Overkill oder Offenbarung? Wie Predictive Modelling und Big Data das Unternehmen der Zukunft prägen.
Overkill oder Offenbarung? Wie Predictive Modelling und Big Data das Unternehmen der Zukunft prägen. von Jörg Besier (Geschäftsführer bei Accenture) Big Data kommt, das ist unausweichlich. Immer neue Quellen relevanter Daten tun sich für Unternehmen auf. Analysten schätzen, dass Unternehmen in zwei bis drei Jahren siebenmal so viele Daten zu bewältigen haben als noch vor einem Jahr.
Gleichzeitig wird das Umfeld der Unternehmen immer unvorhersehbarer: Finanzkrisen bergen enorme Risiken, neue Wettbewerber entwickeln sich schneller denn je, und neue Geschäftsmodelle entstehen. Manager aller Ebenen beschäftigen sich deshalb mit den Fragen: Wie groß ist mein Finanzrisiko heute? Welche Kundengruppen erreicht der neue Konkurrent? Welche Produktentwicklung verspricht den größten Erfolg? Wie können wir in Zukunft unsere Preise halten oder sogar steigern? Und: Was sind die besten Strategien dafür?
Im Gegensatz zu früher reicht es heute nicht mehr, einmal eine Antwort darauf gefunden zu haben. Vielmehr müssen Unternehmen kontinuierlich und vor allem schnell auf die Marktgeschehnisse reagieren können.
In diesem neuen Umfeld muss Business Intelligence zu Business Analytics werden und mit neuester Technologie, wissenschaftlichen Methoden und einer neuen Klasse von "Knowledge Workern" diese Fragen rasch und dauerhaft beantworten.
Große Welle - Big Data
Bereits heute liegen Unternehmensdaten oft brach. Sie bleiben eingesperrt in Silo-Organisationen, häufig abgelegt in redundanten Systemen. Täglich kommen neue Datenquellen hinzu: Nutzung von Online-Angeboten, Interaktionen in sozialen Netzen, Verbrauchswerte von Smart Metern, Therapieinformationen über Patienten und so weiter. Doch nicht nur die Erschließung dieser Silos macht Nutzungsmuster transparent. Vor allem die Vernetzung von Daten über die Silos hinweg bringt neue, wertvolle Erkenntnisse hervor: Konsumgüterhersteller nutzen Details der Vertriebs- und Marketing-Planung, um den Absatz genauer vorhersagen zu können und damit die Produktionsplanung sowie den Rohstoffeinkauf schon im Vorfeld zu synchronisieren (Customer Intelligence und Supply-Chain-Management). Mobilfunkanbieter verknüpfen Informationen über die Netzqualität mit den Kundendaten und erhalten so neue Erkenntnisse über die Zufriedenheit ihrer Kunden (Customer Intelligence und Network-Management).
Glücklicherweise gibt es neue Techniken, die helfen, die riesigen Datenmengen zu bewältigen und damit die Voraussetzungen für Business Analytics zu schaffen:
In-Memory-Datenbanken (zum Beispiel SAP HANA) erhöhen die Abfragegeschwindigkeit erheblich, während In-Database-Computing (wie SAS) aufwendige statistische Berechnungen näher an die Daten bringt und den Power-Usern viele Möglichkeiten zur Auswertung und Modellierung zur Verfügung stellt.
Hadoop & Co. können mit Hilfe von vernetzten Hochleistungsprozessen die Massendaten intelligent vorverarbeiten und in Zukunft sogar komplexe Anfragen mit beliebigen Datenquellen ad hoc bearbeiten - auch von anderen Data-as-a-Service-Anbietern.
Blick in die Zukunft
Mit dem Übergang von Descriptive Analytics zu Predictive Analytics, mit dem typischerweise auch ein höherer Reifegrad der analytischen Kompetenzen einhergeht, kann sich ein Unternehmen deutlich messbare Wettbewerbsvorteile verschaffen.
Während Descriptive Analytics mit Hilfe von historischen Daten nur einen Blick in die Vergangenheit wirft, nutzt Predictive Analytics aufwendige statistische Methoden, um zu bestimmen,, wie wahrscheinlich der Eintritt bestimmter Ereignisse in der Zukunft ist. Solche Vorhersagen können
die Effektivität von Vertriebsmaßnahmen verbessern ( "Customer Insights");
für besseres Marketing und bessere Public-Relations-Arbeit sorgen durch Social Listening;
Ausfälle bei Versicherungen und Steuerbehörden verhindern durch Fraud Prediction;
Produktionsanlagen länger in Betrieb halten, etwa mit Hilfe von Predictive Asset Maintenance.
