Über 400 Teilnehmer zählte NetApp am ersten Tag seiner Partner- und Kundenveranstaltung "Innovation", die am 22. und 23.02.2011 im Congress Center Berlin stattfand. Die Besucher waren vor allem wegen der Möglichkeit gekommen, sich mit ihren Ansprechpartnern beim Hersteller und mit den Kollegen anderer Systemhäuser und Dienstleister auszutauschen.
"Das Networking ist das Wichtigste auf so einer Veranstaltung", sagt Bernward Anders, Geschäftsführer beim langjährigen NetApp-Partner Anders & Rodewyk, "auch wenn wir manchmal mit anderen Partnern konkurrieren, ergibt sich doch immer wieder die Möglichkeit zur Zusammenarbeit."
Zusätzlichen Anreiz zur Teilnahme bot die Aufteilung in einen Partner- und einen Kundentag: "Mir gefällt das Konzept. Am zweiten Tag werden wir mit Kunden hier sein und können so sehr effizient beide Aspekte abdecken", sagt Klaus Form, Direktor Öffentliche Auftraggeber bei Computacenter.
Vor dem Networking standen jedoch die Präsentationen des Herstellers. Alexander Wallner, Area Vice President Germany, stimmte die Teilnehmer auf gute Zeiten ein: "Die deutsche Wirtschaft ist im Aufschwung, wir müssen uns keine Sorgen machen." Hype-Themen wie Virtualisierung und Cloud Computing spielten NetApp und den Partnern in die Hände: "Je mehr eine Infrastruktur verteilt und konsolidiert wird, desto wichtiger wird das Thema Hochverfügbarkeit."
Zusätzlich könne der zunehmende wirtschaftliche Druck auf die IT-Abteilungen und die IT-Infrastruktur als Türöffner dienen: "Wir wollen die Effizienz der Storage-Systeme massiv nach oben bringen. Die durchschnittliche Auslastung liegt bei 40 bis 50 Prozent - bei unseren Kunden beträgt sie 80 Prozent", sagt Wallner. Es gäbe sogar Provider unter der Kundschaft, die mit 600 oder 700 Prozent überprovisionierten.
Weiteres Einsparungspotenzial lässt sich laut NetApp mit De-Deduplizierung realisieren: "Wir haben vor Kurzem verkündet, dass wir ein Exabyte an Daten dedupliziert haben, das entspricht rund 7,5 Milliarden Dollar Ersparnis beim Kunden", rechnet Wallner vor.
Wallner betonte weiter, dass NetApp trotz einiger Zukäufe vor allem auf Eigenentwicklung setze: "Wir gebären Innovation aus uns selbst heraus". Welche Produkte gerade im Geburtskanal stecken, darüber konnten sich Partner in einer eigenen NDA-Session informieren.
Computacenter-Manager Klaus Form bewertet dieses Konzentration auf Eigengewächse positiv: "Die Integration zugekaufter Firmen kostet viel Kraft". NetApp habe zudem die richtigen Produkte zur rechten Zeit. Er bemängelt allerdings, dass die Entwicklung stark auf den amerikanischen Markt konzentriert sei. "Ich würde mir wünschen, dass Anforderungen aus Deutschland wie die Archivierung im Öffentlichen Bereich mehr Gehör fänden."
Bernward Anders stimmt ihm zu und nennt als zweites Beispiel das Metro-Cluster - ein Hochverfügbarkeits-Konzept, bei dem Daten zwischen zwei NetApp-Systemen über Entfernungen von wenigen Metern bis 100 km synchron gespiegelt werden können. Das Produkt sei ein "deutsches Baby", das dringend weiterentwickelt werden sollte: "Wir warten schon lange darauf, SAS-Shelves in Metro-Clustern anbieten zu können."
Channel-Parties zweitrangig
Nach dem Auftritt Wallners erklärte Dieter Schmitt, Director Channel Sales Germany, warum NetApp zunehmend auf das indirekte Vertriebsmodell setzt: "Wir machen das nicht, um Channel-Parties zu feiern, sondern weil nur Sie komplette Lösungen, beispielsweise im SAP- oder Oracle-Umfeld anbieten können." Für den Hersteller sei das Channel-Business strategisch. "Wir sind eine Channel-orientierte Firma". Der Channel-Anteil in Deutschland sei mit 85 Prozent überdurchschnittlich hoch und weiter steigend. "Darauf bin ich sehr stolz", sagt Schmitt.
NetApp-Partner, so Schmitt weiter, könnten sich von der Masse abheben und am überdurchschnittlichen Wachstum von NetApp partizipieren. Stabile Margen und ein erhebliches Potenzial an Folgegeschäft sollen zusätzlich dafür sorgen, dass es in der Kasse klingelt: "Nach dem initialen Deal können Sie mit 30 bis 50 Prozent des Umsatzes an Folgegeschäft rechnen, Services nicht eingerechnet."
