Fuji Photo Film (Europe) GmbHGeschäftsführung
Herrn Franz Wagner
Heesenstr. 31
40549 Düsseldorf
München, 21.02.1997
Sehr geehrter Herr Wagner,
endlich wieder Fastenzeit! Endlich kann man wieder einmal Verzicht üben und sich anschließend in dem großartigen Gefühl sonnen, es wieder einmal geschafft zu haben. Die Möglichkeiten des Verzichts sind zahlreich. Ingram Micro verzichtet zum Beispiel auf den Besuch der CeBIT. Eine tolle Idee wäre ja auch wenn, die Hersteller während der Fastenzeit zugunsten der Vertriebspartner auf einen Teil der Marge verzichten würden.
Nun gibt es Industriezweige, für die nicht erst seit Aschermittwoch Fastenzeit ist. Dazu zählen, so hört man, die Hersteller von Digitalkameras. Sie sollen schon seit längerem verzichten. Nämlich auf den erhofften Absatz dieser Produkte. Der Generationswechsel bei den Fotoapparaten findet bisher offenkundig noch nicht statt. Gründe für diese Enttäuschung gibt es einige. Etwa die noch unbefriedigende Auflösung der digitalen Schnappschüsse. Oder das noch hohe Preisniveau. Und nicht zuletzt auch das Desinteresse des Fotofachhandels, der auf die Erlöse aus dem Verkauf von Filmen und Fotoalben nicht verzichten möchte.
Inzwischen frage ich mich, ob die digitalen Kameras nicht ein ähnliches Schicksal erfahren wie die digitalen Kopierer: Weil es auf der einen Seite den "Analog-Händlern" (also den traditionellen Foto- bzw. Kopierer-Fachhändlern) am Vermarktungsinteresse oder am Know-how mangelt, und weil auf der anderen Seiten die "Digital-Händler" keine Beziehung zu dem entsprechenden Kundensegment finden, dümpelt der Absatz vor sich hin. Inzwischen muß der Markt der Digitalkameras auch schon auf einen Anbieter verzichten: Chinon stellte den Vertrieb Ende letzten Jahres ein.
Fastenzeit hin, Fastenzeit her - auf eins würde ich nur sehr ungern verzichten: auf Ihre Einschätzung der bisherigen und zukünftigen Marktentwicklung bei Digitalkameras. Ich freue mich auf Ihr Feedback.
Mit freundlichen Grüßen
Damian Sicking
- Chefredakteur -