Die Frage der Geltendmachung des Wertersatzanspruches im Rahmen der Ausübung des Widerrufsrechtes bei eBay ist und bleibt weiter umstritten. Hintergrund ist, dass gemäß § 357 Abs. 3 BGB Wertersatzansprüche für eine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache durch den Unternehmer nur dann geltend gemacht werden können, wenn der Verbraucher bei Vertragsschluss in Textform über diese Rechtsfolgen informiert wird. Eine Belehrung in Textform bei Vertragsschluss ist jedoch bei eBay im Gegensatz zu ordnungsgemäß gestalteten Internetshops nicht möglich. Dass ein eBay-Angebot keine Textform darstellt, wird bis auf wenige Ausnahmen durch die meisten Gerichte angenommen, insbesondere durch das Kammergericht Berlin und das OLG Hamburg. Die Folgen für den Wertersatz haben letztlich den gleichen Ursprung wie die Diskussion, ob die Widerrufsfrist bei eBay zwei Wochen oder einen Monat beträgt . Die Monats-Frist hängt auch ausschließlich damit zusammen, dass eine Belehrung des Verbrauchers vor Vertragsschluss in Textform nicht möglich ist.
Insofern war es nur eine Frage der Zeit, bis dieser Punkt durch aktuelle Entscheidungen wieder in den Focus rückt. Das Landgericht Flensburg hatte in seiner rechtskräftigen Entscheidung vom 23.08.2006, Az: 6 O 107/06 noch angenommen, dass ein eBay-Angebot Textform darstellt. Diese Haltung war durch das Oberlandesgericht Schleswig gehalten worden, woraufhin das Urteil des Landgerichtes Flensburg rechtskräftig wurde.
Nunmehr ist diese Rechtsfrage bei den Gerichten angekommen, die ohnehin schon immer angenommen haben, dass ein eBay-Angebot keine Textform darstellt. Nur folgerichtig hat das Landgericht Berlin in einem einstweiligen Verfügungsverfahren mit Beschluss vom 15.03.2007, Az: 52 O 88/07 entschieden, dass bei eBay ein Wertersatz für eine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme nicht geltend gemacht werden kann.
Obwohl es sich nur um ein einstweiliges Verfügungsverfahren handelt, müssen wir zur Zeit davon ausgehen, dass gerade vor dem Hintergrund der sehr strengen Rechtsprechung der nächsten Instanz, nämlich des Kammergerichtes Berlin diese Entscheidung gehalten wird.
Kostenlose Selbstbedienung bei eBay?
Die rechtlichen wie auch die wirtschaftlichen Folgen sind für eBay-Händler immens. Die wirtschaftlichen Folgen bestehen in erster Linie darin, dass bei eBay aus einer reinen rechtlichen Förmelei heraus ein Wertersatz für eine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme im Falle des Widerrufes nicht geltend gemacht werden kann. Wenn man sich vor Augen führt, was eine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme bei bestimmten Produkten eigentlich bedeutet, wird deutlich, dass eBay-Händler hierdurch so gut wie rechtlos gestellt werden. Lebensmittel werden im Rahmen der bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme verzehrt, Batterien benutzt, Druckerpatronen leergedruckt. Für diese Nutzungen hätte der Verbraucher überhaupt nichts zu zahlen, er müsste eigentlich nur den Widerruf erklären, wobei man sich dann noch darüber streiten könnte, ob im Fall des Verkaufes von Lebensmitteln die leere Flasche überhaupt zurückzusenden ist. eBay würde somit der größte kostenlose Selbstbedienungsladen Deutschlands werden. Über diese Folgen hat sich die Rechtsprechung jedoch naturgemäß keine Gedanken gemacht, abgesehen davon, dass wir diese Rechtsansicht auch nicht für zutreffend halten.
Der eBayhändler: Draufzahlen tut er auf jeden Fall
Für den ohnehin durch die Rechtsprechung geplagten eBay-Händler bleiben somit nur zwei Alternativen:
Entweder er verzichtet auf die Geltendmachung von Wertersatz oder lebt mit der Gefahr einer kostenpflichtigen wettbewerbsrechtlichen Abmahnung.
Wer sich in erster Linie dafür entscheidet, der Rechtsprechung Folge zu leisten und auf den Wertersatz verzichtet, stößt auf weitere rechtliche Probleme:
Wenn man den Wertersatz aus den Widerrufsfolgen herausstreicht, ist die Abweichung vom amtlichen Muster erheblich. Jedoch birgt nur das amtliche Muster gemäß § 14 Abs. 1 BGB-InfoV die Vermutung in sich, dass die Belehrung vollständig ist. Vor dem Hintergrund, dass über den Fristbeginn schon länger nicht mehr im Rahmen des amtlichen Musters belehrt werden kann, dürfte es darauf wohl vorliegend kaum ankommen, da ein halbwegs ordnungsgemäßes Widerrufs-Muster ohnehin nicht mehr dem entspricht, was der Gesetzgeber sich ursprünglich einmal gedacht hatte. Um so skandalöser ist es, dass der Gesetzgeber zur Zeit keinen Anlass sieht, auf diese Problematik durch eine Gesetzesänderung zu reagieren.
Ein weiteres Problem ist eine Definition des bestimmungsgemäßen Gebrauches. Wir halten es für problematisch, den Wertersatz im Rahmen der Widerrufsbelehrung nur für einen bestimmungsgemäßen Gebrauch auszuschließen, da die Fälle, in denen unabhängig vom bestimmungsgemäßen Gebrauch Wertersatz geltend gemacht werden kann, zum einen produktabhängig sind zum anderen auf Grund der festgelegten Rechtsfolgen des Wertersatzes für den nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch nach unserer Auffassung kaum zu definieren sind.
Die Entscheidung des Landgerichtes Berlin verdeutlicht, dass eine ordnungsgemäße Belehrung über das Widerrufsrecht zur Zeit nicht rechtssicher möglich ist, so dass hier in erster Linie der Gesetzgeber gefragt ist oder eBay den Ablauf ändert. Bis hier eine Reaktion erfolgt ist, in beiden Fällen ist zur Zeit nichts zu erwarten, bleibt dem eBay-Händler nichts anderes übrig, als eine Abwägung zu treffen zwischen einer möglichen Abmahnung und der Tatsache, dass er auf den Wertersatz, verzichtet.
Kontakt und weitere Informationen: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rechtsanwälte Langhoff, Dr. Schaarschmidt & Kollegen, Richard Wagner Straße 14, 18055 Rostock Tel: 0381-448998-0, Fax: 0381-448998-22 Im Internet unter: www.internetrecht-rostock.de. (mf)