Security-Software

Muss ein Antivirus-Programm Geld kosten?

22.09.2011 von Thomas Bär und Frank-Michael Schlede
Kostenlos oder kommerziell – ein Vergleichstest bei Security-Software zeigt, worauf es ankommt.
Wie gut sind kostenlose Antivirus-Lösungen?
Foto: fotolia.com/shockfactor

"Was nichts kostet, ist nichts wert" – dieser Aphorismus wird Albert Einstein zugesprochen. Während sich im "normalen Leben" eher eine gegenteilige Einstellung durchgesetzt hat, bei der viele Konsumenten möglichst viel Leistung für möglichst geringe Kosten erwarten, misstrauten die professionellen IT-Anwender lange den "Umsonst-Angeboten". Diese Haltung wurde erst durch die große Verbreitung der Open-Source-Produkte, allen voran Linux, deutlich aufgeweicht.

Doch wie sieht es bei Security-Produkten aus? Handelt es sich gerade bei Antivirus-Lösungen nicht um Produkte, bei denen ein Anwender nichts dem Zufall überlassen möchte? Oder würde man in einem Auto Bremsbeläge montieren, die man kostenlos zusammen mit der Werbung im Briefkasten gefunden hat?

Wir haben uns zwei kostenlose Antiviren-Lösungen angeschaut und stellen sie einer professionellen "Rundum"-Schutzlösung gegenüber: Welche Vor- und Nachteile besitzen die jeweiligen Lösungen und welches Programm taugt für welchen Zweck? Zudem geben wir einige Entscheidungshilfen, die Sie Ihren Kunden bei der Wahl eines Antivirus-Programms geben sollen.

Antivirus-Tools im Vergleichs-Test
Dieses Bild sollte eigentlich auf keinem Windows-System erscheinen
Es fehlt eine Antiviren-Lösung, die den PC schützt.
Schon beim Setup der freien Avast-Lösung zeigt es sich
Die Software bringt eine große Anzahl unterschiedlicher Features mit, die dem Schutz des Rechners dienen.
Ein Nachteil bei der Installation freier Lösungen
Häufig wollen die Hersteller dabei erreichen, dass die Anwender noch andere Programme mit installieren. Hier wird dem Anwender wenigsten nicht gleich schon automatisch das „Ja“ dazu untergeschoben.
Automatisch mitinstalliert
Die Software installiert ein Plugin in den Web-Browser, das mit Hilfe einer Reputations-Datenbank beim Hersteller Webseiten bewertet – allerdings scheint man sich dabei allein auf die Rückmeldungen der Anwender zu verlassen, viele Seiten sind noch nicht bewertet.
Die freie Lösung kann mit vielen Zusätzen aufwarten
So ist sie beispielsweise auch dazu in der Lage Dokumente entsprechend zu prüfen und dies zu protokollieren.
Frei Antiviren-Lösung auch für das MacOS
Die Avast-Software wird auch für die OS-X-Rechner von Apple bereitgestellt, wenn auch noch in einer Beta-Version.
Keine Viren unter MacOS möglich?
Auch wenn sich diese Legende zu Unrecht bei den Anwendern der Apple-Systeme hält, sollte diese nicht auf eine entsprechende Software verzichten.
Die freie Lösung von Avira bei der Installation
Manche Beschreibungen lassen doch Zweifel daran aufkommen, was denn wirklich mit diesem Feature gemeint war.
Schnelles Update
Nach der Installation sorgt die Software AntiVir Personal sofort automatisch dafür, dass die Dateien mit den aktuellen Signaturen heruntergeladen werden.
Vielfältige Möglichkeiten im Expertenmodus
Hier kann auch direkt eine Unterstützung für die WMI (Windows Management Instrumentation – eine Verwaltungstechnik der Windows-Systeme, mit der auch Remote-Systeme gesteuert werden können).
Übersichtliche Oberfläche
In der aktuellen Version der Avira-Lösung bietet die Oberfläche dem Anwender mehr Übersicht. An der hier gezeigten Stelle kann beispielsweise die Untersuchung auf Rootkits angestoßen werden.
Sehr gut gelöst
Schon vor der eigentlichen Installation der Software-Suite überprüft das Programm die Systemdateien des Rechners auf Schadprogramme und Malware.
Entspricht zwar nicht dem Windows-Standard, sollte aber für die meisten Anwender gut zu durchschauen sein
Die Konsole der Bitdefender-Lösung nach der Installation.
Viele Funktionen direkt integriert
Die Sicherheits-Suite bietet auch eine Antiphising-Funktionalität an: Der Anwender kann mittels einer Whitelist sichere Seiten von dieser Überprüfung explizit ausnehmen.
Social-Media-Überprüfung direkt integriert
Die Software-Lösung erlaubt es, auch die Links zu überprüfen, die ein Anwender von Freunden auf Facebook zugeschickt bekommt.
Viele Möglichkeiten bei der Firewall
Erst nach der Wahl des „paranoiden“ Modus brachte die Software alle Meldungen wie von anderen Sicherheitsprogrammen gewohnt auch auf den Bildschirm. Für den Administrator zur Kontrolle der Funktionen auf jeden Fall interessant.

