Ausrichtung auf Digital Lifestyle

Mobilcom-Strategie soll Gravis neue Impulse liefern

28.11.2013 von Matthias Hell
Mit ihrem servicestarken, vertragsorientierten Geschäftsmodell trotzt die Mobilcom-Kette der Flaute im Handel. Der Mutterkonzern Freenet will die dabei gewonnen Erfahrungen nun auch beim Apple-Händler Gravis einbringen. Verbindendes Element ist dabei die Fixierung auf Digital Lifestyle Services.
Hubert Kluske ist in der Freenet-Gruppe für Mobilcom-Debitel und Gravis verantwortlich

Während sich der Elektronikhandel durchgängig mit rückläufigen Wachstumszahlen und einer starken Online-Konkurrenz konfrontiert sieht, befindet sich die Mobilfunkkette Mobilcom in einer vergleichsweise bequemen Situation: im laufenden Jahr hat sich die Anzahl der Mobilcom-Debitel Shops von 527 auf 564 deutlich erhöht und auch umsatzseitig konnte sich der Mutterkonzern Freenet AG in den ersten neun Monaten des Jahres um rund 5 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro steigern.

Für Hubert Kluske, Geschäftsführer von Mobilcom-Debitel sowie der Ende 2012 übernommenen Handelskette Gravis, liegt der Grund dafür in dem serviceintensiven, vertragsorientierten Charakter des Mobilfunkgeschäfts: „Wir glauben daran, dass wir auch weiter eine gute Daseinsberechtigung haben, da wir in einem stark erklärungsbedürftigen Geschäft unterwegs sind.“ Ein Handy und eine SIM-Karte an sich seien weitgehend vergleichbare Produkte. Doch bei dem von Mobilcom betriebenen Vertragsgeschäft handele es sich um einen beratungsintensiven Bereich, bei dem auch in Zukunft die stationäre Präsenz eine starke Rolle spielen werde.

Digital Lifestyle als Service-Thema

Um den Digital Lifestyle-Gedanken voranzutreiben, hat Gravis inzwischen in Mobilcom-Läden Einzug gehalten

Um diese gute Marktstellung auch weiterhin behaupten zu können, hat Mobilcom die strategische Ausrichtung auf den Bereich Digital Lifestyle zur Geschäftsräson gemacht. Während andere Anbieter unter dem Trendbegriff vor allem den Handel mit modischen Unterhaltungselektronikgeräten oder die Entwicklung zu „wearable“ Smart Devices verstehen, steht für Mobilcom der Service-Gedanke an erster Stelle. So handelt es sich bei den von der Mobilfunkkette vermarkteten Digital Lifestyle Angeboten vor allem um Anwendungen, die an das Smartphone anknüpfen, wie z.B. Musik- und Gaming-Flatrates, Security- und Cloud-Dienste, aber auch Smart Home Lösungen.

„Digital Lifestyle Hardware bieten wir auch an, aber bei uns läuft das unter dem Oberbegriff Zubehör“, erklärt Kluske. „Im Mittelpunkt stehen bei uns vor allem Services, die an den Mobilfunkvertrag angeschlossen sind.“ Zudem handele sich bei Mobilcom um ein stark auf die Handelspartner ausgerichtetes Geschäftsmodell: „Wir betreiben fast 400 Filialen in Eigenbetrieb. Jedes neue Produkt wird bei uns intensiv darauf getestet, ob es sich auch stationär gut verkaufen lässt.“


Hier findet eine kleine Revolution statt: Der Gervis-Stammsitz am Berliner Ernst-Reuter-Platz.

Eigentlich gilt Gravis als einer der bedeutensten Apple-Händler...

... doch Sony und Samsung sind die neuen Stars bei Gravis.

Dennis van Schie, Senior Vice President bei Sony, und Christoph Vilanek, Vorstandsvorsitzender der freenet AG, zu der Gravis mittlerweile gehört, eröffnen den Sony-Shop-in-Shop.

