Avanade zeigt, wie sich der Markt für Smartphones, Tablets und co. entwickelt und wie Unternehmen mobile Anwendungen für Geschäftszwecke erfolgreich nutzen können.
von Matthias Hill (Service Line Lead Dynamics AX (ERP) bei Avanade Deutschland GmbH)
Der Markt mit mobilen Endgeräten und Anwendungsprogrammen boomt und es ist noch lange kein Ende in Sicht. Das belegen zahlreiche Studien namhafter Analystenhäuser. So geht IDC davon aus, dass in den kommenden 18 Monaten weltweit mehr mobile Endgeräte, darunter Smartphones und Tablets, ausgeliefert werden als konventionelle PCs . Das Unternehmen IHS prognostiziert darüber hinaus, dass der Absatz von rund 20 Millionen Tablet-PCs im Jahr 2010 auf 242 Millionen Geräte bis zum Jahr 2015 steigt . Möglicherweise ist die post-PC-Phase bereits eingeläutet.
Die aktuellen Trends von Gartner zeigen, dass der Einsatz von mobilen Applikationen (Apps) nicht nur auf private Anwendungen beschränkt ist: So wollen weltweit neun von zehn Unternehmen ihren Mitarbeitern bis zum Jahr 2014 mobile Endgeräte für die Nutzung von Geschäftsanwendungen zur Verfügung stellen . Neben der heute im Business-Alltag üblichen Nutzung von Smartphones und Tablets für horizontale Anwendungen, etwa um E-Mails zu beantworten und Termine zu koordinieren, bieten die ständigen Wegbegleiter aber weitaus mehr Potenzial: Mit ihnen lassen sich betriebliche Abläufe effizienter und schneller gestalten und geschäftsrelevante Entscheidung können unabhängig von Zeit und Ort getroffen werden. Außendienstmitarbeiter im Vertrieb haben stets Zugriff auf aktuelle Daten aber auch das Management wichtiger Geschäftsprozesse kann von unterwegs erfolgen. Kurz gesagt: mobile Endgeräte können alle wichtigen Bereiche entlang der Supply Chain sinnvoll begleiten. Vertikale Business-Anwendungen wie etwa M-SCM (Mobile Supply Chain Management), M-CRM (Mobile Customer Relationship Management), M-FFA (Mobile Field Force Automation) und M-ERP (Mobile Enterprise Resource Planning) entfalten bislang ungenütztes Potential.
ERP-Apps im Kommen
Um die Warenwirtschaftskette ständig im Blick zu behalten, bietet sich der Einsatz mobiler ERP-Lösungen an. Geht es beispielsweise um Freigabeprozesse - etwa bei der Bestellung von Waren und Rohstoffen - oder soll eine Ja-oder-Nein-Aussage getroffen werden, sind oft schnelle Entscheidungen gefragt und zwar unabhängig von Zeit und Ort. Das Mobiltelefon ist in der Regel durchgehend angeschaltet, ständig verfügbar, muss im Gegensatz zum Notebook nicht erst hochgefahren werden und erfüllt diese Anforderungen damit nahezu perfekt. Zudem können via Push-Nachrichten benötigte Entscheidungen zügig angestoßen werden. Vor allem, weil ERP-Systeme geschäftskritische Prozesse und Arbeitsabläufe steuern, ist es sinnvoll, diese mit einem geeigneten mobilen Tool fortwährend überwachen zu können und im Bedarfsfall auf das System zuzugreifen.
Da schnelle Abstimmungsprozesse im globalen Wettbewerb zum entscheidenden Erfolgsfaktor werden können, ist es wichtig, dass geschäfts- und kundenrelevante Informationen nicht nur für Mitarbeiter im Vertrieb, sondern auch für Unternehmensentscheider jederzeit abrufbar sind. Gerade diese Ebene muss Rechnungen oder Bestellungen oft final freigeben und sind sie nicht erreichbar, kann es zu einem kritischen Entscheidungsstau kommen. Auch Erkenntnisse des Marktforschers Techconsult unterstreichen diese Überlegung: So werden mobile Applikationen nicht primär Außendienstmitarbeitern zur Verfügung gestellt, sondern vor allem Geschäftsführern und Abteilungs- sowie Fachbereichsleitern.
Prozesse definieren
Großes Potenzial für Mobility-Anwendungen gibt es auch in den Bereichen, die derzeit noch von teurer Spezialhardware zur Auftragserfassung dominiert werden. Etwa bei der Ermittlung von Waren in einem Lager. Dort lassen sich statt Spezialgeräte auch preiswertere, universell nutzbare Smartphones zur Barcodeerfassung einsetzen. Diese können direkt mit dem ERP-System des Unternehmens verbunden werden und so den Datenaustausch erlauben.
