Die Mehrheit der von HP und Techchonsult befragten SMB-Kunden begegnen dem Cloud-Modell noch überwiegend skeptisch: 62 Prozent der Mittelständler in Deutschland erwarten sich vom Einsatz Cloud-basierter Lösungen nur einen geringen oder gar keinen Nutzen (siehe Grafik, die sich per Klick vergrößert).
Zu diesem Ergebnis kommt die Langzeitstudie "HP Cloud Index Mittelstand", die der Hersteller gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut Techconsult im dritten Quartal 2011 durchführte. Im vorausgehenden zweiten Quartal lag der Wert allerdings noch bei etwa 70 Prozent. Die Bereitschaft, Cloud-basierte Lösungen einzusetzen, nimmt demnach zu.
Im Rahmen der Cloud-Index-Mittelstandsstudie befragen Techconsult und HP Deutschland regelmäßig 200 Firmen mit 20 bis 2.000 Mitarbeitern, welche Rolle das Cloud Computing in ihrem Unternehmen aktuell spielt.
34 Prozent der Umfrage-Teilnehmer erklärten dagegen, der Einsatz von Cloud Computing in ihren Unternehmen sei "nützlich" bzw. "sehr nützlich" (vgl. Vorquartal: 24 Prozent). Allerdings verfügt nicht einmal die Hälfte dieser Unternehmen, die der Cloud einen hohen Nutzwert bescheinigen, über Erfahrungen mit konkreten Cloud-Projekten.
Das Ergebnis spiegelt daher eher die Erwartungen wieder. Gleichwohl kennen diese Unternehmen bereits theoretisch die Vorzüge und Möglichkeiten des Cloud Computing (siehe Grafik 2, per Klick vergrößerbar).
"Alternative Sourcing-Konzepte werden hier von den IT- und Business-Entscheider in die IT-Strategie einbezogen. Vom Cloud-Einsatz versprechen sie sich - neben einer Erhöhung der Flexibilität - Kosteneinsparungen und eine Entlastung der IT-Ressourcen", berichtet Stefan Neitzel, Techconsult-Analyst und Projektleiter des HP Cloud Index. "Vor dem Hintergrund ständig neuer Anforderungen an die IT bei eingefrorenen oder sogar sinkenden Budgets wird Cloud Computing zu einer Option, die die Quadratur des Kreises verspricht."
Gründe für die Cloud-Absagen
Die mittelständischen Unternehmen, die nur einen geringen oder keinen Nutzen im Einsatz von Cloud Computing sehen, haben außerdem zunehmend den Cloud-Einsatz geprüft, aber am Ende doch abgelehnt.
1. Unnötig
Die Mehrheit begründete die Absage damit, dass derzeit kein Bedarf am Einsatz bestehe und die unternehmenseigene IT alle Bedürfnisse abdecke, so das Ergebnis der Studie. Im Vergleich zum Vorquartal stieg die Zustimmungsrate zu dieser Begründung sogar leicht an.
2. Zu standardisiert, zu teuer
Deutlich häufiger als noch im Vorquartal wurde ein zweiter Grund angeführt: Versprochene bzw. erhoffte Kosteneinsparungsszenarien ließen sich nicht realisieren und Individualisierungen seien nur eingeschränkt möglich. Somit erfüllten die Lösungen - besonders im Software-Bereich - nicht die Anforderungen und fielen aus der Evaluation heraus.
3. Zu aufwändig
Firmen, die den Einsatz von Private Clouds evaluiert haben, entscheiden sich besonders häufig aus Kostengründen gegen die Einführung. Ins Gewicht fallen hier vor allem der interne Aufwand für die Implementierung, beispielsweise Schulungskosten für IT-Mitarbeiter, und lizenzrechtliche Fragen.
"Hier wirkt aber auch die Erkenntnis, dass vorhandene Infrastrukturkomponenten und laufende Systeme teilweise nur unter großen Mühen und nicht performant in ein internes Cloud-Bereitstellungsmodell eingebunden werden können", erklärt Neitzel.
SaaS, IaaS oder PaaS?
Die Private Cloud ist offenbar das bevorzugte Einstiegsmodell für Mittelstandskunden, das mittelfristig durch Public Cloud Services zu einer hybriden Cloud weiterentwickelt werden soll. Über strategische Entscheidungen bei der Plattform-Auswahl werden bereits heute die Weichen für das Zusammenspiel beider Sphären gestellt.
Gerade deshalb kommt PaaS (Platform as a Service) nach Ansicht des Techconsult-Analysts eine Schlüsselrolle zu, wie auch in der Integration externer Public-Cloud-Services.
Cloud-Wissen wirkt als Türöffner und Hemmschuh
Je höher das Cloud-Know-how in den Unternehmen, desto größer wird sowohl die Wahrscheinlichkeit für den Einsatz der Technologie - aber gleichzeitig auch die Wahrscheinlichkeit an eine Absage. Denn mit diesem Wissen steigt nicht nur die Kenntnis der Vorteile, sondern auch der Risiken und der Probleme bei der Einbindung und Orchestrierung Cloud-basierter Lösungen.
Nach wie vor ist die fehlende Cloud Computing Awareness in der Geschäftsführung bzw. den Fachabteilungen der Hauptgrund für eine weniger gute oder schlechte Cloud-Fitness.
Im Vergleich zu den Studienergebnissen des Vorquartals hat sich allerdings das Know-how und die Erfahrungen vor allem im Bereich Schnittstellen und Service Level Management deutlich verbessert. "Hier zeigt sich der Anspruch, Cloud-Modelle in die Unternehmensnetze einbinden zu wollen. Diese Fragen treiben speziell Unternehmen um, die sich intensiv mit Public-Cloud-Angeboten beschäftigen", so Neitzel.
