von Alexander Roth aus Toronto
Die Bilanz des ersten Tages der Weltpartnerkonferenz WPC 2012 von Microsoft lässt sich auf drei News reduzieren: Microsoft hat die Release-Termine für Windows bestätigt, ein neues, aus Partnersicht sehr erfreuliches Geschäftsmodell für Office 365 verkündet und einen knackigen Einblick in Windows 8 und dessen modernen Funktionsapparat gewährt.
Die Stimmung unter den 16.000 Teilnehmern in Toronto ist indes durchwachsen, von der Euphorie der Vorjahre ist kaum mehr etwas zu spüren. Immerhin: Es ist eine positive Anspannung auszumachen. Lesen Sie auf ChannelPartner.de alle Infos und Hintergründe zu der Partnerkonferenz von Microsoft.
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Microsoft bestätigt Windows 8-Termine
Als Steve Ballmer zu seiner Keynote die Bühne betrat, war es fast, als schlief das ausverkaufte Air Canada Centre in Toronto. Auch, als er Sätze wie "wir erfinden uns selbst neu mit Windows 8" oder "wir stehen vor epischen Veränderungen" sagte, wurde zwar geklatscht und gejubelt, doch das recht verhalten. Erst als die auf die Bühne geholte Windows-Marketing-Chefin Tami Relle bekannt gab, Windows 8 werde Ende Oktober 2012 sicher auf den Markt kommen, wurde es laut. Microsoft liege im Zeitplan, und die Hardware-Partner dürften entsprechend schon im August 2012, also die klassischen acht Wochen vor dem offiziellen Verkaufsstart, darauf zugreifen.
Letztlich hat Microsoft damit aber nichts Neues bekannt gegeben. Alles, was Microsoft damit tat, war den mit den OEM-Partnern vereinbarten Zeitplan zu bestätigen. Im Hintergrundgespräch mit CP betonte Partner- & Mittelstandschef Martin Berchtenbreiter vor Ort, dass es "kein Zufall" sei, dass sich die Konzernspitze genau die WPC für die Bestätigung der Termine aussuchte. "Das betont, wie wichtig Microsoft das Partnergeschäft ist: sie sind die ersten die es erfahren. Auch Ballmer blies in seiner Keynote in dieses Horn, als er am Morgen sagte: Sie können mich gerne aaus der Vergangenheit zitieren, als ich damals auf der Bühne rumsprang und rief: Partner, ich liebe unsere Partner! Das gilt heute wie eh und je."
"Korrektur im Vertriebsmodell von Office 365"
Ballmer kündigte zudem eine Änderung des klassischen Partner-Geschäftsmodells für Office 365 an. Während der Hersteller im bestehenden Vertriebsmodell dem Endkunden die Rechnungen stellte, ist nun eine Prepaid-Variante möglich. Das heißt, der Fachhändler bestellt künftig Office 365 Lizenzen bei Microsoft und fakturiert dann selbst gegenüber seinen Kunden. Das bringt Vorteile: Der Reseller kann nun eigene Preispolitiken in Bezug auf das Office 365 fahren, etwa was angekoppelte Services angeht, Kunden durch die direkte Rechnungsstellung enger an sich binden und sich gegenüber dem Wettbewerber besser differenzieren. Im Übrigen soll die Marge des ersten Jahres von 18 auf 23 Prozent steigen.
Einig sind sich Partner, MS-Manager und Analysten darüber, dass dieser Schritt nötig war. Partner hatten eine solche Maßnahme schon lange gefordert, wie Berchtenbreiter gegenüber CP zugab: "Es war eine Korrektur im Vertriebsmodell, die dem regionalem Vertrieb gut tun wird. Die Partner bekommen nun die Freiheiten, die sie brauchen, um sich in Sachen Office 365 gegenüber ihren Kunden zu entfalten. Das wird das Geschäft ankurbeln."
Einen Schritt weiter geht Axel Oppermann, renommierter Microsoft-Analyst von Experton: "Das ist eine wichtige Maßnahme, die helfen wird, die bisherige doch etwas zähe Adaption von Office 365 im Channel zu beschleunigen. Die Partner haben das allerdings von Anfang an gefordert."
Blickt man nun auf die Tatsache, dass Microsoft vor ein paar Monaten bereits sein Preismodell zu Office 365 geändert hat, ist dieser weitere Schritt bereits die zweite Korrekturmaßnahme zum einst so stark angepriesenen Cloud-Produkt und Heilsbringer Office 365. Das lässt sich positiv wie negativ bewerten.
Berchtenbreiter gegenüber CP: "Wir sind mit dem bisherigen Verlauf unseres Cloud-Geschäfts zufrieden, betonen aber, dass wir weiter an der Ausbildung und Rekrutierung der Partner arbeiten müssen. Entsprechend haben wir angekündigt, das Budget von 150 Millionen Euro, das wir im vergangenen Jahr in die deutsche Partnercommunity, vor allem rund um Ausbildung, Schulung und Incentives zur Cloud investiert haben, für dieses Jahr wieder angesetzt haben - wenn wir es nicht gar übertreffen werden".
Windows 8 zeigt seine Reize
Hier schließt sich die dritte News aus Toronto an: Microsoft und das Management-Team rund um Ballmer, Windows-Chefin Relle und Partnerchef Roskill versuchten den Teilnehmern aus über 150 Ländern das neue Portfolio rund um Windows 8 schmackhaft zu machen. Das gelang teilweise, an vielen Stellen aber auch nicht. Die Kritik eines deutschen Partner war stellvertretend, als er sagte: "Es wurde einfach nicht konkret aufgezeigt, wie wir nun als Partnerunternehmen gegenüber den Endkunden Geschäft machen können." In der Tat verbrachten die Manager bislang auf der großen Bühne kaum Zeit damit, den anwesenden Resellern und Dienstleistern erfolgreiche Beispiele zu zeigen, wie sich die neue Welt von Windows 8 und den zugehörigen Apps, von Office 365, Surface (es war bislang in Toronto kein einziges Gerät zu sehen) und co wirklich verkaufen lässt.
Den technische Reiz der Lösungen war allerdings schon zu sehen, etwa als Windows-Managerin Relle unter großer Begeisterung des Publikums vorführte, wie sich Windows 8 per USB-Stick auf Windows 7 Rechner starten lässt, wie Cloud-affin das neue Betriebssystem ist und wie attraktiv es aussieht, wenn Windows 8 als RTM Variante auf eigens dafür hergestellter Hardware läuft. Dabei kam auch die Erfüllung von Business-Anforderungen nicht zu kurz, was das Publikum sichtlich erfreute. Ausgelassener Jubel sieht aberanders aus, "positive Anspannung" ist wohl eine passendere Beschreibung der Stimmung. Es war zu vergleichen mit der Anspannung von Fußballfans im Stadion, deren Team zur Halbzeit führt, es aber noch ein weiter und schwerer Weg ist, das Spiel auch zu gewinnen.
Danach angesprochen, sagt Berchtenbreiter zu CP: "Die Partner sehen, dass die Verkaufschancen von Windows 8 enorm sind, alleine mit Blick darauf, wie wunderbar sich Cloud-Funktionalitäten für Businesszwecke integrieren lassen. Was in Sachen Office 15, Smart-Displays oder Apps möglich ist, wird in Bezug auf das neue OS dabei sogar noch unterschätzt". Der Manager betonte, dass er für diesen Herbst eine große Nachfrage für Windows 8 im deutschen Mittelstand ausgemacht habe. "Das gilt für sämtliche Hardwarebereiche, Desktops, Slave Devices und Tablets, auch für das aus unserem Hause."