Immer noch mehr, immer noch schneller erledigen, mit immer weniger Personal - vor diesem Problem stehen nicht nur die Anwender in den Unternehmen, sondern auch ihre IT-Dienstleister. Aber müssen Systemhäuser wirklich immer jeden Wunsch des Kunden erfüllen? "Nein!", konterte Keynote-Sprecher Peter Kreuz. Branchentypische Überzeugungen wie diese seien wenig geeignet, um Chancen zu entdecken, die der Wettbewerb übersieht, erklärte der renommierte Business-Querdenker und Bestsellerautor auf dem Systemhauskongress Ende August in Düsseldorf.
Mehr als 100 Systemhausvertreter waren zu dieser Veranstaltung gekommen, um sich miteinander zu vernetzen und für ihr Geschäft frische Impulse mitzunehmen.
Weniger ist mehr
In seiner packenden Keynote durchleuchtete Kreuz vertraut gewordene Denkmuster. Er rief die Zuhörer dazu auf, ihre Geschäftsmodelle auf den Prüfstand zu stellen, sich von lang gepflegten Gewohnheiten zu lösen, die eigenen Stärken zu finden. Für Querdenker Kreuz bedeutet dies vor allem Mut zur Reduktion: "Der Kern einer Strategie besteht darin zu bestimmen, was man nicht macht".
Doch woher lässt sich die Zeit nehmen für dieses Innehalten, mitten in den in derzeit prall gefüllten Projekte-Pipeline, getrieben vom Tagesgeschäft? Und was geht mit dieser Fokussierung auf sein eigenes Kernthema konsequenterweise einher?
"Nutzen Sie To do-Listen? Packen Sie da auch immer mehr drauf?" fragte er in die Runde - und erntete allenthalben Kopfnicken. "Machen Sie eine To don´t Liste - streichen Sie einen Punkt für jede neue To do." Die Besinnung auf die eigenen Stärken und künftige Ausrichtung könne durchaus auch darin münden, bestehende, Standarddienstleistungen für Kunden zu streichen - oder Kooperationspartnern zu überlassen. Weglassen statt aufsatteln, so seine Empfehlung. "Wer unsere Ideen nicht versteht und nicht zahlen will, der kann ruhig wieder gehen", riet er den Partnern und erntete damit auch Widerspruch.
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Neue Vertriebswege beschreiten
Seine Auftakt-Keynote "Anstiftung zum Querdenken - Seien Sie alles, außer gewöhnlich", gab das Leitmotiv dieser Veranstaltung vor. Der Frage, wie IT-Dienstleister ausgetretene Pfade im Vertrieb verlassen und neue Wege beschreiten können, zeigten Oliver Wegner, Geschäftsführer von evolutionplan und Ralph Friederichs, Geschäftsführer des Systemhauses Cyberdyne IT. Wegner erläuterte an konkreten Beispielen, wie sich Mitarbeiter zu Unternehmern im Unternehmen wandeln können. Friederichs wiederum beschrieb am Beispiel des eigenen Unternehmens, wie sich mit Google erfolgreich Neukunden akquirieren lassen.
"Obwohl wir die IT-Branche repräsentieren, gehen viele sehr stiefmütterlich mit dem Thema Online Marketing und der eigenen Webseite um", rüttelte er die Zuhörer auf. "Das ist so, als würden Sie Ihren Vertriebsmitarbeiter in Jeans und T-Shirt und mit alten Flyern zum Kunden schicken."
Cyberdyne setzt bereits seit vier Jahren auf professionelle Online Marketing. "Mehr und mehr suchen Unternehmen Produkte, Dienstleistungen und Dienstleister online. Denken Sie an sich selber: Wo schauen Sie zuerst nach, wenn Sie etwas benötigen oder wissen wollen?" Dass diese Art der Dienstleistersuche auf dem Vormarsch ist, beweist auch die Umfrage der Computerwoche unter Anwendern. Demnach beauftragen Unternehmen zwar noch überwiegend ihren langjährigen Systemhauspartner für neue Projekte, doch die Recherche im Internet gewinnt zunehmend an Bedeutung.
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Wachstumstreiber Security & Cloud
Doch nicht nur im Vertrieb suchen Partner nach neuen Wegen. Die Anforderungen an Datenschutz und Sicherheitskonzepte wachsen, nicht zuletzt aufgrund der Abhörskandale durch die Geheimdienste und wiederholte Cyber-Attacken. Im Bereich Security erwarten deshalb mehr als die Hälfte der Systemhäuser (56 Prozent) in den kommenden zwölf Monaten auch das größte Wachstum, gefolgt vom Cloud- (54 Prozent) und Managed-Services-Geschäft (52 Prozent), wie die aktuelle Systemhausumfrage von ChannelPartner ergab.
