Massimo Scuderi, Geschäftsführer bei M.K. Computer Electronic, berichtet

Neue Chancen für die Ersatzteildistribution

15.07.2024 von Armin Weiler
Manche Distributoren wählen den Weg der Spezialisierung, denn in der Nische können sie ihre besonderen Fähigkeiten und ihr Knowhow ausspielen. Ein gutes Beispiel dafür ist M.K. Computer Electronic mit der Konzentration auf Spare Parts.

Die Versorgung mit Zubehör- und Ersatzteilen für IT-Produkte folgt ihren eigenen Gesetzen. Für viele Distributoren ist das häufig - im wahrsten Sinne des Wortes - zu kleinteilig. Die Produkte müssen oft über einen langen Zeitraum bereitgehalten werden, nehmen so Lagerplatz in Anspruch und binden Kapital.

Massimo Scuderi, Geschäftsführer beim Ersatzteildistributor M.K. Computer Electronic, sieht durch die europäische Richtlinie zum Recht auf Reparatur gute Chancen für die Ausweitung des Geschäftsmodells in andere Warensegmente.
Foto: Armin Weiler

Die Konzentration auf Ersatzteile erfordert also ausgesprochene Spare-Part-Spezialisten, damit das Geschäftsmodell funktioniert. Einer dieser Experten ist Massimo Scuderi, Geschäftsführer beim Göppinger Ersatzteiledistributor M.K. Computer Electronic. Das Unternehmen existiert bereits seit über 35 Jahre in Deutschland, die österreichische Niederlassung kommt auf 20 Jahre.

Seither hat sich viel verändert: "Früher gab es viele Telefonate, sehr viele Faxe und etwas später viele E-Mails", erzählt Scuderi. Heute läuft der Großteil digitalisiert über den Webshop. Auch die Komplexität des Geschäfts hat zugenommen: "Wo es früher 50 verschiedene Modelle gab, gibt es jetzt 150 oder noch mehr", berichtet der M.K.-Chef.

Auch weiße und braune Ware brauchen Ersatzteile

Als 1995 ein Austauschprogramm für Drucker-Fuser aufgelegt wurde, war auch der Weg für Ersatzteile für Drucker vorgezeichnet. Das Portfolio wurde nach und nach mit den gängigen Druckerherstellern erweitert. Drucker-Spare-Parts sind nach wie vor das Kerngeschäft der Göppinger.

Allerdings glänzt das Druckersegment nicht mit großen Wachstumsraten. Bereits vor rund zehn Jahren wurde daher Ersatzteilen für Server von HP Enterprise ein weiteres Standbein aufgebaut. Eine weitere Zukunftschance sieht Scuderi in der nun verabschiedeten europäischen Richtlinie zum Recht auf Reparatur. So kann er sich durchaus auch vorstellen, Ersatzteillogistik bei weißer oder brauner Ware oder in vertikalen Märkten wie dem Medizinbereich anzubieten. Einer Ausweitung des Portfolios Richtung kompletter Produkte erteilt Scuderi aber eine Absage: "Wir handeln mit Originalersatzteilen und Originaloptionen, das ist unsere Welt", bekräftigt er. Entsprechende Gespräche laufen laut Scuderi bereits.

Was Massimo Scuderi über den Einsatz von KI in seinem Unternehmen denkt und wie das Familienunternehmen sich auf den Generationswechsel vorbereitet, lest Ihr auf der nächsten Seite.

Weitere europäische Expansion geplant

Zudem will er die europäische Expansion vorantreiben. Durch die Mitgliedschaft im Ersatzteilverbund Parts Group Europe (PGE) ist M.K. Computer Electronics indirekt bereits in nahezu allen europäischen und weiteren Ländern der EMEA-Region vertreten. Unter anderem unterhält der Distributor auch Vertriebsbüros, teilweise mit kleineren Logistikkapazitäten in Österreich, den Niederlanden, Italien, den nordischen Ländern sowie in Griechenland. Weitere sollen folgen. "Wir wollen wachsen und wir scheuen uns auch nicht, über Zukäufe nachzudenken", betont Scuderi.

Die M.K. Geschäftsführung mit Daniel (1. v.l.), Rosario (2. v.l.), Österreich-Chef Alexander Rein (2. v.r.) und Massimo Scuderi (1. v.r.) wissen den Wert von guten Mitarbeitern zu schätzen. Daher wurden zum 20-jährigen Bestehen von M.K. Austria neben Alexander Rein auch die langjährigen Mitarbeiter Pascal Kumba und Marco Malivuk geehrt.
Foto: Armin Weiler

Doch egal in welchem Markt, bleibt für Scuderi Verfügbarkeit die Kernkompetenz. Das erfordert einiges an Knowhow und Flexibilität. "Manche Hersteller haben Lieferzeiten von drei Monaten, andere liefern innerhalb von einer Woche", weiß der Spare-Parts-Experte. Auch in Pandemiezeiten mit gestörten Lieferketten hat der hohe Lagerbestand das Unternehmen gut durch die Krisen der letzten Jahre geholfen. Derzeit sieht der M.K.-Chef auch keine Anzeichen drohender Engpässe. Und diese Expertise im Unternehmen ist für ihn essenziell. Zwar nutzt der Distributor auch Software-Tools, teilweise auch KI-gestützt, für den Forecast, doch zu hundert Prozent will sich Scuderi darauf nicht verlassen. "Am Schluss schaut immer noch ein Mensch drauf", bekräftigt er.

Die Gründer Massimo und Kerstin Scuderi - und damit ist auch die Frage nach der Namensgebung von M.K. beantwortet - und sein Bruder Rosario, der etwas später zur Firma stieß, stecken noch voller Elan. So hat Massimo Scuderi LinkedIn als Kommunikationskanal zu Zulieferern und Kunden entdeckt. Trotzdem hat das Familienunternehmen einen behutsamen Generationswechsel eingeleitet. Sohn Daniel ist bereits Mitglied der Geschäftsführung, dessen Bruder Benjamin durchläuft gerade noch die verschiedenen Abteilungen des Distributors. "Wir haben doch einige Familiengespräche geführt, bei denen wir gefragt haben, wisst Ihr eigentlich, was das bedeutet? Das ist keine Vier-Tage-Woche, das sind eher sechseinhalb", erzähl Scuderi. Doch beide Brüder haben sich darauf eingelassen. Die künftige Führung des Ersatzteildistributors ist somit gesichert.

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