Haken der Public Cloud
Public-Cloud-Anbieter versprechen Anwendern zwar eine einfache Bereitstellung via Web-Browser. "Die Ansprechpartner möchten aber gerade den Datenaustausch zwischen den Unternehmensanwendungen intensivieren, um nicht wieder silohaltige Systeme im Einsatz zu haben", erklärt Neitzel.
Genannt wurden von den Teilnehmern häufig auch die unterschiedlichen Schnittstellen der Anbieter, die zur Hürde für die gewünschte Integration in eigene Infrastruktur als auch externe Cloud-Services werden. Die Teilnehmer verspürten hinsichtlich dieses Themas ein Gefühl des Vendor Lock-ins, so ein weiteres Fazit der Studie: "Die IT erarbeitet sich Kompetenzen in der Cloud-Integration eines Herstellers, dessen Modelle sich jedoch nicht ohne weiteres auf andere Anbieter übertragen lassen. Bei einer Ausweitung der Cloud-Nutzung tendieren die IT-Entscheider daher dazu, auch den neuen Need durch Angebote vom selbigen Anbieter abzudecken", so Neitzel. "Cloud-erfahrene Teilnehmer begrüßen daher mehrheitlich Projekte zur Definition offener Schnittstellen, erwarten aber nicht, dass diese sich flächendeckend durchsetzen."
Hunger nach Security-Informationen
In punkto Sicherheit in der Cloud fühlen sich Mittelstandskunden nach wie vor nur schlecht informiert. Das gilt vor allem im Hinblick auf den allgemeinen Schutz der Daten sowie die Sicherheit vor einer unberechtigten Nutzung durch Dritte und durch den Anbieter selber.
Dem folgen Bedenken um die Rechtssicherheit und die Verfügbarkeit der Datenhaltung - die sich speziell in der Frage nach dem Ort der Datenhaltung manifestiert. Während für wenige Ansprechpartner der Ort der Datenhaltung ganz und gar in der Wolke verschwinden kann, betont mehr als die Hälfte, dass ein deutsches Rechenzentrum bevorzugt würde.
"An diesem Punkt herrscht eine gehörige Portion Unsicherheit unter den Anwendern. Welche Daten die Unternehmens- oder deutschen Landesgrenzen verlassen dürfen, ist für viele der Befragten nicht transparent", so Stefan Neitzel, Projektleiter des HP Cloud Index. Hier bestehe ein Beratungsbedarf, den laut Teilnehmer-Aussage die etablierten Partner (z.B. Systemhäuser) meist nicht adressieren könnten.
Beratung durch Channel-Partner gefragt
Laut Ulrich Seibold, dem Geschäftsbereichsleiter Vertriebspartner bei HP stehen die Partner in der Regel mitten im Prozess der Adaption von Cloud Computing. "Die steigende Nachfrage und noch stärker zunehmende Awareness belegen die Attraktivität des Cloud-Modells für den Mittelstand. Die Cloud verändert eben nicht nur die Nutzung von IT-Ressourcen in den Anwenderunternehmen, sondern erfordert eine Anpassung der Partner. Um das Interesse adressieren zu können, mussten sich viele Partner zunächst intensiv mit dem Modell auseinandersetzen und die eigene, zukünftige Rolle im Cloud-Paradigma bestimmen. Hier sind teilweise bereits enorme Investitionen getätigt worden " so Seibold weiter.
Die Bewegung innerhalb der Systemhäuser und IT-Dienstleister ist auch laut Techconsult bereits deutlich spürbar. Teilweise sind diese Überlegungen aber noch perspektivisch und mittelfristig orientiert, da aktuell konkrete Orientierungspunkte fehlen. "Während sich Cloud-Pioniere bereits einen Wettbewerbsvorsprung herausarbeiten konnten, vertraut viele Unternehmen der bisherigen Taktik, sich an der grundlegenden Entwicklung der Branche zu orientieren" stellt Neitzel fest.
Zeit spielt den großen Cloud-Anbietern in die Hände
Für die Partner ist die Definition der eigenen Cloud-Rolle und die Integration verständlicherweise ein evolutionärer Prozess, allerdings gehe mit einer abwartenden Haltung wichtige Zeit verloren. In der Zwischenzeit machen sich die Anwender selbst auf die Suche nach Informationen und Lösungen. An diesem Punkt konkurrieren die Systemhäuser nicht mehr nur mit lokalen Konkurrenten, sondern mit großen Cloud-Anbietern und überregionalen IT-Dienstleistern. "Letztlich hat eine abwartende Haltung zweierlei Nachteile für die Partner: Ich setze mich dem Risiko aus, die Needs meines Kunden nicht mehr befriedigen zu können und mein (häufig) exklusives Verhältnis zu verlieren. Gleichermaßen verpasse ich die Möglichkeit, mein Geschäft weiterzuentwickeln und mit Cloud-Lösungen neue Kunden zu adressieren und/oder neue Geschäftsmodelle zu etablieren." so Neitzel abschließend.
Cloud User Check
Auf Basis der aktuellen Ergebnisse stellen Techconsult und HP den Cloud User Check zur Verfügung. Sowohl für erfahrene Cloud-Nutzer als auch Neulinge bietet das Online Tool eine attraktive Möglichkeit, die eigene Cloud-Position mit der vergleichbarer Unternehmen ihrer Branche und Größenklasse zu benchmarken. Neben dem Cloud-Einsatzgrad gibt das webbasierte Tool Antworten auf Fragen nach der Cloud-Fitness und der Nutzenbewertung von Cloud Computing.
(rb)