Attraktiver Markt für Onlinehändler und Retailer

Neue Wettbewerber im B2B-Geschäft

17.01.2022 von Matthias Hell
Mit der Übernahme zweier iTeam-Systemhäuser ist Cyberport nicht allein: Egal ob Notebooksbilliger, Conrad oder auch MediaMarktSaturn – immer mehr Player drängen ins B2B-Geschäft und machen den etablierten Anbietern Konkurrenz.
Bizteam aus Altenstadt in der Oberpfalz ist eines der beiden von Cyberport übernommenen Systemhäuser
Foto: Bizteam

Die Übernahme von zwei iTeam-Systemhäusern durch Cyberport Ende Oktober hat ein Schlaglicht geworfen auf einen Trend, der gar nicht so neu ist: Fast alle großen Elektronikversender haben nicht nur Endkunden im Visier, sondern bedienen seit Jahren auch Geschäftskunden. Und der steigende Online-Wettbewerb im Elektroniksegment, wo nicht mehr nur Amazon sondern zunehmend auch MediaMarktSaturn für Konkurrenz sorgen, lässt die Relevanz des B2B-Geschäfts eher steigen. Denn ein solides Business-Geschäft ermöglicht es, Schwankungen im B2C-Bereich abzufedern - oder sich sogar ganz vom umkämpften Endkundengeschäft unabhängig zu machen.

So weit ist man bei Cyberport noch nicht. Der Elektronikversender macht einen Großteil seines 2020 erzielten Jahresumsatzes von 620 Millionen Euro (Quelle: EHI Retail) im B2C-Bereich. Von dem Corona-Umsatzboom konnte auch Cyberport mit einem Zuwachs von 10 Prozent relativ gut profitieren. Doch gerade in der Pandemie dürften die 16 stationären Filialen des Onlinehändlers eher zu einer Belastung geworden sein. Dass es sich bei drei Standorten um Shop-in-Shops beim kriselnden Warehauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof handelt, dürfte auch nicht wirklich hilfreich gewesen sein.

Da kommt es gelegen, dass Cyberport bereits seit vielen Jahren einen gesonderten Geschäftskundenbereich betreibt, mit individuellen Ansprechpartnern, Nettopreisen und Angebotserstellung. Die Übernahme der beiden iTeam-Systemhäuser stärkt dieses B2B-Standbein nun weiter. "Wir wollen gemeinsam in den kommenden Jahren einen führenden IT-Services-Player für kleine und mittelständische Kunden in Deutschland bauen", heißt es dazu von Seiten der Cyberport-Konzernmutter Burda. Dass der Elektronikversender kürzlich ankündigte, ab April 2022 das Service-Geschäft mit dem neu in die Geschäftsführung berufenen Kai Hollensteiner zu stärken, unterstreicht diese Ambitionen zusätzlich.

Kai Hollensteiner soll ab April 2022 das B2B-Geschäft von Cyberport stärken
Foto: Kai Hollensteiner

Notebooksbilliger.de bedient seit 20 Jahren B2B-Kunden

Notebooksbilliger.de (NBB), mit 812 Millionen Euro Umsatz in 2020 weiterhin der größte echte Elektronikversender in Deutschland, ist im B2B-Geschäft bereits mindestens genauso weit fortgeschritten wie Cyberport. Unter der Leitung von Co-Gründer Sascha Crocoll baute das Unternehmen bereits ab dem Jahr 2000 zunächst in Karlsruhe und später auch in Potsdam einen eigenen Geschäftskundenbereich auf. "Das B2B-Geschäft nimmt bei uns einen relevanten Anteil am Gesamtumsatz ein, der sich seit Jahren stabil hält", erklärt dazu Martin Schwager, COO bei NBB. Dabei habe man schnell gemerkt, dass es verschiedene B2B-Anforderungen gebe: Um große Geschäftskunden zu gewinnen, müsse man an Ausschreibungen teilnehmen, teils individuelle Anbindungen an deren SAP schaffen und mit Key Accountern für eine langfristige, enge Betreuung sorgen.

Martin Schwager ist COO von Notebooksbilliger.de
Foto: Notebooksbilliger.de

Kleine und mittlere Geschäftskunden seien aufgrund der Masse nicht weniger interessant für NBB, erklärt Schwager, würden aber als gewöhnliche Onlinekunden geführt, die nach Registrierung zu Nettopreisen im Geschäftskundenbereich des Shops einkaufen könnten. "Unterschiede zu den B2C-Kunden gibt es in jedem Fall bei den Bezahloptionen", berichtet Schwager. "Wir bieten Geschäftskunden eine eigene Rechnungskauflösung sowie Leasing-Optionen." Im Rahmen des derzeit laufenden Umstiegs auf einen Shopware-Shop plane NBB zudem weitere Funktionen für Businesskunden. Dazu gehörten Features wie das Anlegen mehrerer Besteller-Accounts für einen Kunden, das Erstellen von Sammelrechnungen und generell die Anzeige unterschiedlicher Sortimente für B2B- und B2C-Kunden. "Perspektivisch wollen wir zudem auch das Thema E-Procurement für uns erschließen", erklärt der COO von Notebooksbilliger.

