Auch lizenzrechtlich hat sich von XP zu Windows 7 einiges getan. Falsche Entscheidungen können für Unternehmen teure Folgen haben.
Die Mehrzahl der Firmen steigt, nachdem sie Vista übersprungen hat, von XP auf Windows 7 um und wird daher mit den kumulierten Änderungen von zwei Updates konfrontiert. Zentrale lizenzrechtliche Änderungen, wie etwa die Kopplung der Enterprise Edition an eine Software Assurance, erfolgten bereits mit dem wenig beliebten XP-Nachfolger.
Bei der Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Lizenzmodell oder einen Wartungsvertrag sollten sich Unternehmen grundsätzliche Gedanken machen, welche Desktop-Strategie sie in den drei Jahren nach dem Umstieg auf Windows 7 verfolgen möchten. Denn wer nur die Migrationskosten möglichst niedrig halten will, muss später vielleicht feststellen, dass ihm der Zugang zu bestimmten Funktionen und Nutzungsrechten, ergänzenden Softwarepaketen oder neuen Produktversionen verwehrt bleibt, und dass dieser nachträglich nur teuer zu erlangen ist.
Ausschließliche Verwendung von OEM-Lizenzen
Diesen Ansatz verfolgen Unternehmen besonders dann, wenn sie ihre Desktop-PCs nicht in einem Migrationsprojekt möglichst rasch auf einen einheitlichen Stand bringen möchten, sondern wenn sie nach und nach durch die Erneuerung der Hardware aktualisiert werden. Dies ist zweifellos die kostengünstigste Möglichkeit, Windows 7 zu erwerben.
Allerdings sind damit erwartungsgemäß einige Nachteile verbunden:
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kein Support durch Microsoft, sondern nur durch den PC-Hersteller;
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kein Re-Imaging-Recht, so dass neue PCs nicht mit Hilfe eines vorbereiteten Systemabbilds geklont werden können;
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kein nachträglicher Wechsel zwischen der 32- und 64-Bit-Version;
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Bindung der Lizenz an die Hardware, auf der sie installiert wurde.
Die größte Einschränkung besteht im fehlenden Recht für das Re-Imaging, das eine Automatisierung des Windows-Deployments weitgehend ausschließt. Das betrifft sowohl den Einsatz des kostenlosen Windows AIK und des Microsoft Deployment Toolkit als auch Tools von Drittherstellern. Erlaubt sind hingegen die von XP her bekannten und nicht besonders effizienten Antwortdateien für eine unbeaufsichtigte Installation, in deren Zuge auch Anwendungen automatisch eingerichtet werden können.
Anpassungen durch den PC-Verkäufer
Wer sich die nachträgliche Anpassung von frisch gelieferten PCs ersparen möchte, kann dem Hardwarehersteller das Customizing der Installation überlassen. Im Gegensatz zum Anwender besitzt dieser ein Re-Imaging-Recht für OEM-Lizenzen, allerdings nur bis zur Übergabe der Rechner an den Kunden. Dieses schließt auch die Möglichkeit ein, beliebige Anwendungen mit dem Betriebssystem zu installieren.
Microsoft bezeichnet das Ergebnis solcher Anpassungen, die von den meisten größeren PC-Lieferanten angeboten werden, als "Custom Factory Image". Dieses hat zusätzlich den Vorteil, dass der Käufer auf die zumeist überflüssigen Zusatzprogramme des OEM verzichten kann ("Crapware") und so eine reinere und stabilere Windows-Installation erhält. Das Wiederherstellungsmedium enthält ebenfalls das angepasste Betriebssystem inklusive Anwendungen, so dass der PC bei Bedarf damit wieder auf den Lieferzustand zurückgesetzt werden kann.
Im Gegensatz zum Full Package Product (FPP), das über den Einzelhandel zu beziehen und aufgrund des hohen Preises für Unternehmen ohnehin keine interessante Option ist, werden die vorinstallierten OEM-Versionen vom PC-Verkäufer aktiviert, so dass sich Anwender diese Arbeit sparen können. Die Aktivierung überlebt auch die Neuinstallation des Rechners von den mitgelieferten Medien, weil der Hersteller den Activation Key im BIOS ("SLIC Table") hinterlegen muss.
