Räum- und Streupflicht erfüllt

Mitarbeiterin ausgerutscht – selber schuld

02.12.2014
Das Landgericht Coburg sieht keinen Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch für eine Arbeitnehmerin, die auf dem Betriebsgelände gestürzt ist.

Schnee und Eis gehören zum Winter. Vereiste Parkplätze und rutschige Betriebsgelände leider auch. Eine Arbeitnehmerin, die auf dem vereisten und verschneiten Hof ihres Arbeitgebers stürzte, wurde mit ihrer Klage auf Schadensersatz und Schmerzensgeld vom Landgericht Coburg abgewiesen.

Firmen müssen dafür sorgen, dass das Außengelände begehbar ist. Dafür ist es ausreichend, genügend breite Geh- und Fahrwege zu schaffen. Eine komplette Räumung ist nicht erforderlich.
Foto: Rike / pixelio.de

Der Fall: Die Frau war morgens gegen neun Uhr auf dem vereisten Betriebsgelände ihres Arbeitgebers gestürzt und hatte sich dabei mehrere Knochenbrüche zu gezogen. Sie war daraufhin für sechs Monate arbeitsunfähig erkrankt und leidet nach wie vor an den Folgen des Sturzes. Die Arbeitnehmerin war der Auffassung, dass ihr Arbeitgeber seiner Räum- und Streupflicht nicht nachgekommen sei. Der Arbeitgeber hatte den Winterdienst an einen Subunternehmer übertragen. Diesen verklagte die Frau auf 10.000 Euro Schmerzensgeld, weil ihrer Meinung nach das Betriebsgelände gänzlich verschneit und spiegelglatt gewesen sei. Der beauftragte Winterdienst gab an, dass am Unfalltag gegen 5.30 Uhr geräumt und gestreut worden sei.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Coburg (Aktenzeichen 21 O 380/11) behauptete die Klägerin dann nicht mehr, das gesamte Betriebsgelände gänzlich verschneit und spiegelglatt gewesen sei. Lediglich zwischen zwei geparkten Lkws habe sich festgetretener Schnee befunden. Dort sei sie gestürzt.

Aber auch diesen geänderten Angaben der Klägerin mochte das Landgericht nicht folgen. Denn es gab einen Arbeitskollegen der Klägerin, der den Sturz beobachtet hatte. Dieser gab an, die Hoffläche sei zum Unfallzeitpunkt großflächig geräumt und gestreut gewesen. Lediglich in der Nähe eines einzelnen Lkw-Anhängers, etwa um die Deichsel herum, sei eine Schnee- oder Eisschicht mit einem Durchmesser von etwa einem Meter gewesen.

Die Angaben des unmittelbaren Unfallzeugen deckten sich auch mit denjenigen des selbständigen Subunternehmers, der am Unfalltag den Betriebshof geräumt hatte. Der Subunternehmer hatte zwar keine genaue Erinnerung mehr, aber nach seinen schriftlichen Aufzeichnungen hatte er am Unfalltag ab 5.30 Uhr mit einem Räumfahrzeug den Hof geräumt. Er gab auch an, dass er beim Räumen um dort geparkte Lkws herumfahre.

Breite Geh- und Fahrwege reichen aus

Aus diesen Zeugenangaben folgerte das Gericht, dass die Räum- und Streupflicht ausreichend erfüllt worden war. Es ist lediglich ein Zustand herzustellen, der der Klägerin als Arbeitnehmerin erlaubt, bei Anwendung der zumutbaren Sorgfalt die Hoffläche gefahrlos zu befahren und zu begehen. Dafür ist es ausreichend, genügend breite Geh- und Fahrwege zu schaffen. Eine komplette Räumung war nicht erforderlich. Der vom unmittelbaren Unfallzeugen beschriebene Eis- und Schneerest mit einem Meter Durchmesser hätte von einem sorgfältigen und achtsamen Benutzer leicht umgangen werden können, da sich der Unfall bei Tageslicht ereignete und sich die Gefahrenstelle deutlich vom dunklen Bodenbelag abhob.

Darüber hinaus stellte das Gericht fest, dass selbst wenn sich der Unfall, wie von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung angegeben, beim Durchqueren einer Parklücke zwischen zwei Lkws ereignet hätte, sich eine Haftung der beklagten Firma nicht ergeben würde. Nach der Rechtsprechung der Gerichte ist selbst bei öffentlichen und stark besuchten Parkplätzen, wie z. B. vor einem Einkaufszentrum, eine Streupflicht nur auf Gehwegen, jedoch nicht zwischen geparkten Fahrzeugen gegeben. Dort sei es dem Benutzer zuzumuten, die geräumten Zuwege zu benutzen und in den übrigen Bereichen durch entsprechend vorsichtiges Gehen Glättegefahren selbst zu begegnen. Nach Auffassung des Landgerichts Coburg muss dies umso mehr für einen nichtöffentlich genutzten Betriebshof gelten. Auch eine Gefahrenstelle zwischen zwei Lkws hätte die Klägerin umgehen können.
Quelle: www.anwalt-suchservice.de

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