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Siemens AG
ICN - Enterprise Networks
Vertriebsleitung
Herrn Karl Hönig
Hofmannstr. 51
81359 München
München, 17.04.2001
Partnervertrieb ist kein Kindergeburtstag
Sehr geehrter Herr Hönig,
dass der Siemens-Bereich Enterprise Networks jetzt verstärkt auf den indirekten Vertrieb setzt, ist eine gute Nachricht. Sie wollen wachsen und haben erkannt, dass Sie dafür Partner auch aus dem IT-Systemhausbereich benötigen. Ich bin auch überzeugt davon, dass Ihre Vertriebsinitiative bei vielen Systemhäusern auf ein grundsätzliches Interesse stößt. Zum einen weil das Thema "Konvergenz", das Sie mit Ihren Produkten der "Highpath-Linie" ja vertreten, derzeit stark diskutiert wird. Und zum anderen weil der Name "Siemens" dahintersteht.
Ihre Ziele sind ehrgeizig. Innerhalb der nächsten vier Jahre wollen Sie den Anteil des indirekten Vertriebs von gegenwärtig weltweit rund 20 auf 50 Prozent mehr als verdoppeln. Und hier reden wir nicht von Peanuts, sondern von einem Milliarden-geschäft mit guten Zuwachsraten. Die Produkte, die Siemens anzubieten hat - angefangen von Telefonsystemen und Endgeräten bis hin zu IP-basierten Kommunikationslösungen - sind sicher nicht schlechter als die der Konkurrenz. Aber ist das genug?
Mindestens ebenso wichtig wie die Produkte ist für die Vertriebspartner die Qualität der Zusammenarbeit mit dem Hersteller. Vor allem dann, wenn dieser Hersteller ein duales Vertriebskonzept verfolgt, seine Produkte also sowohl direkt als auch indirekt verkauft. Wer hier keine klaren und eindeutigen Regeln festlegt und ihre Einhaltung kontrolliert, läuft Gefahr, dass er das, was er mit den Händen aufbaut, mit dem Hinterteil wieder umstößt. Ein Hersteller, der hier schludert, wird mit endlosen Streitigkeiten, Reibungsverlusten und mangelhafter Ausnutzung von Geschäftschancen bestraft. Vermeiden von Kanalkonflikten - das ist das A und O einer erfolgreichen dualen Vertriebsstrategie.
Wie sieht es da bei Siemens ICN EN aus? Siemens hat zwar eine schöne Broschüre ("Als Siemens Enterprise Partner sind Sie die Nr. 1."). Aber in puncto Kanalmanagement hat Siemens weder eine klare noch eine eindeutige Regelung. Siemens hat auch nicht das Gegenteil davon. Siemens hat gar keine Regelung. Das allein stimmt schon bedenklich. Noch bedenklicher stimmt, dass Siemens nicht einmal die Notwendigkeit einer solchen Regelung erkennt. Diesen Eindruck habe ich zumindest bei einem Gespräch mit Ihrem Mitarbeiter Ulrich Schmitten erhalten, der als Leiter des Channel-Development-Teams für dieses Thema zuständig ist. Kurioserweise scheint es nicht einmal einen Plan zu geben, eine Wettbewerbssituation von Siemens-Verkäufern und Vertriebspartnern bei den Kunden zu vermeiden. "Der Beste soll gewinnen", so das Statement von Herrn Schmitten.
Das ist, mit Verlaub gesagt, ein bisschen naiv. Eine "friedliche Koexistenz" von Siemensianern und Vertriebspartnern, die sich Herr Schmitten wünscht, lässt sich so ganz sicher nicht erzielen. Ein Hersteller, der beim Kunden zu seinem Vertriebspartner in Konkurrenz tritt, ist kein Partner. Sondern eben ein Konkurrent.
Ich kann Ihnen, sehr geehrter Herr Hönig, nur dringend empfehlen, Ihr Partnerprogramm an dieser Stelle ganz schnell zu ergänzen und zu sanktionieren. Tun Sie es nicht, werden Sie mit Ihrer Partneroffensive eine Bauchlandung erleben.
Mit freundlichen Grüßen
Damian Sicking