Auch nach der Demission von Geschäftsführer Jürgen Gallmann Anfang April zeigt sich die deutsche Avaya, Anbieterin von TK-Lösungen mit Sitz in Frankfurt, nervös. Binnen einer Woche gab das Unternehmen bekannt, künftig wieder seine Telekommunikationsanlagen bevorzugt zu vermieten; ferner werde es seinen Vertrieb umbauen und sich weiter restrukturieren. Das heiße, erklärte die Gewerkschaft IG Metall das Unternehmen plane Massenentlassungen,.
Zum Vertrieb und zur Vermietung der IP-Telefon- und Unified-Communications-Lösungen erklärte Avaya, es habe seinen Vertrieb jetzt so organisiert, dass Kunden zwischen Miete und Kauf wählen könnten. Spezielle Teams würden eingerichtet, um Kunden die Entscheidung zwischen Miete und Kauf zu ermöglichen. Der Vertrieb dieser Lösungen erfolge direkt oder über den indirekten Kanal. Ein Geschäftsbereich sei für das Mietmodell zuständig, ein zweiter werde den Verkauf von Enterprise-Lösungen vorantreiben. Den dritten Vertriebsarm stelle das Channel-Team.
Laut Avaya-Sprecher Michael Baxter hat sich das Unternehmen mit dieser Struktur auf "Kernkompetenzen rückbesonnen", wie er gegenüber ChannelPartner sagte. Nachdem man festgestellt habe, dass Unternehmen in Deutschland nach wie vor Telefonanlagen mieten wollen, wenn auch "nicht zehn bis 15, sondern drei bis fünf Jahre" (Baxter), habe sich die amerikanische Führung dazu entschlossen, dieses bei der Ende 2004 zugekauften Tenovis übliche Geschäftsmodell wieder zu reaktivieren.
Baxter zufolge werden in der Mietabteilung rund zwei Drittel der derzeit 3.600 Mitarbeiter arbeiten. Die Umsätze mit vermieteten Telefonanlagen bezifferte er auf "bis zu 65 Prozent des Gesamtumsatzes" von Avaya Deutschland. Die Mietabteilung wird sowohl für die Vermietung, Entwicklung und Managed Services der Telefonanlagen verantwortlich sein und direkt, sagte Baxter, in die USA berichten.
Partnergeschäft wird weiter vorangetrieben
Zugleich trat das Unternehmen Vermutungen entgegen, es werde seine eingeschlagene Strategie, bevorzugt über Partner zu vertreiben, aufgeben. Jan Lawford, seit Februar dieses Jahres Senior Director Channels EMEA, erklärte gegenüber der englischen Presse, Neukunden würden in jedem Fall von Partnern bedient werden - es sei denn, es gebe "ausgesprochen gute Gründe" für den Direktvertrieb.
Die Channel-Verantwortliche versicherte, Avaya werde grundsätzlich seinen Kunden raten, sich an Partner zu wenden. Das heiße nicht, dass sie das müssten, doch man werde die Vorteile solcher Beziehungen herausstellen. Avaya hatte den Vorzug des indirekten Vertriebs mit dem Programm "Team Avaya" erstmals auf der Cebit 2008 bekannt gegeben und zuletzt auf der europäischen Partnerkonferenz Ende September 2008 in Madrid unterstrichen.
Zur geplanten Restrukturierung in Deutschland hatte sich das Unternehmen bisher nicht geäußert. Der Gewerkschaft IG Metall zufolge plant Avaya, hierzulande jeden sechsten seiner aktuell 3.600 Mitarbeiter zu entlassen. So sollen die Niederlassungen in Köln und Hamburg geschlossen und die Frankfurter Zentrale verkleinert werden.
Dazu erklärte Baxter, Avaya sei nach wie vor in Gesprächen mit der IG Metall über die geplante Restrukturierung. Darüber wolle das Unternehmen keine "öffentliche Diskussion" führen. Doch sei man zuversichtlich, bis Oktober dieses Jahres zu einer Lösung, sowohl die Mitarbeiter als auch die Standorte betreffend, zu kommen. Zum Stand der Debatte bei den Standorten sagte Baxter, es würden "verschiedene Modelle" diskutiert.
Die IG Metall steht spätestens seit dem Austritt von Avaya Deutschland aus dem Tarifvertrag vor zwei Jahren mit dem Unternehmen beziehungsweise den Besitzern, den amerikanischen Investoren TPG und Silverlake, auf Kriegsfuß. (wl)