Am Partnerprogramm werde sich im Fiskaljahr 2012, das im Mai 2011 beginnt, "gar nicht so viel ändern". Es werde unter anderem neue Spezialisierungen, zum Beispiel im SAP-Umfeld, und eine bessere Marketingunterstützung für Service-Partner geben.
Auf die Möglichkeit der Differenzierung ging auch Julie Parrish, Vice President Global Partner Sales, ein (siehe Interview): "Wir haben weltweit 4.000 Partner bei 5 Milliarden Dollar Umsatz". Bei ihrem früheren Arbeitgeber Symantec gäbe es 60.000 Partner bei ähnlichen Umsätzen. "Wir sind sicher nicht überdistribuiert", sagt Parrish.
Bernward Anders kann dem nicht ganz zustimmen: "Der Wettbewerb hat sich verschärft, auf jedem Projekt sind zwei bis drei Partner". NetApp bemühe sich aber um ein sauberes Lead-Management sagt der Manager.
Am Nachmittag kürte NetApp seine besten Channel-Partner des Jahres. Ausgezeichnet wurden Advanced Unibyte für bestes Know-how, die TIM AG als Top-Distributor, ACP als Rookie (Einsteiger) of the Year, FastLane als bester Trainingspartner, Computacenter als Technologiepartner des Jahres und Bechtle für das stärkste Wachstum.
Interview mit Julie Parrish Vice President Global Partner Sales
NetApp will EMC die Marktführerschaft im Storage-Umfeld streitig machen. Julie Parrish, Vice President Global Partner Sales, erklärt, welche Rolle die Channel-Partner dabei spielen.
Sie sind viel unterwegs und besuchen die Partner weltweit. Wie unterscheidet sich der Channel in Deutschland von dem in den USA oder in Asien?
Julie Parrish: Die Bedürfnisse und die Struktur unserer weltweit 4.000 Partner sind gar nicht so sehr voneinander verschieden. Alle wollen Geld verdienen und sie wollen dabei die größtmögliche Unterstützung. Natürlich gibt es gewisse regionale Besonderheiten. So ist in Deutschland der Mittelstand sehr stark. Das führt dazu, dass wir hier mehr Silver Partner haben als in anderen Ländern. Außerdem ist der Anteil des Channel-Geschäfts in Deutschland mit 85 Prozent deutlich höher als der weltweite Durchschnitt, der bei 72 Prozent liegt.
Sie hatten sich für 2010 drei Ziele gesetzt: Sie wollten die Geschäftsbeziehungen zu Service Providern und Systemintegratoren verstärken, die Partnerbetreuung effizienter machen und Marktanteile gewinnen. Haben Sie diese Ziele erreicht?
Parrish: Lassen Sie mich mit den Marktanteilen beginnen. Im vergangen Jahr hatten wir den größten Zuwachs an Marktanteilen seit Jahren. Was die Effizienzsteigerung angeht, handelt es sich mehr um eine interne Bewertung, die wir nicht kommunizieren. Ich kann nur soviel sagen, dass wir die Kosten senken konnten. Was den dritten Punkt betrifft: Dabei ging es vor allem darum, unsere Vertriebswege zu diversifizieren. Es stimmt, wir hatten nicht sehr viele Partner aus dem Bereich der Service Provider und Systemintegratoren. Unser Ansatz war hier eher opportunistisch. Wir haben das geändert und zum Beispiel Partnerschaften mit fünf global agierenden Systemintegratoren geschlossen. Erst vor kurzem haben wir eine wichtige Vereinbarung mit Accenture bekannt gegeben. Diese gilt zunächst nur für USA, aber wir hoffen, dass wir sie weltweit ausdehnen können. Was die Service Provider angeht, so gibt es mittlerweile 50 Service-Angebote auf Basis von NetApp-Infrastruktur. Sicher sind wir hier erst am Anfang, aber das Kundeninteresse ist da. Über Umsätze reden wir vielleicht im kommenden Jahr.
Im Markt gibt es Gerüchte, NetApp sei arrogant geworden und spiele Partner gegeneinander aus. Was sagen Sie zu diesen Vorwürfen?
Parrish: Ich weiß nichts davon und kann das nicht kommentieren. Es kann sein, dass in Deutschland, wo wir einen hohen Marktanteil und überdurchschnittlich viele Partner haben, Channelkonflikte etwas häufiger sind als anderswo. Wir haben auf jeden Fall nicht die Absicht, durch Massenrekrutierung von Partnern den Marktanteil hochzutreiben. Partner gegeneinander auszuspielen - das gehört nun wirklich nicht zu unserer Strategie. Wir haben ein standardisiertes und offen kommuniziertes Projektregistrierungsverfahren, das nach klaren Kriterien dafür sorgt, dass die Partner den richtigen Preis bekommen.
