Gerne wird in Fachhandelskreisen über den Multikanalvertrieb geschimpft: Wer seine Vertriebswege aufspaltet, verzettele sich schnell. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten, so die Argumentation, solle sich der IT-Fachhandel auf seine Stärken konzentrieren, und das sei nun mal der persönliche Kontakt zum Kunden in der eigenen Niederlassung.
In der Tat kann ein Webshop als zweiter Vertriebsweg reichlich Unliebsames mit sich bringen, von der Preiskannibalisierung über die Abmahngefahr bis zum Ärger mit den Online-Kunden - die Negativliste ist lang.
Dennoch: Webshops sind in. Viele Unternehmen wie der IT-Fachhändler PC King oder das Systemhaus Comline, das einen erfolgreichen B2B-Webshop führt, machen es vor und profitieren bereits kräftig von ihrem Multikanalvertrieb. Schätzungen zufolge ist derzeit rund ein Drittel aller IT-Fachhandels-unternehmen in Deutschland im E-Commerce aktiv, Tendenz steigend.
Für diejenigen, die einsteigen wollen, gilt es, sich die richtigen Gedanken zu machen. E-Commerce-Experten raten, zuerst auf den Wettbewerb zu blicken: Wer ist womit im Web erfolgreich, wo gibt es noch Potenzial? Eine wichtige Rolle spielt die Regionalität: Auch die Nachbarn im eigenen Stadtviertel surfen, wenn sie in Sachen IT etwas benötigen. Und auch wenn es bereits zahlreiche gute Fachhandels-Webshops gibt, bevorzugt mancher Käufer vielleicht doch den Experten vor der eigenen Haustür. Denn über eines kann man sich sicher sein: Trotz des Siegeszugs von E-Commerce werden viele Kunden weiterhin die persönliche Ansprechbarkeit des Fachhandels schätzen.
Online/Offline-Verzahnung
Dass der Siegeszug von E-Commerce nicht aufzuhalten ist, steht fest: Laut Statistischem Bundesamt (www.destatis.de) kaufen von den etwa 55 Millionen Deutschen, die einen Internetzugang besitzen, bereits knapp 70 Prozent Waren oder Dienstleistungen im Web ein. Der dabei generierte Umsatz soll laut dem Branchenverband Bitkom von aktuell rund 80 Milliarden Euro bis 2010 auf 145 Millionen Euro wachsen. Das Ganze ist verbunden mit einer guten Nachricht für den IT-Handel: Wachstumstreiber sind hauptsächlich höherwertige und -preisige Produkte und Dienstleistungen wie Reisen, Elektrogeräte und nicht zuletzt: Computerhardware.
Doch so wie Online zulegt, wird - bis zu einem bestimmten Grad zumindest - Offline verlieren. Letztlich verlagern sich die Einkaufskanäle der Kunden lediglich. Laut Marktforschern ist das die Chance für den Multikanalvertrieb: "Verzahnung" heißt das Stichwort. Von der Preisgestaltung bis hin zum Betrieb des Warenwirtschaftsystems gilt es für den Handel entsprechend, den "Offline + Online-Vertrieb" aufeinander abzustimmen, um bestmöglich aufgestellt zu sein. Ein Beispiel für gute Verzahnung ist die von vielen Online-Shops gebotene Möglichkeit, Bestelltes im Ladengeschäft abzuholen: Der US-Freizeitausstatter Rei etwa hat herausgefunden, dass Kunden, die ihre im Internet bestellten Waren in einem der Ladengeschäfte abholen, im Schnitt vor Ort nochmals zusätzlich 30 US-Dollar ausgeben.
Zudem: Wer kennt nicht das Problem, dass er seine Paketpost schon mal nicht entgegennehmen konnte, weil er unterwegs oder in der Arbeit war? Warum den Kunden dann nicht einfach mal ins eigene Geschäft holen - eine "Win-Win"-Situation für beide Seiten
Die richtige Shop-Lösung
Auch in Sachen Kundenkontakt und Werbung eröffnen Webshops für die "Multikanalverzahnung" neue Chancen: Mailings, Newsletter oder "Affiliate Marketing", also mit Partnerunternehmen gemeinsam gestaltetes Marketing, sind nur einige der Möglichkeiten. Handelsunternehmen können so gezielt mit ihren Ladenkunden auch nach dem Kauf im Kontakt bleiben.
Die Art der geplanten Multikanalstrategie ist auch für die Wahl der Shop-Lösung entscheidend. Unterschiedlichste Varianten kommen in Frage, von der kostenlosen Open-Source-Software über die Miete oder den Kauf von vorgefertigten Lösungen bis hin zur Eigenentwicklung. Zudem gib es die Möglichkeit, auf einem Marktplatz wie Amazon oder eBay erste Online-Erfahrungen zu sammeln oder an einem der Affiliate-Programme eines Distributors teilzunehmen. Vor- und Nachteile finden sich in der Tabelle auf der ersten Seite.
Vor der Einrichtung eines Webshops sind aber noch etliche Punkte zu klären (siehe Kasten erste Seite): Welche Artikel können online angeboten werden? Welche Lieferanten vertraut man? Wie viele verschiedene Produkte sollen online vertrieben werden? Soll diese Auswahl nachträglich vielleicht erweitert werden? Welche Navigationsstruktur wird angepeilt? Wie ausführlich sollen die Angebote dargestellt werden? Inwieweit unterstützt die Shop-Software individuelle Anforderungen, die gerade für den Multikanalvertrieb wichtig sind, etwa einen geschlossenen Bereich für Stammkunden?
Weiterführende Schnittstellen
Ferner sind Schnittstellen zu klären, etwa zu Warenwirtschafts- und Bezahlsystemen oder zum Einspielen von zusätzlichen Inhalten und Diensten. So gibt es mittlerweile Lösungen, die Kunden automatisch über den Status ihrer Bestellung per E-Mail informieren und die dazugehörigen Versandscheine und Rechnungen gleich drucken.
Schließlich gibt es noch die Frage der Rechtssicherheit zu klären: Welchen Schutz bietet hier bereits der jeweilige Anbieter, oder soll ein zusätzlicher Dienstleister oder ein Gütesiegel hinzugenommen werden?
Welche E-Commerce-Lösung auch gewählt wird, entscheidend ist die ausführliche und langfristige Planung. Zum einen gilt es, das Projekt Webshop durch eine allzu schnell gefällte Entscheidung nicht zu einem teuren Negativerlebnis werden zu lassen. Zum anderen warnen Experten: Wer als Fachhändler nicht online geht, läuft Gefahr, den Anschluss zu verlieren.
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Auf der letzten Seite folgt ein Katalog, der bei der Orientierung in richtige Online-Vertrieb hilft.
Katalog: Auf dem Weg ins Netz
- Welche Produkte eignen sich für den Internetvertrieb?
- Was bieten die Wettbewerber im Internet an?
- Wo liegen die eigenen Potenziale?
- Wie sieht meine Zielgruppe im Internet aus?
- Innerhalb welcher Zeit soll der Webshop Gewinne erwirtschaften?
- Welche personellen und technischen Kapazitäten sind nötig
- Wie passt der Webshop in bestehende Unternehmensabläufe?
- Sind Verknüpfungen in vorhandene ERP- und CRM-Systeme nötig?
- Wie werden Logistik und Versand geregelt?
- Wie bezahlen die Kunden und wer kümmert sich um die Abläufe?
- Welche Marketingmaßnahmen sind erforderlich?
- Welche rechtlichen Auflagen sind zu beachten?
Quelle: E-Commerce-Leitfaden (www.ecommerce-leitfaden.de)
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(aro)