Tipps für's Netzwerken

Networking für Schüchterne

26.03.2018 von Meredith Levinson und Florian Maier
Wenn Sie ein schüchterner Mensch sind, kann sich Networking wie pure Folter anfühlen. Wir geben Ihnen 17 Strategien an die Hand, damit die Kontaktaufnahme und -pflege trotzdem klappt.

Das Networking - also der Aufbau und die Pflege von Kontakten - ist ein wesentlicher Faktor für den Geschäftserfolg und kann nicht nur bei der Suche nach einem neuen Job helfen, sondern auch bei der Rekrutierung neuer Fachkräfte, der Kunden- und der Investorenakquise.

Aber für schüchterne Menschen - insbesondere IT-Geeks und -Nerds - kann sich Netzwerken unter Umständen unehrlich und manipulativ anfühlen. Also vermeiden sie den Akt des Networking so gut es nur geht - auch aus Angst vor Zurückweisung. Das wiederum kann sich negativ auf die Karriere auswirken.

Schüchtern? So klappt's trotzdem mit dem Networking.
Foto: Ollyy - shutterstock.com

"Netzwerken hat nichts mit Schleimerei zu tun", weiß Keith Ferrazzi, Autor des Networking-Bestsellers "Never Eat Alone". "Es ist nur ein Buzzword für die Herausbildung ernsthafter Beziehungen, die auf gegenseitiger Konzilianz basieren. Gute Beziehungen bilden die Grundlage für gute Netzwerke- ohne sie können Sie weder eineKarriere noch ein Unternehmen aufbauen. Sie brauchen Leute, die Sie unterstützen."

Glücklicherweise kann jeder halbwegs intelligente Mensch die Kunst des Networking ganz leicht erlernen. Schließlich braucht man dazu "nur" ein Grundgerüst an bestimmten, sozialen Skills. Mit diesen 17 Strategien können auch Introvertierte postwendend netzwerken.

Starten Sie mit dem, was Sie wissen

Wenn Sie schüchtern sind, kann es richtig Überwindung kosten, auf fremde Menschen zuzugehen. Gehen Sie die Sache also langsam an und netzwerken Sie erst einmal probeweise mit Freunden und/oder Verwandten.

"Networking geht auch ganz ohne ungebetene Besuche oder Anrufe", meint Lynne Sarikas, Chefin des Karrierezentrums der Northeastern University. "Starten Sie mit einer bekannten statt einer unbekannten Variable, um diesen Prozess zu demystifizieren. Das hilft schüchternen Menschen dabei, ihre inneren Hürden zu überwinden. Schon mit wenigen erfolgreichen Konversationen wird ihrSelbstvertrauen gestärkt."

Sobald Sie dann ein bisschen Courage entwickeln, weiten Sie Ihre "Kontaktgruppe" auf alte Studienkollegen aus. Ihr Alumni-Netzwerk kann sich als Goldmine erweisen. Einen Ex-Kommilitonen zu kontaktieren, sollte sich übrigens nicht nach Klinkenputzen anfühlen. Schließlich sind Ihre alten Studienkollegen nicht ohne Grund Teil des Alumni-Netzwerks.

Entschuldigen Sie sich nicht

Introvertierte und unerfahrene Mitarbeiter tendieren dazu, sich zu entschuldigen, wenn Sie nach Unterstützung oder Hilfe fragen. Das kommt daher, weil diese Menschen Netzwerken als lästige Pflicht empfinden, statt als Möglichkeit zum Kontaktaufbau.

"Sie fühlen sich so, als wären sie Bittsteller", weiß Sarikas. "Und diese Menschen haben nicht das Gefühl, dass Sie es wert sind, von anderen gehört zu werden. Also entschuldigen sie sich, wenn sie um Hilfe bitten."

Ständige Entschuldigungen lassen Sie wie einen Anfänger wirken. Also lassen Sie das. Jetzt sofort. Ein solches Verhalten zeigt anderen lediglich einen Mangel an Professionalität und Selbstvertrauen auf. Sie brauchen sich nicht dafür zu entschuldigen, wenn Sie Hilfe benötigen. Sie brauchen sich auch nicht dafür zu entschuldigen, wenn Sie mehr über die Person wissen wollen, deren Hilfe Sie benötigen. Beim Networking sieht die Erwartung so aus: Eine Hand wäscht die andere. Glauben Sie an sich selbst.

Gute Miene

Immer schön lächeln. "Das ist eine so einfache Basisregel, aber die Leute denken einfach nicht daran", weiß Peter Handal, CEO bei Dale Carnegie & Associates.

