Motorola Milestone: Testbericht
Lange haben wir nichts von Motorola gehört. Nun ist der amerikanische Handy-Hersteller zurück - und hat einen großen Coup gelandet. Das beweist bereits der erste Blick auf das Milestone, das in den USA übrigens unter dem Namen Droid verkauft wird.
Das Design wirkt sehr schick - einfach, weil sich Motorola beim Milestone auf das Wesentliche konzentriert: elegante Linien und wenig Schnickschnack. Am Gehäuserand sitzen beispielsweise nur zwei Tasten: Lautstärkerregler und Kameraknopf. Annehmen- und Auflegen-Tasten gibt es nicht - die Bedienung des Motorola Milestone erfolgt über den Touchscreen.
Trotz ausziehbarer Tastatur ist das Motorola Milestone nur 16 Millimeter dick - und gehört damit zu den dünnsten Handys mit vollständiger Tastatur, die derzeit auf dem Markt zu finden sind. Negativ ins Gewicht fällt im wahrsten Sinne des Wortes das Gewicht: Mit 170 Gramm ist das Motorola Milestone eines der schwersten Handys auf dem Markt. Pluspunkte gibt es dagegen für die solide Verarbeitung. Unterm Strich können sich Design-Fetischisten also auf jeden Fall mit dem Motorola Milestone anfreunden.
Ausstattung des Motorola Milestone: Bis auf Kleinigkeiten nichts vergessen
Doch auch Technik-Freaks kommen nicht zu kurz. Die Ausstattungsliste liest sich wie eine Gourmetkarte. Das Handy läuft unter der neuesten Version von Android: Android 2.0 (Éclair). Von HTC, Samsung und LG sind bisher nur Handys mit Android 1.5 (Cupcake) im Handel zu finden. Das neue Betriebssystem bringt einige Verbesserungen. Unter anderem sorgt Android 2.0 dafür, dass sich jedes Android-Handy über Microsoft Exchange Active Sync mit dem PC abgleichen lässt - ohne Zusatzsoftware. Zudem Motorola setzt beim Milestone speziell noch eins obendrauf: die Synchronisation mit dem Rechner via WLAN.
Der Nutzer ruft hierzu die App Moto Phone Portal auf dem Handy auf. Dann öffnet er den Browser am PC, gibt die in der App angezeigte URL ein und gelangt auf eine Webseite, die so aussieht wie die PC Suite von Motorola. Hier kann er Kontakte, SMS, Fotos und Einstellungen wie Klingeltöne, Lesezeichen und Browserverlauf oder Daten von der Speicherkarte verwalten und speichern. Um seine Kontakte zu synchronisieren, muss der Anwender die Daten aus dem Adressbuch auf dem Handy in eine .vcf-Datei exportieren und diese anschließend auf die Webseite importieren. Eine hübsche Idee. Wer es jedoch klassisch mag, kann wie gehabt via USB-Kabel synchronisieren.
WLAN und sehr schnelles HSDPA auf dem Motorola Milestone
Weiter bietet das Motorola Milestone mit WLAN nach 802.11 b/g einen Hotspot-Zugang. Via HSDPA schafft das Handy bis zu 10,2 MBit/s beim Aufrufen von Webseiten und 5,76 MBit/s beim Daten-Upload. Allerdings sind das sehr theoretische Werte, die zur Zeit allein schon deshalb nicht erreicht werden können, weil die Netze in Deutschland bislang nur eine Kapazität von 3,6 MBit/s im Download schaffen, an ausgewählten Stellen wie Bahnhöfen und Flughäfen auch mal 7,2 MBit/s. Doch auch wenn das Motorola Milestone die Geschwindigkeiten derzeit noch nicht voll ausnutzen kann, ist es für zukünftige UMTS-Netze gerüstet.
Schade, dass der Nutzer nicht erfährt, ob die Daten gerade über WLAN oder via UMTS aufs Handy gelangen. Da es keine separate Anzeige gibt, muss man einfach annehmen, dass WLAN genutzt wird, wenn es aktiviert ist. Eine Anzeige zur Kontrolle wäre hier ein Bereicherung.
Fotos schießt das Motorola Milestone mit einer 5-Megapixelkamera. Für Geotagging und Navigation steht GPS zur Verfügung. Doch dazu mehr auf Seite 4 dieses Tests.
