Kein Druck auf den Käufer möglich

Negativbewertung – Ärgernis für eBay-Händler

22.06.2009
Gerichtsurteil: Verkäufer dürfen nicht den Kaufpreis zurückbehalten, wenn das Widerrufsrecht ausgeübt wurde.

Wenn es bei einem eBay-Kauf zu Problemen zwischen dem Verkäufer und dem Käufer kommt, spielen oftmals negative Bewertungen im Bewertungsportal von eBay ein Problem. Wenn der Ton erst rauer wird, sind viele Käufer schnell mit einer negativen Bewertung dabei. Dies wird von gewerblichen Verkäufern nicht zuletzt wegen der aktuellen sehr strengen Anforderungen von eBay an Bewertungsprofile von gewerblichen Verkäufern durchaus als nachteilig angesehen.

Je größer das Problem mit dem Kaufvertrag, desto größer auch die Gefahr von negativen Bewertungen. Wenn das verkaufte Produkt nicht den Erwartungen des Verkäufers entspricht, sei es aus subjektiver Einschätzung oder aufgrund objektiver Fehler in der Artikelbeschreibung oder an dem Produkt, ist die Enttäuschung groß. Wenn es dann auch noch Probleme bei der Rückabwicklung, bspw. im Rahmen der Ausübung des Widerrufsrechtes gibt, steigt die Wahrscheinlichkeit für böse Kommentare des Käufers im Rahmen der Bewertungsfunktion bei eBay ganz erheblich.

Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Entscheidung des Amtsgerichtes München vom 02.04.2008 (Az.: 262 C 34119/07): Ein Käufer hätte bei eBay ein Produkt erworben, das nicht der Artikelbeschreibung entsprach. Der Verkäufer war gewerblich tätig und musste ein Widerrufsrecht ausüben. Nach dem erfolgten Widerruf weigerte sich der Verkäufer jedoch, den Kaufpreis zurückzuzahlen, solange nicht die negative Bewertung "kein Kontakt möglich" beseitigt worden sei. Dem hat das Amtsgericht einen Riegel vorgeschoben. Der Anspruch auf Kaufpreisrückzahlung des Käufers hat rechtlich gesehen nichts damit zu tun, ob nicht gleichzeitig der Verkäufer einen berechtigten Anspruch auf Widerruf oder Löschung der negativen Bewertung hat.

Anspruchsgrundlage Zurückbehaltungsrecht?

Eine mögliche Anspruchsgrundlage des schlecht bewerteten Verkäufers könnte in § 273 BGB, dem sogenannten Zurückbehaltungsrecht liegen. Es heißt dort:
§ 273 BGB Zurückbehaltungsrecht
(1) Hat der Schuldner aus dem selben rechtlichen Verhältnis, aus dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich ein anderes ergibt, die geschuldete Leistung verweigern, bis ihm die gebührende Leistung bewirkt wird (Zurückbehaltungsrecht)

Schon ein Jura-Student in den ersten Semestern lernt, dass das Zurückbehaltungsrecht an drei Voraussetzungen geknüpft ist:
- gegenseitig
- fällig
- konnex

Konnexität bedeutet, dass die Ansprüche in einem gegenseitigen Verhältnis stehen müssen. Dies ist bei dem Verhältnis "Rückzahlung des Kaufpreisanspruches im Verhältnis zu Rücknahme negativer Bewertung" nach wohl zutreffender Ansicht des Amtsgerichtes nicht der Fall. Es heißt sofern im Urteil "Ein Zurückbehaltungsrecht wegen der von der Beklagten und Widerklägerin behaupteten unrichtigen Bewertung bei eBay besteht schon deshalb nicht, weil die erforderliche Konnexität der Ansprüche fehlt. Hierfür müssen die beiderseitigen Ansprüche in einem derart engen natürlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, dass ein einseitiges Anspruchsverfolgen treuwidrig erschiene. Dies ist im vorliegend nicht der Fall, weil nicht ersichtlich ist, weshalb der Klägerin (Käuferin) zugemutet werden sollte, noch weitere Zeit auf die Rückzahlung ihres Kaufpreises warten zu müssen, zu dessen Bezahlung sie durch die Beklagte und Widerklägerin auf Grund unrichtiger Angaben (falsche Artikelbeschreibung) veranlasst wurde." Die Anmerkungen in den Klammern sind unsere Kommentierung und gehören nicht zu den offiziellen Entscheidungsgründen und dienen lediglich der Verdeutlichung. Selbst behauptete Umsatzeinbußen auf Grund negativer Bewertungen sind für einen Zurückbehaltungsanspruch nicht ausreichend, so das Amtsgericht München.

Rechtsprechung uneinheitlich

Aus der Praxis wissen wir, dass negative Bewertungen als sehr ärgerlich empfunden werden. Letztlich kommt es immer auf den Einzelfall an, ob eine negative Bewertung justiziabel ist oder nicht. Die Rechtsprechung ist hier nicht einheitlich.

Jedenfalls ist es auf Verkäuferseite keine Alternative, im Falle eines Widerrufes Zahlungsansprüche zurückzubehalten, um Druck auf den Käufer dahingehend auszuüben, dass eine negative Bewertung entfernt wird.

Der Autor Johannes Richard ist Rechtsanwalt.
Kontakt: Langhoff, Dr. Schaarschmidt & Kollegen, Rostock, Tel.: 0381 448998-0, E-Mail: rostock@internetrecht-rostock.de, Internet: www.internetrecht-rostock.de