Sie sollten sich weniger darauf fokussieren, wie sehr Netzwerken Sie abstößt. Insbesondere dann, wenn Sie Gefahr laufen, auf Veranstaltungen, Konferenzen oder Partys mit grimmigem Gesichtsausdruck aufzufallen. Jede Art von Missmutigkeit, die sich in Ihrem Gesicht widerspiegelt, ist fehl am Platz.

Es ist auch viel wahrscheinlicher, dass die Menschen mit ihnen warm werden, wenn Sie das "Guten Morgen" mit einem Lächeln unterstreichen, statt ein gepresst-wütendes "Hallo" mit gezieltem "Vorbeiblick" auszustatten und von dannen zu ziehen. Das heißt nicht, dass Sie wie ein wahnsinnig gewordener Zirkusclown durchs Office tanzen müssen - gewöhnen Sie sich einfach an, eine Begrüßung mit einem freundlichen Gesichtsausdruck und einem Lächeln zu garnieren.

Der richtige Zeitpunkt

Auf eine Gruppe von Menschen zuzugehen, die sich untereinander bereits kennen, ist für Introvertierte unter Umständen eine grauenerregende Vorstellung. Schließlich ist es alles andere als ein leichtes Unterfangen, selbst wenn Sie bereitwillig von der Gruppe in die Diskussion mit einbezogen werden.

Keinesfalls sollten Sie deshalb Elefant im Porzellanladen spielen und einfach ungefragt und am besten noch lauthals Ihre Meinung kundtun. Ein solches Verhalten kann den ersten Eindruck schnell komplett versauen. Und jede Konversation im Keim ersticken. Setzen Sie stattdessen zunächst auf Zuhören, um erst einmal heraus zu bekommen, worum es im Kern der Diskussion eigentlich geht.

"Wenn sich dann eine günstige Gelegenheit ergibt, stellen Sie eine Frage an die ganze Gruppe", empfiehlt Handal. "Dadurch bauen Sie Glaubwürdigkeit auf." Für schüchterne Menschen dürfte es aber ohnehin viel einfacher sein, eine Frage zu stellen, als lauthals ihre Überzeugungen preiszugeben.

Zuhören, um gehört zu werden

Jeder Mensch spricht gerne über sich selbst. Das können insbesondere schüchterne Menschen für sich - und ihre Networking-Skills - nutzen. Viele Menschen hören nämlich überhaupt nicht zu, wenn andere reden. Stattdessen warten sie nur auf die Chance, wieder sprechen zu dürfen/können. Wenn Sie schüchtern sind, fällt Ihnen Zuhören wahrscheinlich ohnehin leichter als Reden. Deshalb sollten Sie alles daran setzen, ein guter Zuhörer zu werden. Ignorieren Sie Gespräche nicht und warten Sie nicht furchterfüllt auf den Moment, in dem Sie sprechen müssen.

Hören Sie stattdessen aufmerksam zu und lassen Sie Ihre Gesprächspartner ihre Meinung kundtun. Die werden sich später daran erinnern, dass sie ein tolles Gespräch mit Ihnen geführt haben. Und Sie mussten dazu noch nicht einmal viel sagen.

Kärtchen dabei?

"Visitenkarten sollten Sie immer parat haben", empfiehlt Handal. "Diese sind hocheffektiv, wenn es darum geht, ihren Namen im Gedächtnis der Gesprächspartner zu halten."

Das gilt ganz besonders, wenn Sie ein schüchterner Typ sind. Vergeuden Sie auch kurzfristige Kontakte nicht und nutzen Sie die Gelegenheit zum Tausch der Visitenkarten. Ergreifen Sie dabei die Initiative und bieten Sie zuerst Ihre Karte an - vielleicht denkt Ihr Gegenüber gar nicht daran. In jedem Fall ist es sehr wahrscheinlich, dass Sie so auch das Kärtchen des Gesprächspartners erhalten. Voilà, die Grundlage für eine solide Connection ist gelegt.

Sag' meinen Namen

"Leute hören gerne ihren eigenen Namen", weiß CEO Handal. Wenn Sie also neue Leute kennenlernen, sollten Sie diese auch mit ihrem Namen ansprechen. Das sorgt für Wohlgefühl beim Gegenüber und schafft eine angenehme, freundschaftliche Atmosphäre.

Zudem zeigt die persönliche Ansprache, dass Sie Ihrem Gegenüber Aufmerksamkeit schenken. Wenn Sie dieses Vorgehen als manipulativ empfinden, denken Sie mal darüber nach, wie es sich für Sie anfühlt, wenn Sie jemand in einer ähnlichen Situation mit Namen anspricht. Das hat nichts mit Hinterhältigkeit zu tun, sondern ist einfach Ausdruck von Freundlichkeit.

