Der Bundestag hat am 26.5.2011 die Änderungen zum fernabsatzrechtlichen Widerrufsrecht verabschiedet. Deshalb gilt künftig (schon wieder) eine veränderte Widerrufsbelehrung. Was sich ab dem 4.8.2011, dem Tag der Inkrafttretung, ändert und was Sie als Händler beachten müssen, lesen Sie in diesem Beitrag.
Wichtig: Die seit 11.6.2010 gültigen Musterbelehrungen dürfen noch drei Monate (Übergangsfrist) verwendet werden, ohne dass der Händler hierfür abgemahnt werden kann.
Regelungen zum Wertersatz
Die bisherige Regelung zum Wertersatz im Gefolge der Widerrufsausübung, wonach der Verbraucher für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache Wertersatz leisten musste, wurde vom EuGH (Urteil vom 3.9.2009, Rs. C-489/07) als zu weitgehend eingestuft. Der Gesetzgeber sah sich angesichts des Urteils der europäischen Richter gezwungen, die Regelungen zum Wertersatz im Bürgerlichen Gesetzbuch zu überarbeiten.
Im Zuge der Neuregelung der Wertersatzvorschriften wird ein neuer § 312e ins Bürgerliche Gesetzbuch eingeführt, welcher den (Nutzungs-) Wertersatz wie folgt neu regelt:
§ 312e Wertersatz bei Fernabsatzverträgen
(1) Bei Fernabsatzverträgen über die Lieferung von Waren hat der Verbraucher abweichend von § 357 Absatz 1 Wertersatz für Nutzungen nach den Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt nur zu leisten,
1. soweit er die Ware in einer Art und Weise genutzt hat, die über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht, und
2. wenn er zuvor vom Unternehmer auf diese Rechtsfolge hingewiesen und entsprechend § 360 Absatz 1 oder 2 über sein Widerrufs- oder Rückgaberecht belehrt worden ist oder von beidem anderweitig Kenntnis erlangt hat.
§ 347 Absatz 1 Satz 1 ist nicht anzuwenden.
(2) Bei Fernabsatzverträgen über Dienstleistungen hat der Verbraucher abweichend von § 357 Absatz 1 Wertersatz für die erbrachte Dienstleistung nach den Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt nur zu leisten,
1. wenn er vor Abgabe seiner Vertragserklärung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist und
2. wenn er ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung beginnt.
Zudem wird § 357 Abs. 3 BGB neu gefasst, dieser regelt in Zukunft den (Verschlechterungs-) Wertersatz wie folgt:
(3) Der Verbraucher hat abweichend von § 346 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 Wertersatz für eine Verschlechterung der Sache zu leisten
1. soweit die Verschlechterung auf einen Umgang mit der Sache zurückzuführen ist, der über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinaus-geht, und
2. wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist.
Bei Fernabsatzverträgen steht ein unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform mitgeteilter Hinweis einem solchen bei Vertragsschluss gleich, wenn der Unternehmer den Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise über die Wertersatzpflicht unterrichtet hat. § 346 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 ist nicht anzuwenden, wenn der Verbraucher über sein Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt worden ist oder hiervon anderweitig Kenntnis erlangt hat.
Konsequenzen
Aus den neuen Vorschriften wird ersichtlich, dass der Verbraucher künftig für bestellte Waren nur noch dann Wertersatz leisten muss, wenn er (1) die Waren in einer über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgehenden Weise genutzt hat und er (2) über diese Folge zuvor auch (in Textform) belehrt worden ist.
Achtung: Die Beweislast für die Frage, ob eine Verschlechterung auf einen Umgang mit der Ware zurückzuführen ist, der über ein Prüfen der Sache hinaus geht, trägt künftig der Unternehmer!
Neue Widerrufsbelehrung
Die Änderungen der §§ 312e und 357 Abs. 3 BGB haben zur Folge, dass auch die Muster-Widerrufsbelehrung entsprechend angepasst werden muss. Diese Gelegenheit nutzt der Gesetzgeber für kleinere redaktionelle Änderungen. So wird hinsichtlich der Rücksendekosten das Wort "regelmäßig" in die Widerrufsbelehrung eingefügt. Da der Verbraucher aber bisher bereits die "regelmäßigen Kosten der Rücksendung" zu tragen hat, ändert sich durch diese Ergänzung inhaltlich nichts.
Was bedeuten die Änderung für die Händler?
Sie müssen (spätestens nach Ablauf der Übergangsfrist) die neue Widerrufsbelehrung auf Ihrer Online-Präsenz verwenden.
Der Autor Jan Lennart Müller ist Rechtsanwalt, der Autor Fabian Karg ist jur. Mitarbeiter jeweils der IT-Recht-Kanzlei.
Weitere Informationen finden Sie auch in den FAQ der IT-Recht Kanzlei zum Thema "Widerrufsrecht".
Hinweis der Autoren:
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