zu dieser Liste gehören 30 Beispielfälle, die ohne Wenn und Aber auf jeden Fall wettbewerbswidrig sind, darunter die Verwendung von Gütezeichen oder Qualitätskennzeichen ohne erforderliche Genehmigung.

Von Belang sein kann auch Nr. 5 der Liste, wenn nicht genug Ware vorhanden ist (sogenannte Lockangebote).

Wichtig kann zudem Nr. 8 werden, nämlich Kundendienstleistungen in einer anderen Sprache anzubieten als derjenigen, in der die Verhandlungen vor dem Abschluss des Geschäftes geführt worden sind, wenn die ursprünglich verwendete Sprache nicht Amtssprache des EU-Staates ist, in dem der Unternehmer niedergelassen ist. Dies kann der Unternehmer dadurch umgehen, indem er Verbraucher vor dem Abschluss des Geschäftes darüber aufklärt, dass diese Leistungen in einer anderen als der ursprünglich verwendeten Sprache erbracht werden. Auch nicht uninteressant ist Nr. 10, demzufolge die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindruckes wettbewerbswidrig ist, gesetzlich bestehende Rechte stellen eine Besonderheit des Angebotes dar. Ein Beispiel wäre die Bewerbung mit gesetzlich vorgesehenen Gewährleistungsfristen oder eines Widerrufsrechtes.

Letztlich wird man die Einzelfallrechtsprechung zu den 30 Punkten abwarten müssen. Wenn jedenfalls ein Punkt der "schwarzen Liste" erfüllt ist, liegt ein Wettbewerbsverstoß ohne Wenn und Aber vor.

Irreführung durch Unterlassen

Ein neuer § 5 a UWG regelt die wettbewerbswidrige Irreführung durch Unterlassen. § 5 a UWG entspricht Art. 7 der UGP-Richtlinie.

Wichtig ist, dass § 5 a Abs. 1 UWG für alle Marktteilnehmer gilt, während § 5 a Abs. 2 UWG ausschließlich gegenüber Verbrauchern gilt. Hintergrund ist, dass der Gesetzgeber in § 5 a Abs. 1 UWG beabsichtigte, den kaufmännischen Verkehr nicht mit Informationsanforderungen zu belasten, die in erster Linie dem Verbraucherschutz dienen. Im Übrigen müssen die vorenthaltenen Informationen auch geeignet sein, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte.

Von Bedeutung ist auch § 5 a Abs. 3 UWG, der auch für den Internethandel wichtig werden dürfte. Es werden hier verschiedene Informationen genannt, die als wesentlich gelten, wobei dieser Anschein erschüttert werden kann. Hierzu gehört insbesondere die Art der Preisberechnung sowie ggf. alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- und Zustellkosten. Falls diese Kosten nicht im Voraus berechnet werden können, muss auf die Tatsache hingewiesen werden, dass solche zusätzlichen Kosten anfallen können. Zu den Pflichtinformationen gehören auch die Information zum Bestehen eines Rechts zum Rücktritt oder auf Widerruf.

Unzumutbare Belästigung im Online-Bereich

§ 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG wird auf Werbung mit für den Fernabsatz geeigneten Mitteln beschränkt. Fernkommunikationsmittel sind nach dem Gesetzesentwurf weder Telefon noch Telefax oder E-Mail. Im Ergebnis, so die Gesetzesbegründung, ändert sich für die Sachverhaltsbeurteilung nichts.

Fazit

Mit dem neuen UWG wird künftig vieles als wettbewerbswidrig gelten, worüber man früher nicht einmal nachgedacht hat. Letztlich werden die rechtlichen Anforderungen an einen wettbewerbskonformen Internethandel steigen. (OE)

Rechtsanwalt Johannes Richard, c/o Langhoff, Dr. Schaarschmidt & Kollegen, Richard-Wagner-Str. 14, 18055 Rostock, Tel.: 0381-448998-0, E-Mail: rostock@internetrecht-rostock.de, Internet: www.internetrecht-rostock.de