Positiver Nebeneffekt: Sie tun sich auch leichter beim Namen lernen - beziehungsweise merken.

Seien Sie authentisch

Viele introvertierte Menschen glauben, sie müssten Extrovertiertheit zu Networking-Zwecken vorspielen. Das stimmt nicht. Sicher erfordert das Netzwerken etwas mehr Aufwand als ein Tag auf der Couch mit einem guten Buch. Aber Sie brauchen auch nicht zum Schmierenkomödianten zu mutieren. Wenn Sie schüchtern und schlau sind, setzen Sie einfach darauf.

"Seien Sie authentisch. Das kann liebenswert sein. Verstellen Sie sich auf keinen Fall", empfiehlt auch Keith Ferrazzi. Anders ausgedrückt: Es ist ok, ein wenig unbeholfen zu sein. Entschuldigen Sie sich bloß nicht dafür.

Networking in Dauerschleife

Netzwerken geht nicht nur auf Arbeit. Sondern überall dort, wo nicht Ihr Zuhause ist. Statt online zu chatten, werden Sie Mitglied eines Clubs oder Vereins. Wenn Sie ein Gamer sind, besuchen Sie Gaming-Events. Wenn Sie ein Bücherwurm sind, werden Sie Teil eines Buchclubs.

"Nur weil Sie Technologie-Profi sind, bedeutet das nicht, dass Sie nur auf Konferenzen netzwerken sollten", meint Sarikas. "Die Person, die im Fussballstadion vor Ihnen sitzt, könnte bei einem Unternehmen arbeiten, das für Sie interessant ist. Unter Umständen sitzen Sie die ganze Saison hinter ihm und wissen das nicht, weil Sie nie das Gespräch gesucht haben. Warum eigentlich nicht?"

Bringen Sie Ihr Hobby zur Arbeit mit

Auch Ihre Hobbies können sich bei Arbeitsveranstaltungen als nützlich erweisen. Wenn Sie sich auf einem Event oder einer Konferenz in einem Raum voller Fremder befinden, sollten Sie keinen Hehl aus Ihren Interessen machen: "Wenn Sie über ein Thema voller Leidenschaft sprechen, werden Sie gleich ganz anders wahrgenommen", weiß Ferrazzi. "Sie müssen kein passendes Gesprächsthema finden - teilen Sie einfach Ihre eigenen Interessen mit Ihrem Gegenüber."

Schließlich wissen die meisten Leute ja bereits, was sie mit ihrer Freizeit anfangen, sind aber eventuell auf der Suche nach neuen Aktivitäten oder einfach auch an anderen Dingen interessiert, als nur dem Business. Wenn Sie also ein interessantes Hobby haben, sprechen Sie darüber. Das erhöht auch Ihren Wiedererkennungswert - Sie sind die Frau, die gerne von Klippen springt oder der Mann, der leidenschaftlich gerne strickt.

Unter den Schwingen

Laut Peter Handal tendieren schüchterne Menschen auf Konferenzen und Veranstaltungen dazu, sich eine Person herauszupicken, an der sie dann für die Dauer der Veranstaltung "kleben" bleiben. Klar macht das die Sache einfacher. Aber: Tun Sie das nicht.

Fragen Sie Ihren neuen Freund stattdessen doch einfach, ob er oder sie noch weitere Personen auf dem Event kennt. Gehen Sie offen damit um, schüchtern zu sein oder an Ihren Networking-Skills feilen zu wollen und lassen Sie sich vorstellen. "Für schüchterne Menschen ist das ein umgänglicher, einfacher Weg, um neue Leute kennenzulernen", sagt auch Handal.

Seien Sie großzügig

Manchmal haben schüchterne Menschen Probleme mit dem Networking, weil sie glauben, sie hätten jemandem, der ihnen geholfen hat, nichts Adäquates zurück zu geben.

Natürlich funktioniert das Netzwerken am besten, wenn Sie auch etwas anzubieten haben. Aber das haben Sie in jedem Fall. Echtes Interesse an Ihrem Gegenüber - sogar Komplimente oder Zuspruch - sind auch eine Form von Großzügigkeit. Es zeigt zudem, dass Sie fähig sind, auch mal an jemand anderen zu denken, als nur sich selbst.

Oder wie es Ferrazzi ausdrückt: "Seien Sie sie selbst, teilen Sie Ihre Leidenschaften mit anderen und bringen Sie Menschen dazu, sich gut zu fühlen und erfolgreich zu sein - das ist alles, was Sie zum Netzwerken benötigen."

