Mobbing – was soll ich tun?

13.04.2010 von Laumann 
Welche Formen von Mobbing gibt es eigentlich und wie man sich vor allem dagegen wehren?

Wie definiert sich Mobbing?

Der Begriff Mobbing versucht eine eskalierte und schwer einzudämmende Konfliktsituation am Arbeitsplatz zwischen Kollegen und/oder zwischen Arbeitnehmern und Vorgesetzten zu beschreiben. Die Begrifflichkeit ist dem amerikanischen Sprachgebrauch entnommen. Mobbing ist der Oberbegriff für den Versuch, schlagwortartig eine arbeitsrechtliche und persönlichkeitsrechtsverletzende Situation zu beschreiben.

Mobbing an sich ist kein Rechtsbegriff, Definitionen wie zum Beispiel "Mobbing ist eine fortgesetzte aufeinander aufbauende und ineinander übergreifende Anfeindung, der Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweise, die nach ihrer Art und ihrem Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich ist und in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzt", dienen nicht der abschließenden Beschreibung mit der jeweiligen Situation.

Weitergehende Beschreibungen wie "Krieg am Arbeitsplatz" oder ähnliche kommen der Realität und der Wirklichkeit der betroffenen Personen näher. Grundsätzlich bedarf es bei jeder Bewertung der Abgrenzung zu den im Unternehmen allgemein üblichen und herrschenden Verhaltensweisen sowie dem rechtlich erlaubten Verhalten innerhalb einer Gruppe und den zu beachtenden Besonderheiten innerhalb der jeweiligen Unternehmen.

Schließlich sollten von dem Begriff Mobbing keine kurzfristigen Konfliktsituationen unter Kollegen, innerhalb von Abteilungen oder zwischen Untergebenen und Vorgesetzten bzw. innerhalb von Vorgesetztengruppen, die nur kurzfristig oder situationsbedingt entstanden sind, umfasst werden. Denn ein besonderes wesentliches Merkmal des Vorliegens von Mobbing ist das systematische und gesteuerte Verhalten gegenüber einem Einzelnen.

Beschwerderecht des Arbeitnehmers

Der betroffene Arbeitnehmer hat regelmäßig ein Beschwerderecht und kann sich an seinen Vorgesetzten wenden. Der Arbeitgeber ist aufgrund seiner umfassenden Fürsorgepflicht, die eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht des Arbeitsverhältnisses darstellt, verpflichtet, den Arbeitnehmer zu schützen, auf das Verhalten der anderen Einfluss zu nehmen und mit arbeitsrechtlichen Mitteln gegenzusteuern.

Neben einem gemeinsamen Gespräch zwischen den Betroffenen, einem Personalgespräch mit dem Dienstvorgesetzten und der Personalabteilung sind Umsetzungen, Versetzungen, die Aussprache einer Abmahnung oder auch, im nachgewiesenen Wiederholungsfalle, eine verhaltensbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber vorzunehmen. Weiter hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Unterlassung gegenüber denjenigen, von denen das Mobbingverhalten ausgeht. Gegenüber seinem Arbeitgeber, der dazu verpflichtet ist, entsprechende arbeitsrechtliche Maßnahmen zur Unterbindung des Fehlverhaltens auszuüben.

Ansprüche auf Schadenersatz

Darüber hinaus hat er Ansprüche auf Schadensersatz sowohl gegen den Arbeitgeber wie auch die handelnden Kollegen. Schließlich hat der Arbeitnehmer das Recht gegenüber seinem Arbeitgeber eine Abmahnung auszusprechen und bei Nichteinschreiten und Unterlassen von arbeitsrechtlich erforderlichen Handlungen von sich aus eine außerordentliche Kündigung auszusprechen und für den Verlust des Arbeitsplatzes Schadensersatzansprüche gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen. Ein Anspruch auf Schmerzensgeld besteht für der Arbeitnehmer, wenn er aufgrund des Mobbings erkrankt.

Für den Fall, dass keine Gesundheitsbeeinträchtigung vorliegt, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Schmerzensgeld wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts und den darauf resultierenden Folgen. Die Höhe der jeweils geschuldeten Entschädigung ist nach "billigem Ermessen" des entscheidenden Arbeitsgerichts zu bestimmen.