Display mit Kino-Charakter
Das Display ist mit 3,7 Zoll riesig und toppt sogar das iPhone mit 3,5 Zoll. Ein Pixel-Gigant ist es jedoch nicht - hier sei dem Leser das Toshiba TG01 oder das HTC HD2 empfohlen. Bei beiden Geräten handelt es sich um ein Windows-Mobile-Smartphone. Und somit zählt das Motorola Milestone zu den Android-Handys mit dem größten Display.
Ergo eignet sich das Motorola Milestone prima als Video-Player für unterwegs. Mit der Schärfe eines AMOLED-Displays, wie es Samsung bei seinen High-end-Geräten verbaut, hält das Milestone allerdings nicht ganz mit. Dafür bietet es weniger grelle Farben, was wiederum angenehmer fürs Auge ist.
Menüführung auf dem Motorola Milestone: Android classic
Bei Bedienoberfläche und Menüführung hat sich Motorola komplett zurückgehalten und keine eigene Oberfläche drübergelegt. Auf dem Motorola Milestone findet sich das nackte Android-Layout. Wer von einem älteren Android-Gerät auf das Motorola Milestone umsteigt, muss somit nicht umdenken.
Wie gehabt, stehen dem Nutzer mehrere Start-Bildschirme zur Verfügung. Auf die kann er die wichtigsten Funktionen packen, indem er den Finger lange auf das Display hält. Wenn das Auswahlmenü "Verknüpfungen", "Widgets", "Ordner" und "Hintergrundbilder" erscheint, lässt sich die entsprechende Auswahl vornehmen. Somit ist das Handy sehr schön personalisierbar.
Schnellschuss: "Gesten" auf dem Motorola Milestone
Für Ungeduldige ist die Funktion "Gesten" entwickelt worden. Statt ins Menü abzutauchen, zeichnet der Anwender nur einen Buchstaben aufs Display und schon aktiviert sich Bluetooth, WLAN oder GPS. Auch der MP3-Player lässt sich damit starten. Neben den bereits vorgegebenen Kürzeln kann der Anwender auch eigene Gesten festlegen. Die Funktion ist superpraktisch, sie erfordert jedoch ein gutes Gedächtnis. Denn nur wer den richtigen Buchstaben malt, bekommt die gewünschte Funktion.
Der Organizer umfasst einen mit Microsoft Exchange verbundenen Firmenkalender und davon getrennt den Google-Kalender. Weiter gibt es E-Mail, Kontakte, Rechner und Wecker (der jedoch nicht klingelt, wenn das Handy ausgeschaltet ist). Das ist im Vergleich zu anderen Handys eine bescheidene Liste. Sprachmemos und eine To-Do-Liste fehlen zum Beispiel. Immerhin kann sich der Nutzer weitere Funktionen aus dem Android Market herunterladen.
Positiv ist uns eine Verbesserung im Kalender aufgefallen: Dank Android 2.0 besteht die Möglichkeit, in der Agenda-Ansicht unendlich zu scrollen. Damit bekommt man eine bessere Übersicht. Außerdem besteht jetzt die Möglichkeit, andere Leute per E-Mail zu einem Termin einzuladen - so wie es mit Outlook schon seit Jahren funktioniert.
Nicht so schön: Man kann vom PC aus entweder nur auf die Speicherkarte oder nur auf den internen Speicher des Motorola Milestone zugreifen. Praktischer wäre es, wenn beide Speicher im Massenspeicherverzeichnis angezeigt würden.
Motorola Milestone und sein Multimedia - Nichts für verwöhnte Seelen
Die Kamera auf dem Motorola Milestone schießt Fotos mit 5 Megapixeln, bei Videos schafft sie 720 x 480 Bildpunkte - damit ist sie vorn dabei. Bei Dunkelheit kommen zwei weiße LEDs zum Einsatz, die als Blitzersatz dienen. Für den Videodreh lassen sie sich leider nicht als Dauerbrenner aktivieren - schade. Im Foto-Menü gibt es elf Motivprogramme wie "Landschaft", "Strand" oder "Schnee" zum Einstellen. Panorama- oder Lächelmodus gibt es nicht.