Seien Sie vorbereitet

Wenn Sie Angst vor plötzlicher Sprachlosigkeit oder einem Blackout haben, sollten Sie sich vorbereiten. Überlegen Sie sich "Eisbrecher"-Fragen, die Sie anderen Menschen stellen können - so vermeiden Sie es, irgendwo herum zu stehen und sich nutzlos und/oder fehl am Platz zu fühlen.

Wenn Sie ein Event mit dem Hintergedanken besuchen, sich einen neuen Job angeln zu wollen, sollten Sie Ihren Elevator Pitch bereithalten. Achten Sie darauf, klare und schlüssige Antworten parat zu haben.

Im Nachgang

Der Austausch von Informationen aller Art (Webseiten, Artikel, Studien, Telefonnummern und andere Kontaktdaten) hilft dabei, Glaubwürdigkeit zu erzeugen. Wenn Sie also im Gespräch mit anderen Menschen etwas Interessantes beizutragen haben und beispielsweise versprechen, einen Link zu einem bestimmten Artikel zuzuschicken, sollten Sie sicherstellen, dass das auch passiert.

"Wenn Sie Ihren Worten Taten folgen lassen, gewinnt Ihr Gegenüber den Eindruck, dass Sie ihr Wort halten und man sich auf Sie verlassen kann", erläutert Sarikas. Diese Vorgehensweise kann auch für die Zukunft hilfreich sein. Denn auch wenn die betreffende Person gerade keinen Job oder Lead für Sie hat - vielleicht ändert sich das ja irgendwann. Falls ja, haben Sie gut vorgesorgt.

Zurückweisung kommt vor

Im Laufe Ihres Networking-Lebens werden Ihnen Menschen begegnen, die sich nicht mit Ihnen auseinander setzen können oder wollen. Sie werden Menschen treffen, die unfreundlich sind. Sie werden regelmäßig Menschen treffen, die viel zu beschäftigt sind, um sich mit Ihnen zu unterhalten. Und Sie werden mit einigen Menschen sprechen, die Sie nicht leiden können und die auch Sie nicht leiden können. Vielleicht sind Sie bei bestimmten Themen auch völlig konträrer Auffassung.

"So ist das Leben", meint Lynne Sarikas. "Nehmen Sie das nicht persönlich und sich schon gar nicht zu Herzen. Das hat überhaupt nichts mit Ihnen zu tun. Nicht für alle menschlichen Beziehungen bestehen die gleichen Erfolgschancen. Sie heiraten ja auch nicht jeden, den Sie treffen. Und sind auch nicht mit jedem Ihrer Business Partner persönlich befreundet. Dass die Chemie ab und an nicht stimmt, ist Teil des Networking-Prozesses."

Gehen Sie Risiken ein

Wenn Sie die Angst vor Zurückweisung erst einmal überwunden haben, wird es Ihnen sehr viel leichter fallen, eine Unterhaltung mit Fremden zu beginnen.

"Die Person, die da neben Ihnen auf der Bank oder im Flugzeug sitzt, fühlt sich vielleicht ähnlich unbehaglich wie Sie und ist froh, wenn Sie das Eis brechen", gibt Sarikas zu bedenken.

Ein Fehler, den Sie nicht begehen sollten: Glauben Sie nicht, dass die Anderen Ihnen etwas voraus haben. Es gibt eine Menge schüchterner Menschen auf der Welt und solche, die sich in Situationen wie diesen total wohl fühlen, sind ganz klar die Ausnahme.

Vielleicht ist die Person neben Ihnen ja auch Ihr neuer bester Freund. Oder nicht. Wenn Sie es nicht ausprobieren, finden Sie es auch nicht heraus.

Wenn nichts hilft, hilft Hilfe vom Profi

Wenn Sie sich partout nicht gegenüber anderen Menschen öffnen können oder wollen, werden Sie auch die Kunst des Netzwerkens nie beherrschen können. Wenn der innere Schweinehund also wirklich so groß ist, sollten Sie die professionelle Hilfe eines Therapeuten in Anspruch nehmen. Der kann Ihnen dabei helfen zu verstehen, was es mit Ihrer Schüchternheit auf sich hat und zeigt Ihnen Wege und Strategien zur Selbst-Überwindung.

"Die Fähigkeit, mit anderen Menschen vertraut zu sein, ist der Kern des Networking", meint auch Ferrazzi. "Schüchterne Menschen sind im Grunde innerlich einsam und sehnen sich nach mehr Vertrautheit. Sie haben oft einfach nicht den Mut oder das Selbstvertrauen, um das zu erreichen."

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.