Viele Gebiete, in denen heute noch Spezial-Handhelds eingesetzt werden, können somit künftig von den Kostenvorteilen eines Standardsystems profitieren. Nachstehend hat Avanade, ein Anbieter von Business-Technologie- und Managed-Services, Prozesse definiert, die mittels mobiler ERP-App verwaltet werden können:
Aufgabe |
Prozess |
Beispielfall |
Bestellauftrag soll an externen Dienstleister / Lieferanten verschickt werden |
Auftrag wird an Einkaufsleiter zur Freigabe geschickt |
Bestellung bei einem neuen Lieferanten Bestellungen, die über ein bestimmtes Volumen hinaus gehen |
Auftragsbestätigung soll an Kunde verschickt werden |
Bestätigung wird an Vertriebsleiter zur Freigabe geschickt |
Neukunde geänderte Lieferungs- und Zahlungsbedingungen, gewährte Rabatte |
Lagerbestände / Verfügbarkeit von Artikeln sollen geprüft werden |
Bevor ein Bestell- oder Verkaufsvorgang abgeschlossen werden kann, muss die Verfügbarkeit von Artikeln (verfügbar, bereits reserviert oder bestellt, etc.) geprüft werden |
Vertriebsmitarbeiter befindet sich vor Ort beim Kunden und kann auf Basis verlässlicher Daten Verfügbarkeit sowie Liefertermin zusagen |
Zugang zu Stamm- und Bewegungsdaten |
Zugang zu Daten wie Kontaktadressen, Lieferungs- und Zahlungsbedingungen, Rabatten etc. |
Vertriebsmitarbeiter befindet sich vor Ort beim Kunden und kann auf Basis verlässlicher Daten Lieferungs- und Zahlungsbedingungen aushandeln |
Zugang zu Kontoinformationen |
Geschäftsrelevante Entscheidungen müssen auf Basis wirtschaftlicher Kennzahlen oder verfügbarem Budget getroffen werden |
Budgetverantwortliche können kontinuierlich Kontobewegungen prüfen und wichtige Kennzahlen abrufen |
Geldgeschäfte / Transaktionen sollen geprüft werden |
Bevor Rechnungen beglichen oder an Kunden verschickt werden, erhält der Finanzverantwortliche diese zur Freigabe |
Versand / Prüfung von Rechnungen Prüfung des Kreditrahmens |
Natürlich kann ein smartes Endgerät den stationären oder mobilen PC künftig nicht gänzlich ersetzen, jedoch ist eine Koexistenz in vielen Bereichen sinnvoll. So geht es etwa bei der Nutzung über den PC um einzelne Details, umfangreiche Dateneingaben oder um die Abfrage von Statistiken und Grafiken - bei einem Business-System auf dem Smartphone hingegen oft nur um bereits aggregierte Daten, auf deren Grundlage eine Ja-Nein-Entscheidung getroffen werden muss. Rechenintensive Auswertungen und Maskeneingaben oder die Steuerung komplexer Prozesse werden auch in Zukunft nur über den PC funktionieren, aber für Bestellvorgänge, Freigaben, kleine Masken und Lagerbestandsabfragen bringt der Einsatz eines smarten Endgerätes Vorteile. Es geht beim Einsatz von mobilen ERP-Apps vor allem darum, zeitkritische Geschäftvorgänge dazustellen, jedoch nicht darum, ganze Geschäftsprozesse abzubilden.
Einsatz und Entwicklung
Soll eine mobile ERP-Lösung eingesetzt werden, dürften Unternehmen vor allem von einer kundenspezifischen Variante profitieren. Hier können spezielle Unternehmensanforderungen berücksichtig und die Lösung konkret angepasst werden. Interessierte sollten sich jedoch Unterstützung von einem externen Partner holen, der die Anforderungen des Unternehmens analysiert und in einer entsprechenden Anwendung umsetzen kann. Geht es um die tatsächliche Entwicklung der Lösung, sollte zudem berücksichtigt werden, dass sich die Darstellung der Inhalte auf einige wenige für das mobile Arbeiten relevante Elemente beschränken sollte. Denn bei der Smartphone-optimierten Darstellung kann ein überfrachtetes Layout mit überflüssigen Informationen schnell störend wirken. Beim mobilen Zugriff auf ein ERP-System gibt es sowohl die Möglichkeit, auf eigenständige Applikationen als auch auf Smartphone-optimierte Webseiten zu setzen. Sind ansprechende Masken gefragt und eine Benutzeroberfläche mit Reitern, Radio-Buttons, Schiebeschaltern und anderen Elementen, führt kaum ein Weg an einer für diesen Zweck geschriebenen Software vorbei. Zugleich lässt sich damit der Aufwand für die Datenübertragung minimieren. Bei der Darstellung per Browser muss immer auch die grafische Darstellung mit übertragen und die Bandbreite berücksichtigt werden.
Business-Apps im Aufwind
Zwar nutzen Firmen in Deutschland horizontale Dienste noch am häufigsten, doch bergen mobile IT-Lösungen große Effizienz- und Wachstumspotenziale, wie aktuelle Studienzahlen des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie zeigen. Bereits mehr als drei Viertel der mittleren Unternehmen in Deutschland, die mobile Business-Lösungen nutzen, profitieren von erhöhter Flexibilität, Verbesserung von Service- und Informationsqualität, Effizienzsteigerung und Prozessoptimierung. Rund 43 Prozent der Unternehmen hierzulande planen innerhalb der nächsten zwei Jahre mobile ICT-Lösungen neu einzuführen oder deren Nutzung auszuweiten - vor allem in den Bereichen Kundenservice- und -betreuung (46 Prozent), aber auch zur Auftragsabwicklung (37 Prozent), Angebotsbearbeitung (32 Prozent) sowie bei Produktion und Management (jeweils 27 Prozent). Bisher scheuen sich Unternehmen noch vor den Anschaffungs- sowie Betriebskosten und vor eventuellen Hürden bei Bandbreite und Bedienbarkeit der Geräte. Am mangelnden Bedarf scheitert es hingegen nicht. Nur zehn Prozent der deutschen Firmen geben an, dass sie kein Interesse am Einsatz mobiler Geschäftslösungen hätten.
(Computerwoche / rb)