Für solche Zwecke werden Werkzeuge mit einem breiten statistischen Anwendungsspektrum benötigt, wie sie zum Beispiel SAS liefert. Diese Tools können auf praktisch alle Datenquellen zugreifen und verfügen über eine Vielzahl anwendungsspezifischer statistischer Methoden. Sie liefern eigentlich Vorhersagen in Form von Scores, etwa einen Wahrscheinlichkeitswert für die Abwanderung eines Kunden, die Missbräuchlichkeit einer Schadensmeldung oder den Ausfall einer Produktionsanlage.
12 Tipps für den CIO
Gartner-Tipps für Social Media Die Kunst aber ist es, a) diese Kultur der Kommunikation zu fördern und b) die in ihr entstehenden Informationen herauszufiltern und in bestehende Business-Intelligence-Systeme zu integrieren. Zwölf Schritte gilt es laut Gartner für den CIO zu befolgen.
Aufmerksam schärfen: IT und Business müssen sich bewusst werden, dass in den Informationen aus Sozialen Netzwerken ein Wert für das Business steckt. Das Sammeln und Interpretieren dieser Erkenntnisse - Social Analytics - muss darauf ausgerichtet sein, nach ihnen zu handeln.
Know-How ausbilden: Ist das Wissen einmal da, sollte der CIO Entwicklungs-Pläne für wichtige Rollen in der Social-Media-Strategie gestalten.
Verständnis wecken: Der CIO muss dem Business vermitteln, wie wichtig und hilfreich es ist, Menschen aus verschiedenen Abteilungen zu vernetzen und sie an Probleme zu setzen.
Vorleben: Der CIO muss selbst in Sozialen Netzwerken aktiv sein - und dies auch kommunizieren. Nur wer diese Tools nutzt, kann sie auch glaubwürdig vertreten. Einmal die Woche sollte der IT-Chef mit den Kollegen, die am aktivsten sind in Sachen Social Media, Gedanken austauschen.
Loslegen: Der CIO sollte sowohl Gruppen mit Leuten aus dem ganzen Unternehmen zusammenbringen als auch bestehende Gruppen an die Möglichkeiten heranführen, die in Social Media stecken.
Motivieren: Mit Anreizen, und sei es öffentlicher Anerkennung, kann der CIO die Kollegen aus IT und den Fachabteilungen dazu bringen, selbst Social Media Projekte auf die Beine zu stellen.
Ziele stecken: Social Media soll Business Value generieren, und deswegen auf Kern-Bereiche des Business zielen: Time to Market, Kundenbindung oder die Produktivität der Mitarbeiter.
Die IT-Governance überdenken: Das Ziel muss das effektive und flexible Management von Informationen sein, nicht Kontrolle der Technologie. Das Auge der Security aber muss sich auf die neuen Technologien einstellen.
Social Media in die Architektur einbinden: Dazu gehört, Tools und Prozesse zu gestalten, mit denen sich die Informationen zielführend verarbeiten lässt. Das Ziel ist, dass die Business-Entscheider nur die richtige Frage stellen müssen, um schnell Informationen für nachhaltige Entscheidungen zu bekommen.
Eine Strategie festlegen: Sie sollte enthalten, wer die Adressaten und Teilnehmer der kollaborativen Kommunikation sind, wie weit das Engagement gehen soll - und wohin es das Unternehmen führen soll.
Zurückziehen: Die IT sollte sich alsbald von der Kontrolle über die Social-Media-Ressourcen verabschieden und sich darauf konzentrieren, Verbindungen zwischen den Menschen herzustellen.
Um einen echten Nutzen daraus zu ziehen, müssen die in den Analysen gewonnenen Erkenntnisse schließlich in die Entscheidungsprozesse einfließen. Daher müssen beispielsweise die Customer Insights so aufbereitet werden, dass Führungskräfte und Mitarbeiter in Marketing und Vertrieb sie effizient nutzen können. Dabei spielt unter anderem die richtige Visualisierung eine wichtige Rolle. Aber auch die direkte Einbettung der Analyseergebnisse in die Vertriebssteuerung ist möglich. So wird zum Beispiel für jeden Kunden die optimale nächste Interaktion in den CRM-Systemen des Vertriebs angezeigt und für die vollautomatische Personalisierung der WebPräsenz verwendet; oder für den bevorstehenden Ausfall einer Produktionsanlage wird bereits Tage vorher ein geeignetes Technikerteam mobilisiert, und die notwendigen Ersatzteile werden zum Standort der Anlage transportiert.