Je nachdem, ob Sie drinnen oder draußen fotografieren, lässt sich beim Motorola Milestone der Weißabgleich der Lichtsituation anpassen. Den Fokus können Sie auf "automatisch", "unendlich" oder "Makro" einstellen. Ferner besteht die Möglichkeit, Fotos über den integrierten GPS-Chip mit den Koordinaten des Aufnahmestandortes abzuspeichern (Geotagging). Zudem erlaubt Android 2.0 den Austausch von Fotos via Bluetooth.
Kamera des Motorola Milestone: Braucht viel Licht
Doch trotz der technisch vielversprechenden Angaben enttäuschen Kamera und Camcorder des Motorola Milestone. Das Objektiv ist sehr lichtschwach. An einem trüben Tag schaltet sich der LED-Blitz bei Innenaufnahmen gern sofort zu. Andere Kameras stellen hier den ISO-Wert hoch, um bei gleichem Licht noch nicht auf den grellen Blitz zurückgreifen zu müssen, der häufig die Bildstimmung zerstört. Wer ohne Blitz fotografieren will, sollte auf dem Motorola Milestone in den Szenen-Einstellungen die Option "Nacht" aktivieren.
Bei Sonne fotografierte Aufnahmen des Motorola Milestone könnten etwas kräftiger in der Farbe sein. Und grundsätzlich fällt ein deutliches Farbrauschen in fast allen Bildern auf. Zudem bleibt die Detailschärfe hinter den Erwartungen zurück. Wo andere 5-Megapixelkameras fast jede Faser erkennen lassen, lichtet das Motorola Milestone eine schmierige Einheitsbrei-Fläche ab. Schnell ist die Handy-Kamera jedoch: Sie löst binnen etwas über eine Sekunde aus - das ist schnappschusstauglich.
Musik-Fans können ihre Plattensammlung unterwegs anhören. Der Player bietet die standardmäßig mitgelieferte Funktionen von Android wie Songs nach Titel, Interpret und Album sortieren. Die Sortierung nach Genre fehlt. Ein Equalizer, der den Klang dem eigenen Hörempfinden gemäß verbessern würde, fehlt ebenfalls. Immerhin hat Motorola dem Milestone einen Standard-Anschluss für Kopfhörer auf der Geräteoberseite spendiert. Die mitgelierten Ohrhörer tun das Ihre, um den Nutzer zufriedenzustellen. Wer auf wummernde Bässe steht, wird sich mit dem mitgelieferten Headset jedoch nicht zufrieden geben.
Motorola Motonav - jetzt rechts abbiegen
Motorola hat auf das Milestone die Navigations-Software Motonav aufgespielt. 60 Tage lang kann der Nutzer die Software mit Kartenmaterial für Westeuropa kostenlos testen. Was die Verlängerung der Lizenz bei Motorola kosten soll, konnte Motorola bei Redaktionssschluss noch nicht sagen. Die Navigation ist übersichtlich strukturiert und funktioniert gut. 3D-Gebäude peppen zudem die Ansicht noch ein wenig auf.
Surfen auf der Überholspur mit dem Motorola Milestone
Der Browser gehört zu den Highlights des Motorola Milestone. Per WLAN dauert es nur zwischen 10 und 15 Sekunden, bis die vollständige Webseite eines Nachrichtenportals geladen ist. Die Webseite sieht wie auf dem PC aus - diese Leistungen bringen nur wenige Handys. Dass der Browser mehrere Fenster parallel öffnen kann, ist fast selbstverständlich. Mit einem Klick auf das Fähnchen mit Stern rechts neben der Adresszeile gelangt der Nutzer auf eine Übersicht, die Lesezeichen, die meistbesuchten Webseiten und den Verlauf anbietet. Die Webseiten werden in briefmarkengroßen Kästchen dargestellt. Das macht die Sache sehr übersichtlich. Sicherheitsfans können wählen, ob sie zulassen wollen, dass der Browser sich Passwörter und Formulardaten merken soll. Es sind diese Kleinigkeiten, die einen Browser zum Top-Surfinstrument machen - Android ist es gelungen.