Die Wahl der richtigen AV-Software – fünf Tipps für die Entscheidung

Dieses Bild sollte eigentlich auf keinem Windows-System erscheinen: Es fehlt eine Antiviren-Lösung, die den PC schützt.
Foto: Bär/Schlede

Wer sich heute für eine bestimmte Antiviren-Lösung entscheidet, wird diese Entscheidung sicher nicht aufgrund der grundlegenden Fähigkeiten einer Software bei der Virenerkennung oder deren allgemeinen Schutzmaßnahmen fällen: Die meisten Antiviren-Programme sind heute dazu in der Lage, einen guten Schutz vor einer Vireninfektion zu bieten. Das gilt auf jeden Fall für die Programme der großen Anbieter, die häufig auch eine kostenlose Variante ihrer Software anbieten. Auch das Argument, dass die Echtzeitüberprüfung einer Lösung den Rechner "in die Knie zwingt", ist bei der Leistung heutiger Systeme (sieht man mal von schwachen Netbook-Systemen ab) eher zu vernachlässigen. Welche Eigenschaften sollten aber nun die Entscheidung für ein AV-Programm, ganz gleich ob kostenfreie oder kommerzielle Version, beeinflussen?

1. Wie oft werden die Viren-Definitionen erneuert?
Viele Anbieter verfahren nach dem Motto, möglichst häufig eine neue Signatur an die Systeme der Anwender zu schicken. Natürlich ist ein AV-Programm, das nur einmal wöchentlich diese Daten aktualisiert, unbrauchbar – aber will man wirklich, dass der PC alle zehn Minuten eine neue Signatur-Datei herunterlädt, selbst wenn kein akuter Bedarf (zum Beispiel wegen eines bekannten Ausbruchs einer Infektion) besteht? Gute Programme erlauben es dem Anwender oder dem Systemverwalter zu entscheiden, wie häufig ein solches Update durchgeführt wird. Zudem ist an dieser Stelle Vorsicht geboten: Einige Hersteller gehen beim Update der freien Versionen nicht so zügig vor, wie sie es bei dem Update ihrer kommerziellen Programme machen. Dies kann ein entscheidender Faktor sein, sich nicht für eine bestimmte freie Lösung zu entscheiden.

2. Bietet das Programm weitere benötigte Features?
Es gibt heute nur noch wenige Lösungen, die einen reinen AV-Schutz bieten. Deshalb sollte es auch ein Entscheidungskriterium bei der Wahl der AV-Lösung sein, ob die gewünschten oder auch benötigten Features von der Lösung angeboten werden: Soll das Programm zum Beispiel auch den Web-Browser sichern und die E-Mail überprüfen? Sind Antispam- und Antiphishing-Fähigkeiten erwünscht oder wird gar eine komplette Suite für die Endpoint-Security benötigt? An dieser Stelle sind große Unterschiede zwischen freien und kommerziellen Lösungen zu finden.

3. Wie schnell reagiert der Hersteller/Anbieter der Lösung?
Eine AV-Lösung ist nur dann gut, wenn sie immer auf dem aktuellsten Stand ist. Es gilt also festzustellen, wie schnell ein bestimmter Anbieter beispielsweise beim Bekanntwerden eines neuen Virenausbruchs reagiert. Stellt er umgehend eine neue Signatur bereit? Warnt er seine Kunden oder dauert es gar einen Tag, bis die AV-Lösung auf eine neue Gefahr reagiert?

4. Wie passt die Lösung zu meiner IT?
Eine AV-Anwendung wird schnell zum Problem, wenn sie mit den im eigenen Netzwerk zum Einsatz kommenden Anwendungen nicht gut zusammenarbeitet. Kann sie die entsprechenden Dateitypen untersuchen? Fügt sie sich in die Sicherheitsvorgaben des Unternehmens ein? Lässt sie den wichtigen Netzwerkverkehr unbehelligt passieren? Das gilt nicht nur für große Firmennetzwerke, sondern auch für den Soho-Bereich (Small Office, Home Office).

5. Wie weit wird der Endanwender belastet?
Während einige Lösungen ihre Arbeit still im Hintergrund erledigen, existieren AV- und Security-Anwendungen, die jedes noch so unbedeutende Ereignis auf der Netzwerkschnittstelle mittels einer auffälligen "Fehlermeldung" verlautbaren – solche Lösungen sind kontraproduktiv und verleiten den Anwender zu schnell dazu, eine Meldung ungelesen "abzunicken". Bei einigen Freeware-Lösungen kommen dann häufig noch störende Meldungen hinzu, die den Anwender mehr oder minder aufdringlich zum Kauf der kommerziellen Version verleiten sollen.

avast! Free Antivirus – freie Lösung mit großem Funktionsumfang

Foto: Bär/Schlede

Der tschechischen Softwarefirma Avast Software fehlt es sicher nicht an Selbstbewusstsein: So bezeichnet sich die Firma auf der Webseite selbst als "anerkannter Marktführer im Bereich Sicherheitssoftware" und ist auch bei der Einschätzung der eigenen Software nicht zurückhaltend, sondern gibt stolz zu verstehen, dass sie in puncto Erkennungseffektivität und Geschwindigkeit in der Lage sei, andere kostenpflichtige Lösungen zu schlagen. Wir haben die Probe aufs Exempel gemacht und diese Software installiert.