Vorhersagearten
Customer Insights,
Social Listening,
Fraud Prediction,
Predictive Asset Maintenance.
Für solche Zwecke werden Werkzeuge mit einem breiten statistischen Anwendungsspektrum benötigt, um mit Hilfe historischer Daten in die Zukunft zu blicken.
Freiräume für Mathematiker
Eine kritische Ressource für Business Analytics sind die mathematischen und statistischen Fähigkeiten der Mitarbeiter. Hier geht es immer mehr darum, nicht nur die Methoden korrekt anzuwenden, sondern auch die Ergebnisse im Sinne einer geschäftsrelevanten Fragestellung interpretieren zu können.
Unternehmen, die Business Analytics besonders erfolgreich einsetzen, entwickeln daher Kompetenzzentren, die Freiräume und Anreize für die spezifische Karriereentwicklung der Experten schaffen. In solchen Einheiten werden in der Regel Experten unterschiedlicher Fachrichtungen, die alle einen starken mathematischen Hintergrund haben, zusammengefasst. Hier können sie Erfahrungen aus sehr unterschiedlichen Anwendungsfeldern wie etwa Customer Insight und Risiko-Management austauschen. So finden sie oft innovative Lösungen, die in einer Siloorganisation nicht möglich wären. Auch der damit einhergehende Wechsel des Einsatzfeldes wird von vielen Experten als sehr positiv empfunden und steigert zusätzlich die Attraktivität des Arbeitsplatzes.
Wettbewerbsvorsprung sichern
Darüber hinaus verstehen sich solche Kompetenzzentren auch als Dienstleister. Sie helfen bei fachlichen Fragen und liefern nicht nur Daten an, ohne die Hintergründe zu kennen. Das ermöglicht es, die knappen Ressourcen sehr gezielt einzusetzen und effizienter zu nutzen - insbesondere dann, wenn analytische Kompetenz im Unternehmen noch aufgebaut wird.
Die Zeit für Unternehmen ist reif, sich durch frühzeitige und gezielte Investitionen in Business Analytics einen nachhaltigen Vorsprung zu erarbeiten. Zum einen bieten die heute verfügbaren Technologien und Datenbestände weitreichende Möglichkeiten zur Optimierung und Fokussierung der Geschäftsprozesse. Zum anderen sorgt eine frühzeitige Sicherung der dünn gesäten und erfolgsentscheidenden mathematisch ausgebildeten Mitarbeiter für einen Vorsprung, den die Konkurrenz nur durch hohe Investitionen aufholen kann. (Computerwoche / rb)
Zehn IT-Bereiche mit Handlungsbedarf
Zehn IT-Bereiche mit Handlungsbedarf Client-Strategie, Virtualisierung, Cloud oder Business Intelligence - viele IT-Leiter sind in diesen Bereichen nicht auf der Höhe der Zeit. Experton-Analyst Luis Praxmarer hat 10 Technologiebereiche identifiziert, für die im Jahr 2012 unbedingt Handlungsbedarf besteht.
1. Traditionelle Clients Für WINTEL Client-Installationen steht im Jahr 2012 eigentlich die Migration nach Windows 7 an. Für ein Hinausschieben und Verzögern dieser Migration spricht nicht viel. Die Auswahl der richtigen Lizenzierungs- und Wartungsstrategie ist sehr wichtig. Dieser Bereich ist zwar nicht von strategischer Bedeutung, hat aber starke Auswirkungen auf die Client- und Supportkosten. Windows 8 kommt in Einzelfällen bereits zum Einsatz; eine Bereinigung der Betriebssystemlandschaft ist sehr zu empfehlen.
2. Neue Client-Strategie Parallel zur Migration und Bereinigung der Windows-Umgebung verzeichnen Smartphones und Tablets einen stark steigenden Nutzungsgrad. Deshalb stehen eine Evaluierung einer BYOD- (Bring Your Own Device) Strategie und Tests für eine ausgewählte Gruppe an. Wegen der schnellen Veränderungen im Markt, der vielen Betriebssysteme und der hohen Komplexität sollten nicht gar zu viele gerätespezifische Apps entwickelt werden.