COMPUTERWOCHE Marktstudie Windows 7
Schon die Tatsache, dass neue Rechner mit Windows 7 ausgeliefert werden, hat Microsoft und der ganzen PC-Branche einen echten Boom beschert. Umso erstaunlicher, dass die Euphorie einen Großteil der IT-Verantwortlichen in deutschen Unternehmen nicht erfasst hat.
Die Mehrheit hat Windows Vista ausgelassen und plant nun, von Windows XP aus zu wechseln. Doch zunächst wollen Anwendungen getestet und der Umstieg sauber vorbereitet sein. Dafür lassen sich die IT-Chefs Zeit.
Einsatz von Volumenlizenzen
Die Volumenlizenzierung gehört zu den schwierigsten und am meisten missverstandenen Kapiteln in Microsofts insgesamt unübersichtlichen Lizenzbedingungen. Alleine die schiere Auswahl zwischen den einzelnen Modellen, die sich nach Firmengröße, Branche, Kauf oder Miete sowie beim Wartungsvertrag unterscheiden, erfordert ein ausführliches Studium der Materie.
Alle Varianten haben folgende Eigenschaften gemeinsam:
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Sie sind Update-Lizenzen und setzen eine Windows-Version voraus, die zum Upgrade auf Volumenlizenzen berechtiget;
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sie räumen das Recht auf das Re-Imaging ein;
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sie bieten ein erweitertes Downgrade-Recht;
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sie müssen nicht einzeln aktiviert werden;
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der Support erfolgt durch Microsoft (Bedingungen abhängig vom Vertrag).
Die geringste Bedeutung hat mittlerweile das erweiterte Downgrade-Recht auf Vista oder XP, nachdem Microsoft die ursprüngliche Frist (bis zum Erscheinen des SP1 oder spätestens am 22. April 2011) großzügig verlängert hat. Sie gilt nun bis zwei Jahre nach der Veröffentlichung des Nachfolgers von Windows 7, so dass für die allermeisten Firmen eine Rückkehr zu XP über dieses Datum hinaus kein Anliegen sein dürfte.
Der Update-Charakter von Volumenlizenzen hat zur Folge, dass neue PCs in der Regel mit vorinstallierter OEM-Version gekauft werden müssen, weil eine Volumenaktivierung nur möglich ist, wenn das BIOS einen gültigen SLIC-Eintrag enthält. Rein rechtlich dürfen auch XP-Vollversionen von einem alten PC übernommen werden, wogegen sich Microsoft zufolge OEM-Lizenzen von ausgemusterter Hardware nicht auf einem neuen Rechner weiterverwenden lassen.
Die Liste der Windows-Versionen, die sich für das Update auf eine Volumenlizenz qualifizieren, ist relativ lang, aber beim Kauf neuer Hardware reduziert sie sich faktisch auf die OEM-Versionen von Vista und Windows 7 Professional. Der Grund dafür ist, dass unter einer Volumenlizenz nur Windows 7 Professional und Enterprise erhältlich sind. Die Home-Versionen scheiden als Alternative aus, weil sie sich nicht für das Update auf eine Volumenlizenz qualifizieren.
Wer trotzdem PCs mit der teuren Ultimate-Edition erwirbt, muss diese gemäß den Lizenzbedingungen von den Rechnern löschen, bevor er das Volumen-Update auf Windows 7 Professional installiert. Er verzichtet damit auf einen Teil der Ultimate-Funktionen. Möchte er eine funktional äquivalente Edition unter einer Volumenlizenz, dann kann er die Enterprise Edition wählen, die jedoch zusätzlich eine Software Assurance erfordert (unter der die vorinstallierte Edition nicht gelöscht werden muss).
Wie viele Volumenlizenzen sind notwendig?
Die spannende Frage schlechthin beim Erwerb von Volumenlizenzen besteht darin, wie viele man benötigt, um das Re-Imaging-Recht ausüben zu können. Ist es also beispielsweise erlaubt, 500 PCs mit einer vorinstallierten OEM-Version zu kaufen und sie alle mit einem Image zu betanken, das mit den Installationsmedien einer einzigen Volumenlizenz erstellt wurde?
