Mogelpackungen sind laut Verbraucherzentrale Baden-Württemberg ein Dauerärgernis. Regelmäßig habe sie mit Verstößen gegen das Mess- und Eichgesetz und entsprechenden Verbraucherbeschwerden zu kämpfen. In diesem Kampf haben die Verbraucherschützer jetzt einen wichtigen Sieg erzielt: Der Bundesgerichtshof hat in einem Verfahren gegen den Hersteller L'Oreal entscheiden, dass nur teilweise befüllte Verpackungen auch beim Online-Vertrieb gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstoßen.
"L'Oreal hatte über das Internet ein Waschgel beworben und verkauft. Abgebildet war eine auf dem Kopf stehende Verpackung. Erst durch Umdrehen der Verpackung, also erst nach dem Kauf zu Hause, ließ sich feststellen, dass diese nur teilweise befüllt war", teilt die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg mit. Sie sah darin einen Verstoß gegen das Mess- und Eichgesetz sowie eine Irreführung der Verbraucher.
OLG Düsseldorf sah keine Verbrauchertäuschung
Nach erfolgloser Abmahnung reichte sie Klage gegen den Hersteller ein. Die Klage wurde von Landgericht und vom Oberlandesgericht Düsseldorf zurückgewiesen. Interessant dabei die OLG Düsseldorf: Das bestätigte zwar den Verstoß gegen das Mess- und Eichgesetz, sah darin aber keine Verbrauchertäuschung: Schließlich würden Käufer den Verstoß erst zu Hause feststellen. Damit sei er für die Kaufentscheidung unerheblich.
"Mogelpackung ist Mogelpackung", meint dagegen Gabriele Bernhardt, Juristin der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. "Wo und wie die Produkte verkauft werden, spielt keine Rolle." Da das OLG Düsseldorf eine Revision zum BGH nicht zugelassen hatte, legte die Verbraucherzentrale Nichtzulassungsbeschwerde ein. Die Revision wurde daraufhin vom BGH zugelassen (Aktenzeichen I ZR 43/23) - und sie hatte Erfolg.
BGH sieht Täuschung und Interessenbeeinträchtigung
Der Bundesgerichtshof hält den von den Verbraucherschützern geltend gemachten Unterlassungsanspruch für rechtens. "Insbesondere täuscht die beanstandete Produktgestaltung entgegen § 43 Abs. 2 MessEG ihrer Gestaltung und Befüllung nach eine größere Füllmenge vor, als in ihr enthalten ist. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt auch eine spürbare Interessenbeeinträchtigung vor", begründet das Gericht seine Entscheidung.
Entscheidend sei der aus dem Mess- und Eichgesetzt abgeleitete Schutzzweck. Der bestehe darin, vor Fehlannahmen über die relative Füllmenge einer Fertigpackung zu schützen. "Dieser Schutzzweck ist unabhängig vom Vertriebsweg stets betroffen, wenn - wie im Streitfall - eine Fertigpackung ihrer Gestaltung und Befüllung nach in relevanter Weise über ihre relative Füllmenge täuscht", erklärt der BGH.
EU-Verpackungsverordnung schränkt Spielraum weiter ein
Wir freuen uns über diese höchstrichterliche Entscheidung zum Dauerärgernis Mogelpackung", sagt Cornelia Tausch, Vorständin der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, "Mit dem Urteil ist klar: Die Regelungen des Mess- und Eichgesetzes gelten nicht nur für den stationären Handel, sondern auch für den Onlinehandel."
Sie setzt jetzt große Hoffnung auf die neue EU-Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle, die das Parlament am 24. April 2024 verabschiedet hat und die im Juni noch durch den Rat muss. Sie legt unter anderem fest, dass Verpackungen nur so groß sein dürfen, wie notwendig ist, um das enthaltene Produkt ausreichend zu schützen. "Damit die Mogeleien mit unnötig großen Verpackungen endlich beendet wird, setzen wir darauf, dass die neue EU-Verordnung zügig verabschiedet und umgesetzt wird", sagt Tausch. "Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten zurecht, dass Verpackungen nicht über den Inhalt täuschen."
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