Herr Bieler, Sie fungieren als Gastgeber von Microsoft Deutschland für die deutsche Partner Delegation hier in Washington auf der weltweiten Partnerkonferenz "Inspire". Wie ist der Status Quo und die Stimmung unter den deutschen Partnerunternehmen bei all den aktuellen Veränderungen rund um Microsoft?
Gregor Bieler, Mittelstands- und Partner-Chef bei Microsoft Deutschland: Wir erleben bislang ein herausragendes Event, das seinem neuen Namen "Inspire" alle Ehre macht. Es ist beeindruckend, dass sich fast 650 Vertreter deutscher IT-Unternehmen vier Tage Zeit für unsere weltweite Partnerkonferenz nehmen. Wir als Microsoft transformieren uns in der Tat selbst. Diese Veränderungen werden von der Mehrheit unserer Partner bislang positiv aufgenommen und die Inspire ist genau der richtige Ort um sich über die Digitale Transformation zu informieren und sich inspirieren zu lassen.
Haben nicht viele Partnerunternehmen, vor allem die größeren, die noch zahlreiches traditionelles Systemhausgeschäft betreiben, nicht immer noch Probleme, sich auf eine neues Unternehmen Microsoft und den vollen Fokus auf das Cloudgeschäft einzustellen? Läuft das wirklich so harmonisch ab?
Gregor Bieler, Microsoft: Vorweg - für mich ist das die erste Weltpartnerkonferenz, ich habe keine Vergleichswerte. Dennoch kann ich sagen, dass die Diskussionen, die Sie ansprechen, inzwischen in der Mehrheit beendet sind und nur mehr selten stattfinden. Die angesprochenen Herausforderungen finden im Übrigen auch unabhängig von unserem Haus statt. Ein Blick auf den Markt zeigt - über ein Drittel aller Mittelständler beschäftigt sich aktuell mit der Frage, wann und wie sie in die Cloud gehen, und nicht mehr - ob überhaupt. Ich glaube fest daran, dass wir bald auch in Deutschland den Durchbruch erleben werden, was die Cloud Adoption betrifft. Entsprechend stellt sich der Channel darauf ein.
Microsoft stellt sich in diesen Tagen um - weltweit wird von zahlreichen Entlassungen gesprochen, die vor allem die regionalen Niederlassungen betreffen. Zugleich wird den Partnern eine zielgerichtetere, einheitlichere Betreuung versprochen. Wie wird Microsoft Deutschland das Thema lösen?
Bieler: Zunächst: Netto werden wir in Deutschland keine Arbeitsplätze abbauen. Den von Ihnen angesprochenen Stellenabbau kann ich nicht bestätigen, im Rahmen unserer Restrukturierung wird allen Mitarbeitern die Gelegenheit geboten, sich neu aufzustellen. Es ist zugleich richtig, dass wir fokussierter in der Partnerbetreuung werden - künftig steht unseren Partnern nur mehr ein Ansprechpartner statt vieler zur Verfügung. Unter dem Strich ändert sich aber dabei nicht viel für unsere Partner, nur dass sie von uns eben dedizierter begleitet werden. Dazu kommt eine deutliche Reduktion unserer zahllosen Incentive-Programme, die wir von über 150 auf eine einstellige Zahl herunterschrauben werden - bei gleichem eingesetztem Volumen.
Microsoft will die Digitale Transformation mit allen Mitteln auch in Deutschland vorantreiben. Nun sind Ressourcen aber begrenzt - werden Sie sich künftig stärker in die Breite orientieren, was Partnerunterstützung angeht, oder nach dem Pareto-Prinzip agieren und vor allem die "Musterschüler" des Digitalen Wandels unterstützen?
Bieler: Weder noch - wir werden in der Partnerbetreuung künftig verstärkt nach "Consumption" abrechnen, nicht mehr wie bislang, nach reinem Revenue. Das heißt, die Partner, die wirklich bei Ihren Kunden deployen, werden deutlich stärker profitieren, als die, die nur zögerlich voranschreiten. Damit führen wir Qualität als weiteres Merkmal der Digitalen Transformation ein - und davon können Partner aller Größenordnung profitieren.
Wie schlägt sich denn Deutschland im internationalen Vergleich in der Digitalen Transformation? Wie groß ist der Druck, den Ihnen Redmond vorgibt?
Bieler: Deutschland liegt im internationalen Vergleich zu Cloud-affinen Ländern wie Großbritannien in etwa drei Jahre hinterher. Das wird von der Konzernzentrale anerkannt. Ein für uns wertvoller Schritt war sicherlich die Einführung der Microsoft Cloud Deutschland. Die Unternehmen, die in Sachen Cloudadaption noch zögern, haben damit einfach kein Argument mehr, warum sie es tun - sie nutzen alle Vorteile einer Public Cloud, die zugleich ausschließlich auf deutschen Boden stattfindet.
Wo geht die Reise der Digitalen Transformation in Deutschland hin? Sind "deutsche Bedenken" nur ein interimsmäßiges Phänomen - und langfristig wandert sämtliche IT dann doch in Public Clouds?
Bieler: Dem würde ich widersprechen - vor allem die Öffentliche Hand wird immer deutsche Cloud-Lösungen nutzen, zumindest in Teilen als Hybrid-Modell, wenn nicht gänzlich. Es gibt zahlreiche Beispiele und Bedarfsszenarien auch im deutschen Mittelstand, die einen Weg, den Sie mit Ihrer Frage andenken, verhindern werden.
Lesetipp: Interview mit Gregor Bieler auf der deutschen Microsoft-Partner-Konferenz 2016
Und Ihre deutsche Partnerlandschaft? Wie wird die sich entwickeln?
Bieler: Es ist Bewegung im Markt, auch unter unseren Partnern. Ein Trend ist sicherlich eine stärkere Vernetzung untereinander, ganz unabhängig von einem Hersteller wie uns. Wir unterstützen und fördern solche Partnerschaften. Außerdem beobachten wir, dass immer mehr Unternehmen, die aktiv die Digitale Transformation vorantreiben und dafür eigene Entwicklungsabteilungen aufbauen, ebenfalls zunehmend zu unseren Partnern werden - was wir gutheißen.
Und schließlich gibt es noch unsere Produktpalette, die sich auch ideal an den deutschen Bedarf anpasst - Microsoft 365 löst als Produktivitätssuite hervorragend mittelständische Herausforderungen an die Digitalisierung, während Azure Stack ein noch flexibleres Einrichten hybrider Cloud-Szenarien ermöglicht - um nur zwei Beispiele zu nennen.
Dazu kommt das CSP-Programm, das unsere Partner auf Wunsch zügig zu Cloudspezialisten werden lässt. Das sind alles Lösungen und Angebote, die zeigen: Wir bleiben weiter Partner-fokussiert und sind bestens aufgestellt für die Digitale Transformation. (rw)
Disclaimer: Der Autor war auf Einladung von Microsoft vor Ort in Washington D. C.