Die Beantwortung dieser Frage fällt selbst Microsoft-Mitarbeitern schwer, wie eine Auskunft auf dem Mittelstands-Blog von Technet zeigt. Allerdings interpretiert der Autor ein Microsoft-eigenes Whitepaper so, wonach ein solches Vorgehen zulässig sei. Fakt ist zudem, dass ein deutscher Referenzkunde für eine der ersten Migrationen auf Windows 7 so verfahren ist, und zwar nach eigener Aussage mit der Zustimmung des zuständigen Vertriebsbeauftragten von Microsoft. Entscheidend ist, dass der Kunde einen aktiven Volumenlizenzvertrag besitzt, der ihm dieses Recht einräumt und er die Voraussetzungen erfüllt.
Zu den nutzungsrechtlichen Neuerungen von Windows 7 gehört im Vergleich zu XP, dass auch Volumenlizenzen nun aktiviert werden müssen ("Volume Activation 2.0"). Zu diesem Zweck bietet Microsoft zwei verschiedene Verfahren an, Key Management Service (KMS) und Multiple Activation Key (MAK). Ersterer eignet sich vor allem für Firmen, die eine größere Zahl an PCs aktivieren müssen. MAK hingegen ist etwa die erste Wahl für Notebooks und Rechner, die über ein WAN an das Firmennetz angebunden sind.
Abschluss einer Software Assurance
Bei ihrer Einführung 2001 im Zuge der Licence 6.0 war die Software Assurance ein Wartungsvertrag, dessen wesentliche Begünstigung im Anrecht auf alle Updates bestand, die während seiner Laufzeit veröffentlicht wurden ("New Version Rights"). Dieser Aspekt spielt immer noch eine wesentliche Rolle, aber Microsoft versucht, mehr Unternehmen zum Abschluss eines solchen Vertrags zu bewegen, indem es bestimmte Nutzungsrechte oder Produkte exklusiv daran koppelt.
Die Entscheidung über den Abschluss einer Software Assurance hängt daher nicht mehr ausschließlich von den Update-Plänen während der nächsten drei Jahre ab. Wer also beispielsweise vorhat, nach dem Umstieg auf Windows 7 die Nachfolgeversion zu überspringen, müsste sich normalerweise relativ schnell gegen den Wartungsvertrag entscheiden. Bei einem Release-Zyklus von drei Jahren, den Microsoft für sein Betriebssystem einhalten möchte, kann man nämlich während der Laufzeit einer Software Assurance schwerlich ein Anrecht auf die übernächste Version erwerben. Mit Windows 9 ist nicht vor 2015 zu rechnen, so dass es außer Reichweite eines drei Jahre gültigen Wartungsvertrags liegt, wenn man 2011 oder 2012 auf Windows 7 migriert.
Anwender können den Vertrag nicht zu einem ihnen genehmen Zeitpunkt abschließen, um möglichst viele Vergünstigungen zu erlangen. Microsoft schreibt vielmehr vor, dass eine Software Assurance spätestens 90 Tage nach dem Erwerb der Einzelplatz oder zusammen mit dem Erwerb eines Volumenlizenz-Upgrade eingegangen werden muss.
Exklusive Features in Windows 7 Enterprise
Neben dem Anrecht auf künftige Versionen ist das Bezugsrecht der Enterprise Edition ein wichtiges Argument für einen Wartungsvertrag. Entscheidend dabei ist, ob die zusätzlichen Funktionen der Enterprise Edition die Kosten einer Software Assurance wert sind. Microsoft gab sich alle Mühe, diese Rechnung zugunsten der großen Windows-Version ausgehen zu lassen, indem es praktisch alle der stark beworbenen neuen Funktionen für den Unternehmenseinsatz dieser Ausführung vorbehält (Windows 7 Ultimate bringt sie ebenfalls mit, gilt aber als Consumer-Version mit entsprechenden Einschränkungen für den Firmeneinsatz).
Zu diesen exklusiven Features zählen unter anderem die Laufwerksverschlüsselung Bitlocker, die WAN-Beschleunigung BrancheCache, das Whitelisting von Anwendungen namens AppLocker sowie die VPN-Alternative DirectAccess. Je nach Bedarf an diesen Funktionen kann es günstiger sein, sie einzeln über Tools von Drittanbietern nachzurüsten. Es existieren sowohl mehrere Alternativen zu Bitlocker als auch zu BranchCache und zu AppLocker. Kunden mit Software Assurance bleibt zudem die Multi-User-Interface-Version des Produkts vorbehalten, die den Rollout von Windows 7 in mehreren Sprachen erleichtert.