Der Systemhauskongress vermittelte Partnern konkrete Modelle, um einerseits den Wandel zum Service Provider oder Trusted Advisor zu meistern, und gleichzeitig die damit verbundenen Sicherheitsanforderungen zu erfüllen.
So erfuhren die Teilnehmer bei den Workshops der Security-Spezialisten G Data und Norman Data, welches Potenzial in Managed Security Services steckt und wie sie mit Hilfe der von den Anbietern bereitgestellten Service-Plattformen ihr bestehendes Geschäft erweitern und Kunden langfristig an sich binden können. Möglichkeiten, um Anwender vor Malware, Viren, Spyware und weiteren Angriffen zu schützen, vermittelten außerdem Webroot und Cyberoam.
Mit einer neuen Channel-Strategie und neuem Partnerprogramm will Symantec sein Partnernetzwerk im Security-Bereich und das Lösungsgeschäft ausbauen. Der neue Channel- und Cloud-Verantwortliche bei Symantec, Christian Nern, legte in seinem Vortrag die Chancen und Möglichkeiten für Partner dar. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Bereichen Endgeräteschutz, Datenverschlüsselung sowie Backup & Disaster Recovery.
Entwaffnend selbstkritisch präsentierte Stefan Holländer, Senior Director OEM bei Microsoft Deutschland, die Entwicklung und künftige Umsetzung der "Mobile first, Cloud first"-Strategie von Microsoft. Seine Rede stieß deshalb bei Partnern auf große Resonanz und sie nutzten die Gelegenheit mit Holländer ins Detail der neuen Pläne zu gehen.
Wenn Mitarbeiter eigenmächtig Public-Cloud-Dienste beziehen, birgt das nicht nur für das Unternehmen Risiken, sondern auch für deren Dienstleister. Self-Service-Portale bieten hier einen praktikablen, sicheren Weg aus dem Dilemma. Welche Lösungen Novell den Partnern dazu anbietet, erfuhren die Teilnehmer von Partner-Manager Michael Stanscheck aus erster Hand.
Eine gangbare Schneise durch den oft steinigen Weg vom Systemhaus zum Trusted Advisor schlug Thomas Ewald, HP EMEA Cloud Specialist bei Avnet. Er veranschaulichte an konkreten Beispielen, wo die Hürden liegen und wie sich diese mit Hilfe des Value Added Distributors überwinden lassen.
Die meisten Unternehmen haben inzwischen ihre Server- und teils auch ihre Storage-Landschaft virtualisiert - auch in Vorbereitung auf die künftige Nutzung von Cloud-Diensten. Die Bereitstellung grafikintensiver Anwendungen, beispielsweise eingebettete Videos oder 3D-Grafiken, über virtuelle Desktops ist dagegen noch kaum flächendeckend verbreitet. Dabei ist das Einsparpotenzial gerade hier enorm. Stefan Hummel, Field Marketing Manager bei PNY erläuterte im Workshop, weshalb und wie Partner hier Abhilfe schaffen können.
Mit eCommerce wachsen
Ein weiteres, chancenträchtiges Geschäftsmodell für Systemhäuser präsentierten Thomas Wagner, Geschäftsführer der World of EDV, und Christian Erbach, Teamleiter Partner Account Management bei SoftEngine im Rahmen eines Workshops. Wagner schilderte aus seiner eigenen Erfahrung, wie ihm es ihm gelang, vom "Systemhaus an der Ecke" zum gefragten IT-Spezialisten zu werden. Den Schlüssel dazu lieferte die erfolgreiche Partnerschaft mit ERP-Hersteller SoftEngine, über die ihm der Start in den boomenden E-Commerce-Markt glückte. Die Spezialisierung verhalf World of EDV zu einem jährlich zweistelligen Wachstum.
Mit klassischen Themen weiter wachsen
Die Erwartungen an die neuen Technologien sind hoch - doch ohne manchen Klassiker werden Partner ihre Kunden auch künftig nicht umfassend bedienen können. So benötigen Anwender auch im Cloud-Zeitalter kostengünstige Drucklösungen. Andreas Asel, Category Manager bei Epson Deutschland hatte deshalb auch Rezepte parat, wie Partner ihr Printing-Geschäft nachhaltig beflügeln können.
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Chancen nutzen
Mit der Auszeichnung der besten Systemhäuser würdigte der Kongress die hervorragenden Leistungen der Dienstleister im vergangenen Jahr. Für viele Teilnehmer ist die von Computerwoche und ChannelPartner organisierte Awardverleihung ein weiterer Anlass, die Chancen im kommenden Jahr mutig zu ergreifen