Wir haben die wichtigsten Hersteller und Distributoren von Netzwerkzubehör zu ihren Erfahrungen mit mittelständischen Kunden befragt. Dabei wurde klar, dass sich Reseller anstrengen müssen, um die immer anspruchsvoller werdenden SMB-Kunden zufrieden zu stellen. Dabei kommt ihnen ihre Flexibilität zugute.
CTI und UCC nur mit IP-basierter TK-Anlage
Jochen Bräunlein von Teldat plädiert an dieser Stelle ganz klar für die Ablösung der alten TK-Anlage beim Kunden. Nur dann ließen sich CTI- und UCC-Lösungen (Computer-Telefonie-Integration; Unified Communications and Collaboration) sinnvoll integrieren: "Der Trend zu konvergenten Sprach-Daten-Lösungen ist nicht mehr aufzuhalten, wobei hier Hardware durch entsprechende Applikationen ergänzt wird." WLAN ist laut dem Teldat-Manager natürlich auch im Mittelstand weiterhin ein Wachstumsmarkt, denn nur so lassen sich die neuartigen mobilen Endgeräte wie Smartphones und Tablet-PCs überhaupt ans Firmennetzwerk anbinden: Sichere Internetzugänge für Besucher und Gäste müssen natürlich von der unternehmenseigenen WLAN-Infrastruktur streng isoliert werden.
Andreas Hausmann von HP zieht die Servicekarte, denn seiner Ansicht nach sollten Vertriebspartner nicht nur Switches, WLAN-Produkte und Stacking-Lösungen, sondern auch Dienstleistungen wie Planung, Beratung, Design und Implementierung anbieten: "Es ist wichtig, dass VARs ihren Kunden helfen, Betriebs- und Servicekonzepte zu erarbeiten. Diese braucht der Kunde, um seine Infrastruktur optimal zu verwalten", sagt der HP-Manager und zieht damit sein persönliche Resümee aus der Analyse des Mittelstands.
Produkttechnisch weit konkreter äußert sich da Joshua Braun von Netgear: "Sobald für all die bandbreitenintensiven Anwendungen Gigabit-Anbindung am Schreibtisch da ist, steigt die Notwendigkeit für Zehn-Gigabtit-Ethernet am Backbone - und das auch in kleinen und mittelgroßen Unternehmen." Naben den klassischen Netzwerkkomponenten wie Routern, Switches und WLAN-Access-Points sollten Netzwerk-Reseller laut Netgear auch Security-Lösungen wie UTM (Unified Threat Management) oder VPN (virtuelle private Netze) vorhalten, ferner Netzwerkspeicher wie NAS-Systeme (Network Attached Storage) oder iSCSI-SAN-Architekturen (Ethernet-basiertes Storage Area Nework). Aber auch der Vertrieb von IP-basierten Überwachungssystemen (IP Surveillance), also ans Netzwerk angebundene Kameras und Bewegungsmelder, könnte zum Repertoire eines gewieften Netzwerk-VARs gehören.
Ins gleiche Horn bläst Mike Lange von D-Link. Er glaubt, dass durch den stets wachsenden Bedarf an Speicherkapazität hochverfügbare IP-basierte Storage-Systeme (NAS und iSCSI SAN) besonders gefragt sind. Derartige Lösungen eignen sich laut Lange zur Datenarchivierung oder für Disaster Recovery. Außerdem pocht der D-Link-Manager auf die IPv6-Fähigkeit des Netzwerks bei mittelständischen Kunden, wofür selbstredend Switches und Router mit vollem IPv6 Support unabdingbar sind. "Insbesondere im Rahmen der Migration auf IPv6 gibt es für die Reseller große Möglichkeiten für Dienstleistungen, beispielsweise mit Netzwerk-Audits, Migrationskonzepten sowie mit Training des IT-Personals bei mittelständischen Kunden", glaubt Lange.
Dem kann Dirk Obendorf, Cisco-Spezialist bei Tech Data, kaum noch etwas hinzufügen: "Basierend auf der beim Kunden bestehenden Netzwerkarchitektur kann der Reseller dort die klassische TK-Anlage zum VoIP-System ausbauen. Planung, Einrichtung und Aufbau sind Dienstleistungen, die unsere Vertriebspartner aufgrund ihres Netzwerk-Know-hows kompetent anbieten", da ist sich der Tech Data-Manager ganz sicher. Sogar professionelle Videoconferencing-Lösungen offerieren seine VARs schon - entweder als Hardware oder in Form von gehosteten Lösungen, auch aus der Cloud.
Security im Netzwerk unabdingbar
Ingram Micro setzt noch zusätzlich auf Security, Voice und Netzwerkmanagementdienste. Das Portfolio des Broadliners reicht hier von der mobilen/fixen Netzwerkinfrastruktur über Telefonie, Callcenter und Applikationen für Collaboration und mobile Anwendungen für Unternehmenskunden bis hin zu Videokonferenzlösungen für kleine Büros und für das Home-Office.
Einen etwas anderen Aspekt in Sachen Dienstleistungen fürs Netzwerk hat der VAD Wick Hill für sich entdeckt: Mit zunehmender Komplexität werden die Überwachung und die Kontrolle der gesamten Netzwerkinfrastruktu immer wichtiger", meint der in Hamburg tätige Vertriebsleiter Helge Scherff. Seiner Erfahrung nach benötigt der Kunde auf jeden Fall eine interne Lösung zum Schutz des Netzwerkzugangs vor internen und externen Angriffen. Das kann Software oder auch eine Appliance besorgen, sie muss aber leicht zu administrieren sein, sonst wird sie vom Kunden nicht akzeptiert. Außerdem sollte eine derartige NAC-Lösung (Network Access Control) modular aufgebaut, skalierbar und leicht um Drittprodukte erweiterbar sein.
Laut Norbert Roller von Zyxel steht der moderne Netzwerkfachhändler aktuell vor zwei Herausforderungen: Einerseits muss er bei seinen Kunden das Bewusstsein für neue Technologien rechtzeitig und eingehend erwecken; andererseits muss der VAR selbst seinen Wissenshorizont durch eine kontinuierliche Teilnahme an Schulungen, Fortbildungen und Zertifizierungen ständig erweitern und festigen.
Da bleibt Gerald Hahn allgemeiner: "Mittelständische Kunden möchten sich in der Regel nicht mit der Technik auseinandersetzen, deshalb sollten Reseller die notwendige Hardware mit Dienstleistungen verbinden. Der Preis spielt dabei erfahrungsgemäß eine untergeordnete Rolle, solange alles einwandfrei funktioniert." Hier ist sich der Chef der Softshell AG ganz sicher und wird im Gespräch mit ChannelPartner dann doch etwas konkreter. Seiner Ansicht nach sind es nicht unbedingt immer die Produkte der Marktführer, die am stabilsten ihr Werk verrichten und am wartungsfreundlichsten zu betreiben sind: "Das kann eventuell auch ein No-Name-Produkt eines wenig bekannten Anbieters sein". Entscheidend ist es laut Hahn, dass das einmal angeschaffte Netzwerk-Equipment unterbrechungsfrei arbeitet und nur selten Updates oder Patches benötigt. (rw)