In die gesamte Rechnung müssen natürlich auch die anderen Vergünstigungen einer Software Assurance eingehen. Im Unterschied zu anderen Produkten, die an einen Wartungsvertrag gebunden sind, darf Windows 7 Enterprise weiter genutzt werden, wenn er abgelaufen ist und nicht mehr verlängert wird.
Lizenzkosten für die Desktop-Virtualisierung
Bei der Entscheidung für oder gegen eine Software Assurance spielt es eine wesentliche Rolle, ob ein Unternehmen die Virtualisierung einer größeren Zahl von Desktops plant. Seit 1. Juli 2010 ist der Zugriff auf zentrale Desktops (Server Hosted Virtual Desktops, SHVD) durch einen solchen Wartungsvertrag abgedeckt. Davor verlangte Microsoft für dieses Recht noch den Erwerb der Lizenz "Virtual Enterprise Centralized Desktop" (VECD).
Allerdings liegt es in der Natur der Sache, dass nur für Windows-PCs eine Software Assurance abgeschlossen werden kann, so dass nur sie als Endgeräte für zentrale Desktops in den Genuss der Vergünstigung kommen. Möchten Firmen im Zuge der Desktop-Virtualisierung etwa Thin Clients einführen, dann müssen sie für jedes Gerät eine Windows Virtual Desktop Access (VDA) separat erwerben. Diese schlägt pro Jahr mit 100 Dollar zu Buche, während die Abo-Gebühren jährlich 29 Prozent der Anschaffungskosten von Windows betragen.
Die Windows VDA greift aber auch dann, wenn das Endgerät ein Windows-PC ohne Software Assurance ist, also beispielsweise eine OEM-Version installiert wurde. In diesem Fall kostet das Recht für den Zugriff auf den zentralen Desktop ähnlich viel wie eine Software Assurance für den Client. Mit Letzterer erwirbt man aber das Recht auf die nächste Windows-Version und zusätzliche Vergünstigungen, die bei einer VDA nicht gewährt werden. Hat man beim Umstieg auf Windows 7 die 90-Tage-Frist für den Abschluss einer SA verpasst, dann führt jedoch kein Weg an der VDA vorbei.
Der Einsatz von MDOP
Die Software Assurance betrifft auch eine weitere Form der Virtualisierung, darunter jene von Applikationen. Microsofts Tool für diesen Zweck ist App-V, das nur als Komponente des Microsoft Desktop Optimization Pack (MDOP) zu beziehen ist. Das MDOP ist ein Paket aus sechs Tools für das Desktop-Management und bleibt Kunden mit einem Wartungsvertrag vorbehalten.
Microsoft stellt es ausschließlich über ein Mietmodell zur Verfügung, wobei pro Arbeitsplatz weniger als 10 Euro im Jahr anfallen. Allerdings erwerben Firmen auf diese Weise nie eine permanent gültige Lizenz und müssen die Tools entfernen, wenn sie die Software Assurance für den Client nicht verlängern.
Zu MDOP gehört auch Med-V, mit dem sich Windows in lokalen virtuellen Maschinen besser verwalten lässt. Mit Hilfe dieses Tools lassen sich inkompatible Anwendungen in einer virtuellen XP-Umgebung auf Basis des Virtual PC ausführen und nahtlos in Windows 7 einfügen. Es soll in Unternehmen den XP-Modus ersetzen, der primär für Privatanwender gedacht ist. Weitere Komponenten von MDOP dienen der Inventarisierung der Clients, dem Management von Gruppenrichtlinien oder der Fehlerbehebung.
Wie bei der Entscheidung für oder gegen Windows 7 Enterprise kommt es beim MDOP darauf an, wie viele der Tools ein Unternehmen wirklich benötigt. Wenn es nur ein oder zwei Programme sind, dann finden sich genügend Alternativen zu MDOP. Aber selbst wenn die meisten Tools benötigt werden, dürfte kaum eine Firma nur wegen MDOP eine Software Assurance abschließen. Das Softwarepaket ist daher vor allem für solche Unternehmen interessant, die bereits wegen anderer Vorteile einen Wartungsvertrag abgeschlossen haben.
Der Beitrag basiert auf einem Artikel der ChannelPartner-SChwesterzeitschrift Computerwoche. Autor ist Wolfgang Sommergut, Betreiber der Online-Publikation WindowsPro.