Netapps erklärtes Ziel ist es, EMC die Marktführerschaft im Storage und Datenmanagement streitig zu machen. Noch ist der Marktanteil von EMC bei Networked Storage fast doppelt so hoch wie der von NetApp. Wie wollen Sie diese Lücke schließen?
Parrish: In Deutschland haben wir das bereits geschafft. NetApp ist einfach der bessere Geschäftspartner für den Channel. Wir arbeiten seit über zehn Jahren verlässlich mit unseren Partner zusammen, es gab nie einen Strategiewechsel. Seit 2004 ist der Anteil des indirekten Geschäfts an der Gesamtauftragszahl um 28 Prozent gestiegen, 12 Prozent allein in den vergangenen zwei Jahren. Mir ist diese Glaubwürdigkeit sehr wichtig. Ich glaube außerdem, dass Kunden eine Lösung aus den besten Einzelkomponenten verschiedener Hersteller haben wollen - und das kann eben nur ein Channelpartner liefern. Wir haben deshalb keine Angst, über den Anteil des indirekten Geschäfts am Gesamtumsatz zu reden. Wir haben natürlich auch die besseren Produkte und eine echte einheitliche Architektur von der kleinsten bis zur größten Maschine.
Cisco ist einer ihrer engsten Partner, mit dem unter anderem Sie bei der Cloud-Architektur "FlexPod for VMware" zusammenarbeiten. Gleichzeitig kooperiert Cisco eng mit EMC und hat mit dem Hersteller und dessen Tochter VMware das Cloud-Joint-Venture VCE (Virtual Computing Environment gegründet). Wie passt das zusammen?
Parrish: Das ist kein Problem. Wenn Sie mit Partnern zusammenarbeiten, müssen Sie auch akzeptieren, dass diese wiederum andere Partner haben. Wir üben auch auf Channelpartner keinen Druck aus, wenn diese neben NetApp EMC verkaufen wollen. Wir lassen lieber den Kunden entscheiden, welche Produkte er kaufen will.
Der NetApp-Kommentar zur VCE-Allianz von EMC, Cisco und VMware klang aber ein wenig nach beleidigter Leberwurst.
Parrish: Das Statement sollte nicht defensiv klingen, sondern nur unseren Standpunkt verdeutlichen. Wir glauben, dass unserer Private-Cloud-Ansatz mit der offenen Architektur FlexPod der bessere, flexiblere und realistischere ist - der im Übrigen dem Partner sehr viel mehr Ansatzpunkte für Zusatzgeschäft bietet.
Über Cloud Computing reden wir nun seit zwei Jahren. Haben die NetApp-Partner bereits reagiert und ihre Geschäftsmodelle verändert?
Parrish: Das sehe ich kaum. Partner, die weder Hosting noch Software as Service anbieten, sind zwar verunsichert und fragen mich häufig, was sie tun sollen. Aber nur sehr wenige steigen wirklich ins Cloud-Geschäft ein. Ich würde sie dabei auch nicht bestärken. Ich bin überzeugt davon, dass die überleben werden, die das machen, was sie am besten können, statt auf jeden Trend aufzuspringen. Ich glaube nicht dass traditionelle Integratoren und Lösungsanbieter vom Markt verschwinden werden. Ich rede ja auch mit Hostern wie Rackspace und Terremark und sie sehen in der Tat eine steigende Nachfrage. Bei ihnen, den Telekommunikationsunternehmen und den Service Providern werden wir die meisten Aktivitäten sehen, zumindest, wenn wir von öffentlichen Clouds sprechen.
Aber werden diese Anbieter dem traditionellen Systemhaus nicht das Geschäft wegnehmen?
Parrish: Ich glaube das nicht. Es handelt sich zumindest zum Teil um zusätzlichen Umsatz. Ich glaube auch nicht, dass wir keine klassischen Systemhäuser mehr brauchen werden. Die Hoster und Service Provider haben weder die Kundenkontakte noch das nötige Fachwissen, um Projekte wie Rechenzentrumskonsolidierung oder Storage on Demand verkaufen und umsetzen zu können. Im schlimmsten Fall gehen viele Projekte an die Cloud-Provider - die Vermittlung und Integration wird immer noch ein VAR durchführen. Ich ermutige deshalb unsere Partner, den Trend zwar nicht zu ignorieren, aber sich auch nicht vorschnell auf Geschäftsmodelle einzulassen, die nicht nachhaltig sind. (haf)