Widerrufsbelehrung ist zu lang und unverständlich

Muster sorgt für Ärger

21.01.2008 von Johannes Richard
Das Muster für eine Widerrufsbelehrung, das der Gesetzgeber zur Verfügung stellt, ist ein Fehlgriff, meint Rechtsanwalt Johannes Richard. Er erklär, warum Händler das Dokument lieber nicht nutzen sollten.

Die Frage, wie im Internet-handel über das Widerrufs- oder Rückgaberecht zu belehren ist, gehört zu den häufigsten Abmahnfallen für Internethändler. Der Gesetzgeber hat in der BGB-Informationspflichtenverordnung zwar Muster für eine Widerrufs- oder Rückgabebelehrung zur Verfügung gestellt. Diese Muster sind jedoch so unklar gefasst und so missverständlich, dass viele Gerichte die Verwendung dieser Muster als wettbewerbswidrig erachten. Zu nennen sind hier beispielsweise die Frage nach dem Fristbeginn für die Widerrufsfrist, der Wertersatz für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Ware oder die Erstattung der Hinsendekosten im Falle des Widerrufes.

Der Autor

Johannes Richard

arbeitet als Rechtsanwalt in der Kanzlei Langhoff, Dr. Schaarschmidt & Kollegen in Rostock. Er hat sich auf die Bereiche Internet- und Online-Recht sowie Wettbewerbsrecht spezialisiert.

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Ein grundsätzliches Problem, das es jedem deutschen Gericht erlaubt, die zurzeit geltende Widerrufsbelehrung zu kippen, ist die Tatsache, dass die Widerrufsbelehrung nur in Form einer Verordnung gefasst wurde. Solange die Widerrufsbelehrung nicht in Gesetzesform gegossen wird, wird es für den Internethandel keine Rechtssicherheit geben.

Neue Musterbelehrung geplant

Da aufgrund der immer wieder geäußerten Kritik des Internethandels an der aktuellen Rechtssituation und der erheblichen Abmahngefahr Handlungsbedarf besteht, plant das Bundesjustizministerium aktuell eine neue Widerrufs- oder Rückgabebelehrung. Nach dem jetzigen Diskussionsstand - die neue Widerrufsbelehrung ist noch nicht beschlossene Sache - kommt der Internethandel jedoch vom Regen in die Traufe:

Die neue Widerrufsbelehrung ist vier DIN-A4-Seiten lang. Das Belehrungs-Monster löst rechtliche Unklarheiten damit, dass umfangreich Gesetze aus dem BGB und der BGB-Informationspflichtenverordnung wiedergegeben werden, deren praktische Umsetzung bis heute unter Juristen nicht geklärt ist. Bei diesem Muster bleibt nicht nur die Abmahnsicherheit, sondern auch der Verbraucherschutz auf der Strecke. Allein die geplante Information über den Beginn der Widerrufsfrist ist ohne Jura-Studium kaum zu meistern:

"Die Frist beginnt jedoch nicht vor dem Tage des Einganges der Ware beim Empfänger (bei der wiederkehrenden Lieferung gleichartiger Waren nicht vor dem Tage des Eingangs der ersten Teillieferung) und auch nicht vor Erfüllung der Informationspflichten gemäß § 312 c Abs. 2 BGB und nicht, bevor wir unsere Pflichten aus § 312 e Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllt haben, die gemäß § 312 c Abs. 2 BGB mitzuteilenden Informationen und die gesetzlichen Anforderungen sind im Anhang abgedruckt."

Sämtliche Klarheiten beseitigt

Im Anhang, der die Widerrufsbelehrung auf vier Seiten aufbläht, heißt es gleich zum Einstieg: "Der Unternehmer hat dem Verbraucher ferner die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie die in der Rechtsverordnung nach Artikel 240 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch bestimmten Informationen in dem dort bestimmten Umfang und in der dort bestimmten Art und Weise in Textform mitzuteilen."

Jedem Internethändler und vor allem Verbrauchern wird somit vollkommen klar sein, wann die Widerrufsfrist tatsächlich zu laufen beginnt.

Die Rechtsanwälte von internetrecht-rostock.de hatten aufgrund dieses unhaltbaren Zustandes auf ihrer Internetseite ein Musterschreiben veröffentlicht, um gegen die beabsichtigte neue Widerrufsbelehrung zu protestieren. In einer Stellungnahme wird das Belehrungs-Monster verteidigt. So soll eine Widerrufsbelehrung den Verbraucher zwar umfassend über seine Rechte informieren, nicht aber eine im Einzelfall notwendige rechtliche Beratung entbehrlich machen.

Wenn somit der Verbraucher künftig nur noch mittels Beratung eines Fachjuristen, der auf diesen Bereich spezialisiert ist, weiß, welche Rechte ihm im Rahmen des Widerrufsrechtes zustehen, ist es selbstverständlich nur eine Frage der Zeit, bis wiederum Gerichte diese Belehrung kippen.

Hinzu kommt, dass offene Fragen, die durch die Rechtsprechung im Rahmen der jetzigen Widerrufsbelehrung diskutiert werden, im neuen Muster offen bleiben. So wird beispielsweise festgelegt, dass bei Verkäufen bei eBay ein Wertersatz für eine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme nicht geltend gemacht werden kann. Dies kann umfangreiche finanzielle Folgen für eBay-Händler haben und ist zudem ungeklärt, da sowohl das Oberlandesgerichtes Hamburg als auch das Oberlandesgericht Köln den Wertersatz bei eBay als zulässig ansehen. Weitere aktuell diskutierte Fragen, wie etwa die Erstattung der Hinsendekosten im Falle des Widerrufes, bleiben jedoch unbeantwortet.

Die jetzt geplante Belehrung, die mehr als 12.500 Buchstaben umfasst, wird jedenfalls nicht geeignet sein, zu einer nennenswerten Rechtssicherheit beizutragen.

Auch künftig keine Rechtssicherheit

Da deutsche Gerichte berechtigt sind, Verordnungen, die unklar gefasst sind, kraft eigener Kompetenz zu kippen, wird es so lange keine Rechtssicherheit geben, wie der Gesetzgeber ein Widerrufs- oder Rückgaberecht nicht in Gesetzesform gießt. Auf Dauer wird zwar eine Musterbelehrung in Gesetzesform geplant, die jetzt beabsichtigte neue Belehrung soll jedoch als Zwischenschritt auf jeden Fall kommen.

Vor dem Hintergrund, dass der Internethandel in Deutschland im Jahr 2007 Milliardenumsätze erwirtschaftet hat und aufgrund gesetzgeberischer Unzulänglichkeit immer wieder in das Visier von Abmahnern gerät, ist die jetzt beabsichtigte vierseitige Belehrung ein justizpolitischer Skandal. Sowohl die Rechtssicherheit als auch der Verbraucherschutz ließen sich ganz einfach umsetzen, wenn es künftig eine Belehrung in Form eines förmlichen Gesetzes gäbe. Die jetzt geplante neue Belehrung ist das Gegenteil von Verbraucherschutz und bietet einschlägigen Abmahnern eine willkommene Vorlage.

Jeder Internethändler ist daher gut beraten, auch im eigenen Interesse seine Kritik gegenüber dem Bundesjustizministerium zu äußern, um das Inkrafttreten dieser Muster zu verhindern.

MF