Auch MediaMarktSaturn will ins lukrative Business-Geschäft

Nicht nur die großen Elektronikversender, auch Europas größter Elektronik-Retailer zielt neuerdings auf das Business-Geschäft. Vor zwei Jahren erklärte MediaMarktSaturn erstmals, gezielt Geschäftskunden ansprechen zu wollen. Dabei hat man vor allem kleine und mittelständische Unternehmen im Visier, aber auch Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen und die öffentliche Verwaltung. Beratung zu maßgeschneiderten Lösungspaketen sollen die Geschäftspartner direkt vor Ort erhalten von speziell qualifizierten B2B-Managern der Märkte von Media Markt und Saturn, ergänzt um extra hierfür ausgebildete, bundesweit arbeitende Kundenbetreuer.

"Es gibt enormen Bedarf an neuen Technologie-Lösungen und lösungsorientierter Beratung - zum Beispiel ein Mittelständler, der seine Konferenzräume mit moderner Videotechnik ausstatten möchte oder die Schule, die sich mit neuer Technologie fit für die Digitalisierung macht. Deshalb forcieren wir nach einer erfolgreichen Testphase den Ausbau unseres B2B-Geschäfts und schaffen hier ein eigenes, bundesweites professionelles Beratungsangebot", erklärte der damalige Deutschland-Chef von MediaMarktSaturn Florian Gietl.

Alexander Rupprecht verantwortet seit Mai das B2B-Geschäft von MediaMarktSaturn
Foto: MediaMarktSaturn

Unterstrichen wurde diese Ambitionen, durch eine prominente Personalie: Im Mai kam der Telefonica-Manager Alexander Rupprecht als Leiter B2B zu dem Retailer. Er soll die B2B-Aktivitäten von Media Markt und Saturn deutschlandweit ausbauen. ""MediaMarktSaturn Deutschland hat in den vergangenen Jahren bereits ein starkes Fundament in der Beratung von Geschäftskunden gelegt. Ich freue mich, darauf aufsetzen zu können", erklärte Rupprecht zum Antritt seiner neuen Position.

Conrad Electronic ist bereits einen Schritt weiter

Welche Dynamik das B2B-Geschäft für einen bis dato primär auf Endkunden ausgerichteten Händler annehmen kann, zeigt das Beispiel Conrad Electronic. Während die Modernisierungsschritte im B2C-Geschäft wie die digitale Pilotfiliale in Berlin-Schöneberg nur bedingt zündeten, entwickelte sich der 2017 gestartete B2B Online-Marktplatz von Conrad von Anfang an zu einer echten Erfolgsgeschichte. Ralf Bühler, der 2019 als Chief Sales Officer B2B zu Conrad kam und seit Jahresanfang als CEO des Elektronikhändlers amtiert, profilierte sich dabei als klarer Fürsprecher einer neuen "Business first"-Ausrichtung: "Der Handel im B2B-Segment ist für Conrad schon immer ein wichtiges Standbein. Da sich auch auf der Seite unserer B2B-Kunden eine Veränderung des Beschaffungsverhaltens hin zu Online-Beschaffungskanälen zeigte, haben wir uns frühzeitig darauf eingestellt, um den Ansprüchen unserer B2B Kunden gerecht zu werden."

Der frühere B2B-Chef Ralf Bühler ist seit Anfang 2021 CEO von Conrad Electronic
Foto: Conrad Electronic

Inzwischen verkaufen auf dem B2B-Marktplatz von Conrad über 300 Anbieter mehr als sechs Millionen Artikel von mehr als 5.000 Marken. "Wir bieten unseren Kunden detaillierte Suchfilter, die es auf einem nicht branchenspezifischen Marktplatz so nicht gibt. Außerdem haben wir Anbindungen geschaffen für B2B-Kunden, die nicht über unsere Webseite, sondern über E-Procurement-Lösungen einkaufen", erläutert Bühler einige der Vorteile des B2B-Marktplatzes.

Mehr als 2.000 Geschäftskunden seien bereits mit E-Procurement-Einkaufssystemen angebunden. Das mache den Conrad-Marktplatz auch für Hersteller attraktiv, die selbst über gar keinen Onlineshop verfugten. "Indem sie als Verkäufer auf unserem Marktplatz auftreten, erhalten sie Zugang zu einer sehr hohen zielgruppenrelevanten Reichweite - und das ohne die Infrastrukturkosten für einen eigenen Onlineshop", so Bühler.

Das Beispiel Conrad zeigt, wie weit sich ein zuvor auf Endkunden ausgerichtetes Unternehmen in Richtung B2B bewegen kann. Für ein hochspezialisiertes Systemhaus mag das keine große Bedeutung haben. Für IT-Dienstleister aber, die hauptsächlich auf Hardware und niedrigschwellige Services ausgerichtet sind, sieht die Bedrohungslage dagegen ganz anders aus. Sie werden sich in Zukunft immer mehr mit neuen Wettbewerbern wie Notebooksbilliger und MediaMarktSaturn auseinanderzusetzen haben - von den neuen Cyberport-Systemhäusern ganz zu schweigen.