In schickem Schwarz hebt sich der Sony-Shop deutlich von der restlichen Verkaufslandschaft ab.

Der offizielle Produkt-Launch ist erst im Oktober, doch bei Gravis gibt es sie schon jetzt zu sehen: Die Sony Smart Watch 2.

Auch der Samsung-Shop ist im Vorfeld der IFA in Berlin bei Gravis an den Start gegangen: Freenet-Chef Christoph Vilanek und Mario Winter, Director IT & Mobile bei Samsung, durchschneiden feierlich das Band.

Im Samsung-Shop steht klar das Mobile-Thema im Vordergrund.

Seitdem Gravis zur Freenet-Familie gehört, wehen auch die Mobilcom-Debitel-Flaggen am Ernst-Reuter-Platz.

Gravis-Filialnetz wird ausgebaut

Die Filiale in der Berliner Friedrichstraße ist eine von sechs Gravis-Neueröffnungen in diesem Jahr

Mit dem im Mobilcom-Geschäft vorhandenen Schwung macht sich Kluske nun auch an den Ausbau des Filialnetzes der neuen Konzerntochter Gravis. Keine leichte Aufgabe, wenn man bedenkt, dass der Apple-Händler – nicht zuletzt aufgrund eigener Initiativen des Markenherstellers im Store- und Online-Bereich – in den letzten Jahren eher stagnierte. Nun wurde das Filialnetz von Gravis im laufenden Jahr bereits von 28 auf 34 Geschäfte ausgebaut, u.a. mit prestigeträchtigen Neueröffnungen in Heidelberg, Berlin-Mitte, Hildesheim und Neu-Isenburg. 2014 soll die Expansion und Lagenoptimierung weiter fortgesetzt werden.

Zur Umsatzentwicklung einzelner Geschäftseinheiten macht Freenet keine Angaben, doch räumt Kluske ein, dass das Umfeld für Gravis „nicht total einfach ist“. Für einen Schub bei der Handelskette will der neue Eigner zum einen durch eine Abkehr von der kompletten Fixierung auf Apple sorgen und bietet inzwischen in den Filialen auch Produkte der ähnlich im Trend liegenden Hersteller Sony und Samsung an. Zudem werden in die Gravis-Geschäfte auch DSL- und Mobilfunk-Verträge sowie Digital Lifestyle Services aus dem Mobilcom-Angebot integriert. Ob der „Apple-Händler“ dadurch vielfältiger oder doch eher beliebiger wird, ist Ansichtssache. Mobilcom-Chef Kluske strebt für Gravis jedenfalls eine neue Positionierung an: „Unser Ziel ist es, digitales Leben jedem möglich zu machen.“ Auch wenn das Produktsortiment nicht mehr herstellerbeschränkt sei, wolle Gravis sich bei Beratung und Service auch künftig am Niveau der Apple Stores orientieren.

Ergänzende Funktion für das Online-Geschäft

Wie bei Mobilcom will Kluske damit auch bei Gravis ein klares Hauptaugenmerk auf den stationären Handel legen. Das Online-Geschäft soll zwar ausgebaut werden, allerdings nur in Ergänzung zum den bestehenden Filialen. „Wir wollen Online verbessern, sehen uns aber grundsätzlich gut aufgestellt“, so der Mobilcom-Chef. „Das bestätigt übrigens das Beispiel Cyberport, die online in einem ähnlichen Bereich unterwegs sind, wie Gravis. Auch dort erkennt man, das stationäre Anlaufstellen für den Geschäftserfolg wichtig sind.“

Dass Freenet Anfang 2013 eine Mehrheit bei dem Online-Spezialisten Motion TM übernahm, ist laut Kluske keine Richtungsänderung in der E-Commerce-Strategie. „Das Unternehmen kann Mobilcom und Gravis dabei helfen, Online als Filialergänzung auszubauen. Aber in erster Linie wird Motion TM sein reines Online-Geschäft weiterhin eigenständig vorantreiben.“ (mh)