"Close Projection"

Nahkampf-Beamer stark im Kommen

12.02.2008
2003 überraschte NEC mit dem DLP-Beamer "WT600", der auf kürzeste Distanz ein Riesenbild an die Wand zaubert. In jüngster Zeit haben etliche Hersteller nachgezogen. Und langsam werden die Geräte auch bezahlbar.
Der "EMP-400W" von Epson zeigt den Vorteil von Nahprojektionsgeräten im Klassenraum.

Normalerweise brauchen Projektoren mindestens drei oder vier Meter Abstand, um ein halbwegs großes Bild auf die Leinwand zu bringen. Mit einem Weitwinkelobjektiv kann diese Distanz vielleicht halbiert werden, aber um den Beamer praktisch direkt vor die Wand stellen zu können, bedarf es spezieller Spiegel- und Prismentechniken, wie sie übrigens auch in Rückprojektionsfernsehern zum Einsatz kommen.

Während Beamer mit extremer Nahprojektion ihre Vorteile vor allem in Konferenzräumen und Bildungseinrichtungen ausspielen, machen sich Geräte mit großem Weitwinkel auch im Heimkino immer mehr breit. Der "ET20" von Toshiba mit WVGA-Auflösung zum Beispiel bringt es bei 1,60 m Entfernung schon auf eine 2,90 m große Bilddiagonale. Eines der Highlights von Epson auf der ISE 2008 war der WXGA-Projektor "EMP-400W" (siehe Bild oben) mit großem Weitwinkel und 10-Watt-Lautsprechern. Bei WXGA-Auflösung braucht er für ein 60-Zoll-Bild nur 65 cm Abstand, bei XGA-Auflösung 73 cm.

Das Besondere am WT600-Nachfolger WT615 von NEC sind eine integrierte Whiteboard-Funktion mit digitalem Stift sowie WLAN.

Hautnah an der Wand

NEC war 2003 mit dem "WT600" der erste große Markenhersteller, der einen Beamer mit extremer Nahprojektion herausbrachte. Dieser soll auf eine Distanz von 6,7 cm schon ein 40-Zoll-Bild (102 cm) hervorbringen. Es folgten der "WT610" und der "WT615", mit anfänglich 6.000 (UVP) bis 3.750 Euro (Straße) sind die Geräte jedoch recht teuer. Ein für Heimkinonutzer angekündigter günstigerer WT mit SVGA- statt XGA-Auflösung ist nie auf den Markt gekommen.

Der PLC-Xl50 von Sanyo, hier in der Rückansicht, sieht recht spacig aus. Er kann ganz nah an der Wand stehen, der Projektionsabstand ist aber ähnlich wie der des Geräts von Hitachi.

Sanyos PLC-XL50 als Anwendung mit Glastisch.

Druck könnte NEC jedoch von der Konkurrenz bekommen. Denn Sanyo und Hitachi haben gerade vergleichbare Projektoren vorgestellt, die schon für rund 2.000 Euro zu haben sind. Angaben über die Distanz des Projektors zur Wand und die Bilddiagonale sind allerdings mit Vorsicht zu genießen. Denn worauf es ankommt, ist der Projektionsabstand. Und der ist bei Sanyos "PLC-XL50" zum Beispiel um einiges größer als die versprochenen 8 cm für ein Bild mit einer Diagonale von 2 m.

In Orange ist der ED-A110 von Hitachi gehalten. Der Beamer kann sich ganz klein machen.

"Benutzer können freier mit dem Publikum agieren und sich voll und ganz auf den Vortrag konzentrieren. Gefährliche Kabel zwischen Projektor und Leinwand sowie störenden Schattenwurf wird es nicht mehr geben", umreißt Nadja Zink, Sales Manager bei Hitachi DMG in Feldkirchen, die wesentlichen Vorteile der neuen LCD-Projektorenreihe "CPA100/ED-A100/ED-A110". Denn mit einem Projektorenabstand von nur 9 cm (Projektionsabstand: 42 cm) erreichen die Projektoren der neuen A1-Reihe eine Bilddiagonale von 153 cm.