3. Virtualisierung Nachdem die meisten Unternehmen die Servervirtualisierung in Angriff genommen haben - auch wenn die Durchdringungsrate in vielen Fällen bei nicht einmal 30 Prozent liegt - stehen nun Client- und Storage-Virtualisierung an. Die Client-Virtualisierung soll die Kontrolle über und das Management von BYOD-Umgebungen ermöglichen und gleichzeitig auch in Zukunft die Sicherheit der Unternehmens-Apps gewährleisten. Mit der Applikationsvirtualisierung wurde bislang nur in wenigen Unternehmen begonnen.
4. Cloud Computing Cloud Computing wird in allen IT-Bereichen vorangetrieben, von IaaS oder Storage as a Service im Unternehmensumfeld bis hin zu eher privaten Nutzungsszenarien und SaaS-Applikationen. Die IT-Abteilung muss Technologien für den gesamten Stack einer Untersuchung unterziehen, die bestehende Architektur sowie die Unternehmensanforderungen auf den Prüfstand stellen und eine entsprechend angepasste Strategie entwickeln. Anhand von Pilotprojekten können erste Erfahrungen gewonnen werden.
5. Enterprise 2.0 Web 2.0 hält in den Unternehmen Einzug und wird bereits von einigen genutzt; viele sind damit aber eher überfordert. Anstatt auf statischen Webseiten eine Fülle an Informationen anzubieten, hat sich das Spiel jetzt drastisch verändert. Die meisten Unternehmen haben Schwierigkeiten damit, die damit verbundenen Möglichkeiten zu verstehen und sie in ihre IT-Systeme mit einzubeziehen oder gar eine Integration ins Auge zu fassen.
6. BI/EPM/BPM, Big Data Dieses Thema spielt aus einer anderen Perspektive auch bei den CIO-Prioritäten eine Rolle, muss aber auch aus technologischer Sicht analysiert werden. In den meisten Unternehmen finden sich isolierte BI-Lösungen, hinter denen keine klare Stammdatendefinition steht; damit ist es schwierig, den nächsten Schritt zu tun und diese Insellösungen in eine unternehmensweite Enterprise Performance Lösung zu integrieren. Im Bereich Big Data bzw. große Datenvolumen müssen eine ganze Reihe von technologischen Herausforderungen untersucht werden.
7. Identitätsmanagement Das Thema Identitätsmanagement steht schon seit einer ganzen Weile auf den Prioritätenlisten ganz weit oben; jetzt gewinnt es auch im Zuge der Cloud-Implementierung eine fundamentale Bedeutung. Hier muss ein Framework entwickelt werden, um unter anderem Themen wie Single Sign-On, Provisioning, Rückverrechnung und Sicherheit zu adressieren. Identitätsmanagement ist ein Schwerpunktthema für das Computing der Zukunft, denn der Zugriff erfolgt von überall aus und über alle Arten von Endgeräten.
8. ERP, CRM, SCM Future In den meisten IT-Organisationen existiert mittlerweile eine solide und stabile ERP-Umgebung. Sie funktioniert, aber agil ist sie nicht, und was noch schlimmer ist, sie kostet ein Vermögen. In manchen Unternehmen wird bis zu ein Prozent des Gesamtumsatzes in den ERP-Betrieb gesteckt. Das ist in Zukunft nicht mehr akzeptabel und muss im Laufe der nächsten Jahre signifikant verbessert werden. Die vorhandenen ERP-Lösungen sind zudem veraltet und müssen nach und nach modernisiert werden.
9. Software as a Service Software as a Service ist Bestandteil des Cloud Computings, muss aber auch aus einer anderen Perspektive angegangen werden. Viele IT-Organisationen haben mit IaaS (Infrastructure as a Service) so ihr Probleme, doch die Nutzer profitieren von SaaS. Viele Lösungen, die oft nur für eine kleine Gruppe von Anwendern benötigt werden, können jetzt sehr schnell und kostengünstig genutzt werden und sorgen so für einen unmittelbaren Mehrwert und Nutzeneffekt. Hinzu kommt, dass die Generation der "Digital Natives" mit dieser Art des Computings voll und ganz vertraut ist.
10. Konsumerisierung Mit der Einführung des iPods hat Apple das traditionelle Computer-Geschäft verlassen. Durch den Fokus auf die Verbraucher wurde Apple zur Computerfirma mit dem höchsten Unternehmenswert und hat mit dem iPhone und dem iPad den Weg zurück ins Unternehmen geschafft. ARM Chips, wie sie in Smartphones zum Einsatz kommen, verfügen über ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis im Serverumfeld und bieten Intel als Konkurrenz die Stirn. Google und Amazon sind weitere Beispiele für den zunehmenden Konsumerisierungstrend, der von der IT berücksichtigt werden muss.