Wem der Text auf den Webseiten zu klein ist, kann per Spreizgeste mit zwei Fingern die Seite beliebig und ruckelfrei vergrößern - genauso lässig wie beim iPhone. Das funktioniert übrigens auch in der Mediengalerie, ebenfalls ruckelfrei. Insgesamt ist das Motorola Milestone eines der wenigen Handys mit einem Touchscreen, das dem iPhone tatsächlich die Stirn bieten kann.
Die Sprachqualität des Motorola Milestone holpert ein wenig. Mal ist der Klang glasklar, mal ist der Gesprächspartner eher schwer zu verstehen. Der Freisprecher arbeitet gut.
Fazit
Das Motorola Milestone ist gelungen! Das Touchdisplay hat iPhone-Qualität, das Handy reagierte schnell und arbeitete flüssig. So muss es sein. Zudem bringt Android 2.0 viele kleine Verbesserungen bei der Bedienung mit sich. Über den Anrdoid Market kann sich der Nutzer die Software herunterladen, die ihm noch fehlt. Schwachpunkt sind dagegen die Multimedia-Funktionen, die sich nur zum Teil nachrüsten lassen. Anspruchsvolle Multimedia-Freunde seien daher vorerst noch an Nokia und Sony Ericsson verwiesen.
Motorola Milestone: alle Testergebnisse und technische Daten
ALLGEMEINE DATEN: Motorola Milestone (Handy) | |
---|---|
Gesamtnote |
gut (1,68) |
Testkategorie |
Handy |
Handy-Hersteller |
Motorola |
Motorolas Internetadresse |
|
Preis (Hersteller-UVP) |
499 Euro |
BEWERTUNG (0-100 Punkte): Motorola Milestone (Handy) | |
---|---|
Handy-Basics (30%) |
86 |
Handhabung (25%) |
85 |
Ausstattung (20%) |
70 |
Multimedia (15%) |
79 |
Connectivity (10%) |
100 |
Gesamtwertung |
83 von 100 |
DIE TECHNISCHEN DATEN: Motorola Milestone (Handy) | |
---|---|
Handy-Basics |
|
Größe |
1162 x 60 x 13,9 |
Gewicht |
170 Gramm |
Formfaktor |
Schiebehandy |
Betriebssystem |
Android 2.0 |
Prozessor |
600 MHz |
Besonderheiten |
erstes Android 2.0-Handy |
Akku-Laufzeit |
|
Stand-by-Zeit im GSM-Netz in Stunden |
350 Stunden |
Gesprächszeit im GSM-Netz in Minuten |
390 Minuten |
Stand-by-Zeit im UMTS-Netz in Stunden |
380 Stunden |
Gesprächszeit im UMTS-Netz in Minuten |
290 Minuten |
Netze |
|
GSM 900 |
ja |
GSM 1800 |
ja |
GSM 1900 |
ja |
GSM 850 |
ja |
EDGE |
ja |
UMTS |
ja |
HSDPA |
ja |
Display |
|
Größe |
46 x 78 Millimeter |
Auflösung |
480 x 854 Pixel |
Touchscreen |
ja |
Handhabung |
|
Mechanische QWERTZ-Tastatur |
ja |
Ruftonzuordnung pro Kontakt oder Kontaktgruppe |
ja |
Profile |
nein |
Flugzeug-Modus |
ja |
Ausstattung |
|
Schnittstellen |
|
Bluetooth |
ja |
USB |
ja |
WLAN |
ja |
3,5-Millimeter-Klinkenstecker |
ja |
Speicher |
|
RAM |
256 MB |
ROM |
512 MB |
Speichererweiterung |
ja |
Speicherkarte im Lieferumfang |
ja |
GPS |
|
GPS-Chip |
ja |
Navigationssoftware |
Testversion |
Multimedia |
|
Fotos |
|
Auflösung |
2592 x 1944 Pixel |
Autofokus |
ja |
Makro |
ja |
Motivprogramme |
ja |
Bildstabilisator |
ja |
Optischer Zoom |
nein |
Videos |
|
Auflösung |
640 x 480 Pixel |
Bildstabilisator |
nein |
Musik |
|
Anzahl Formate |
7 |
Headset im Lieferumfang |
ja |
UKW-Radio |
nein |
Connectivity |
|
Browser |
ja |
Push-E-Mail |
ja |
E-Mail-Anhänge |
ja |
Instant Messaging |
ja |