Damit eignen sie sich insbesondere auch für Schulen und Universitäten. Denn mit dem großen Projektionswinkel (Off-set) kann das Gerät so nah an der Decke montiert oder auf dem Boden aufgestellt werden, dass der Referent (Lehrer oder Dozent) die Leinwand oder Tafel berühren kann und gerade mal die Hand Schatten wirft. Im "Blackboard"-Modus kann man sogar eine grüne Tafel als Projektionsfläche nehmen.

Der "ED-A110" wird gemäß dem britischen Becta-Projekt in der Schulfarbe Orange ausgeliefert, was neben Kensington-Lock und Pin-Code-Schutz Langfingern das Leben schwer machen soll.

Linsenlösungen

Auch beim EX20 ist Toshiba seinem wohnzimmertauglichen Projektorendesign treu geblieben.

Toshiba hat auf dem im November 2007 von ChannelPartner veranstalteten "Channel-Test-Day Projektoren" den im Bereich Business und Education angesiedelten DLP-Beamer "TDP-EX20" mit XGA-Auflösung vorgestellt. Dabei wurde demonstriert, wie sich das Gerät mit seinem geringen Projektionsabstand von 50 cm für ein 1,0 m großes Bild (maximal 2,54 m Bilddiagonale auf 1,5 m Abstand) für den Einsatz mit einem interaktiven Whiteboard eignet.

Im Zusammenspiel mit Board und angeschlossenem PC wird der Beamer somit zum multimedialen Overhead-Projektor. Denn vom Lehrer oder Referenten eingefügte Anmerkungen oder Strichzeichnungen werden praktisch wie beim Vorgänger aus uralten Schultagen festgehalten und lassen sich zum Beispiel für die nächste Unterrichtsstunde wieder aufrufen. Bei einem Off-set-Winkel von 130 Grad an der Decke montiert, sind störende Schattenwürfe beim "EX20" oder dem WXGA-Bruder "EW20" so gut wie ausgeschaltet.

Bei der Vorführung auf dem Channel-Test-Day vor drei Monaten zeigte sich jedoch auch ein Nachteil von Nahprojektionsgeräten: Bei der Vorführung im Konferenzsaal von IDG in München kam der EX20 nicht damit klar, dass die Leinwand leicht wellig war. Das auf einer kleineren Leinwand sehr überzeugende Bild war auf der großen verzerrt und zeigte an den Rändern deutliche Unschärfen. Sicherlich auch eine Einstellungssache, aber dafür war in den 30 Minuten Installation und Vortrag keine Zeit.

Ein anderes Thema ist die Qualität des (Super-)Weitwinkelobjektivs. Wie bei Kameras neigen günstige Linsensysteme zu Verzeichnungen und Randunschärfen. Wechselobjektive für Projektoren, die solche zulassen, können bis zu über 2.000 Euro kosten, das günstigste Weitwinkelobjektiv von Optoma gibt es bei Beamershop24.net schon für 284 Euro.

BenQs MP771 könnte man auf den ersten Blick auch für einen Diaprojektor halten.

BenQ hat im November 2007 den "MP771" mit Kurzdistanzlinse vorgestellt. Schon auf einen Meter Abstand soll es der im Office-Bereich positionierte Beamer auf ein 74-Zoll-Bild bringen. Die Vorführung in der Essener Zeche Zollverein war tatsächlich überzeugend. Das Gerät bietet eine XGA-Auflösung von 1.024 x 768 Pixeln, eine Helligkeit von 3.000 Ansi-Lumen, ein Kontrastverhältnis von 2.000:1 und ein Sechs-Segment-Farbrad. Dank Unishape-Technologie kann der MP771 die Lichtintensität dem Bildinhalt anpassen.

Im Preis von 2.099 Euro (UVP) enthalten sind 36 Monate Garantie inklusive Leihgerät während der ersten zwölf Monate und sechs Monate oder 1.000 Stunden Garantie auf die Lampe. (kh)