Wie es auch bei anderen Anbietern von AV-Lösung der Fall ist, bietet Avast hier eine Version seiner kommerziellen Software an, bei der einige Features nicht zur Verfügung stehen: So wird zwar der Schutz von Viren angeboten, ein Schutz vor Spam und Phishing oder auch der Schutz von Onlinebanking-Transaktionen bleibt der kommerziellen Vollversion vorbehalten. Aber ansonsten hat uns diese Lösung vor allen Dingen durch den großen Umfang der Features überrascht, die hier schon in der freien Version angeboten werden.

Vorteile von avast! Free Antivrus:

Nachteile/Schwachpunkte dieser Programmversion:

Unser Tipp: Wer auf seinem Windows-System die Standard-Firewall aktiviert, den Windows-Defender oder eine weiter Freeware-Lösung wie "Spybot Search & Destroy" zum Schutz seiner Privatsphäre installiert, bekommt im Zusammenhang mit dieser freien Antivirus-Lösung einen sehr guten Schutz kostenlos geliefert. Allerdings muss er selbst darauf achten, dass er die unterschiedlichen Lösungen auf dem aktuellen Stand hält. Zudem ist man bei solch einer Konstellation immer darauf angewiesen, dass die Anbieter dieser Lösung ihre Programme auch weiterhin pflegen und kostenlos auf dem aktuellen Stand halten.

Avira AntiVir Personal – der Klassiker bei den freien Lösungen

Foto: Bär/Schlede

Den meisten Anwendern, die in den letzten Jahren einen Windows-Rechner verwendet haben, dürfte die Software der deutschen Sicherheitsfirma Avira ein Begriff sein, die sich durch den kleinen Regenschirm im Task-Tray des Systems bemerkbar macht: Die Software AntiVir Personal ist in Deutschland schon fast zum Synonym für eine kostenfreie AV-Lösung geworden. Etwas an Boden hatten die Entwickler aus Tettnang verloren, weil es ziemlich lange dauerte, bis eine 64-Bit-fähige Version ihrer Software zur Verfügung stand – ein Problem, das in der Zwischenzeit aber behoben ist.

Vorteile von Avira AntiVir Personal:

Nachteile/Schwachpunkte dieser freien Programmversion:

Unser Tipp: Auch für die freie Version des AV-Programms von Avira gelten die Empfehlungen, die wir schon für das Avast-Programm gegeben haben: Wer diese Lösung auf seine PC installiert, bekommt einen guten Grundschutz zur Verfügung gestellt, muss sich aber um die weiteren Schutzmaßnahmen selbst kümmern. Dies gilt hier auch für den Schutz des E-Mail-Programms und der P2P- und Instant-Messaging-Lösungen.

BitDefender Total Security 2012 – Schutz mit Komplettausstattung

Foto: Bär/Schlede

Um den kostenpflichtigen Gegensatz zu den freien AV-Programmen darzustellen, haben wir aus der reichen Auswahl der kommerziellen Sicherheitsprogramme mit BitDefender Total Security 2012 eine Lösung ausgewählt, die (schon mit ihrem Namen) den Anspruch erhebt, dem Anwender eine komplette Sicherheitslösung für seinen Windows-PC zu bieten. Fast alle Anbieter von Sicherheitslösungen besitzen eine derartige Programmsuite, so dass diese Version von BitDefender hier gut als exemplarisches Beispiel dienen kann.

Vorteile von Bitdefender Total Security:

Nachteile/Schwachpunkte dieser Software-Suite:

Unser Tipp: Wer sicher gehen will und sich nicht darum kümmern möchte oder kann, dass unterschiedliche Programme immer auf dem aktuellen Stand gehalten werden, der sollte unbedingt eine komplette Sicherheits-Suite wie die hier vorgestellte BitDefender-Lösung auf seinem PC installieren: Sie sorgt automatisch dafür, dass immer alle Einstellungen und Vorgaben richtig sind. Besonders gut hat es uns bei dieser Lösung gefallen, dass bei ihr eine Überwachung der so beliebten Facebook-Seiten ebenfalls dazugehört. Allerdings hat ein solcher Komfort natürlich auch seinen Preis.

Fazit

Unser kurzer Vergleich zeigt recht deutlich, dass es heute auch mit Hilfe freier Lösungen durchaus möglich ist, einen PC hinreichend gegen die Bedrohung durch Viren und anderen Schädlinge abzusichern. Er zeigt aber auch, dass eine solche "Billig-Methode" deutlich mehr Wissen und Arbeit vom Anwender erfordert: Wer bereit ist, in eine Sicherheits-Suite zu investieren, kann seine Sicherheitssorgen viel schneller durch das einfache "Set and Forget" einer vollwertigen Internet-Sicherheits-Suite beseitigen. (Computerwoche/rw)