Die Höhe des Verdienstes spielt dabei keine Rolle. Vielmehr kommt es darauf an, welche Art und Intensität die Beeinträchtigung hat, das Ausmaß des Verschuldens und die möglicherweise im Vorfeld von dem Arbeitgeber ergriffenen Handlungen zur Abwehr bzw. Unterlassung der entstandenen Beeinträchtigungen und Schädigungen bei dem Arbeitnehmer. Zu berücksichtigen sind allerdings die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses, der arbeitsrechtliche Verlauf und die Gesamtumstände sowie die Art und Weise des tatsächlichen Geschehnisses im Zusammenhang mit dem Mobbing.

Beweisführung unerlässlich

Wichtig ist dabei, möglicherweise bestehende arbeitsvertragliche oder tarifvertragliche Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Anspruches zu beachten. Weiter besteht zumindest für die Geltendmachung des Anspruchs eine Darlegungs- und Beweislast bei dem Arbeitnehmer, der die Tatsachen und Einzelheiten konkret darlegen und beweisen muss.

Erst nach erfolgter Darlegung und substantiviertem Sachvortrag mit Beweisangebot erfolgt eine Umkehr der Beweislast auf den Arbeitgeber, der dann wiederum im Einzelnen und substantiiert widerlegen muss. Eine genaue Dokumentation, mit Angaben der beteiligten Personen, Ort, Uhrzeit und möglichen Zeugen sowie die nachvollziehbare Beschreibung der Entstehungsgeschichte ist ratsam.

Oftmals hilft hier auch die Beweisführung durch einen behandelnden Arzt oder einen Psychologen, der den Arbeitnehmer während der Phase betreut und die jeweiligen Aussagen des Arbeitnehmers in seiner Behandlung oder Therapie nachvollziehen, dokumentieren und wiedergeben kann.

Es ist ratsam, bereits im Vorfeld neben den jeweiligen Dienstvorgesetzten auch den Betriebsrat mit der Angelegenheit zu befassen. Es gehört zu den originären Aufgaben des Betriebsrates nach den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes darüber zu wachen, dass die freie Entfaltung der Persönlichkeit der Arbeitnehmer geschützt und gefördert wird.

Weiter ist der Betriebsrat verpflicht, allen an ihn herangetragenen Beschwerden nachzugehen und diese bei dem Arbeitgeber zu thematisieren. Grundsätzlich besteht die bereits anfangs beschriebene Verpflichtung des Arbeitsgebers, im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Nebenpflichten und Fürsorgepflichten für den Arbeitnehmer darauf hinzuwirken, dass solche Handlungen unterlassen werden bzw. eine solche Konfliktsituation in seinem Unternehmen nicht entstehen kann.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass das Phänomen des Mobbings am Arbeitsplatz regelmäßig zunimmt und eine beträchtliche Dunkelziffer über das tatsächliche Vorkommen bereits vorhanden ist. Die gerichtliche Verfolgung bzw. Sanktionierung durch Arbeitgeber befindet sich noch in der Anfangszeit.

Eine tatsächliche Verfolgung der zustehenden Ansprüche des betroffenen Arbeitnehmers scheitert oft an der schwierigen Darlegungs- und Beweislast für den geltend gemachten Anspruch bei den Arbeitsgerichten oder alleine schon daran, dass ein persönlicher Rückzug und eine Kündigung des betroffenen Arbeitnehmers dem harten Weg der Durchsetzung seiner Ansprüche gegenüber den Kollegen und dem Arbeitgeber vorgezogen wird.

Kaum Prävention in Unternehmen

Oftmals sind auch die gesundheitlichen Auswirkungen und Beeinträchtigungen aufgrund des bereits seit langem bestehenden Mobbings durch andere Kollegen oder Vorgesetzte so weit ausgeprägt, dass die psychische und physische Stärke für die Durchsetzung der Ansprüche nicht mehr gegeben ist. Präventive Maßnahmen innerhalb eines Unternehmens sind bis dato noch nicht allgemein anerkannt und erst in wenigen Unternehmen installiert.

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Gemeinsame Gespräche mit den jeweiligen Vorgesetzten und dem Betriebsrat, der Einsatz von Konfliktlotsen, Mediationsverfahren oder Schulungen im Vorfeld zur Vermeidung solcher Verhaltensweisen und dem Entstehen von solchen Konflikten gehören in Deutschland noch nicht zum Unternehmensalltag. Zur weitergehenden Information dient die informativ und ausführlich gehaltene Broschüre der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin mit dem Titel "Wenn aus Kollegen Feinde werden..."